Kapitel 24 - Das Gewitter

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»Bit du soweit?« Kilians Frage kam so unerwartet, dass ich erschrocken zusammenzuckte. Er schloss hinter sich die Tür und nahm sich seine Jacke von dem Kleiderhaken. Misstrauisch verengte ich meine Augen zu schlitzen und musterte sein viel zu perfektes Gesicht. Ich trat näher an ihn heran, legte ihm eine Hand auf das Kinn, sodass er innehalten musste, als er gerade dabei war, seine Jacke über die Arme zu ziehen. Perplex strich ich über die Stellen, wo vorher noch strubbelige Härchen zu spüren waren. Weg - alle.


»Ich hasse dich«, seufzte ich, als Kilian begann zu lachen. »Du hast mich also die ganze Zeit nur verarscht? Du warst schon längst fertig?« Als Antwort erhielt ich ein breites Grinsen. Ich nahm meine Hand von seinem Kinn und griff stattdessen nach einer von Kilians Jacken, welche wir in seinem Schrank gefunden hatten. Sie war bereits etwas älter und ihm dementsprechend auch zu klein - mir jedoch passte sie nahezu perfekt.


»Wenn eure Majestät dann endlich bereit ist...« Ich beendete meinen Satz nicht, sondern öffnete stattdessen die Tür und schritt hinaus - dicht gefolgt von Kilian. Dieser schloss hinter sich die Tür und schloss gründlich ab, dann trat er an meine Seite und gemeinsam liefen wir zu seinem Auto auf dem Parkplatz. Auf dem Weg fanden sich unsere Hände und verschränkten sich zärtlich ineinander.


Das Gewitter, welches schon am Himmel thronte, als ich aus der Schule kam, saß noch immer mit seinem fetten Hintern in der Ferne und hatte sich seitdem kaum bewegt. Lediglich ab und an war noch ein Grollen zu vernehmen, aber ich bezweifelte, dass es heute noch in unsere Richtung ziehen würde. Fasziniert von dem Schauspiel über meinem Kopf blickte ich in den Himmel. Auf der einen Seite das strahlend helle Blau eines sommerlichen Himmels, welches immer mehr korrumpierte und vom Teufel verunreinigt wurde, bis es dunkler und bedrohlicher wurde, sich mit schwarzen Tupfern schmückte und schließlich auf der anderen Seite, dort, wo das Gewitter saß, gänzlich in der Schwärze versank.


»Hast du Angst vor Gewittern?«, fragte mich Kilian und trug mich mit seinen federleichten Worten sanft zurück zur Erde.
»Nein.« Zur Bekräftigung schüttelte ich akribisch den Kopf und schaute ihn verschmitzt an.
»Du etwa, Adonis?« Ein leichtes Lächeln zierte seine Lippen.
»Als ich noch klein war.« Mittlerweile waren wir am Auto angekommen, stiegen in die Karosserie ein und fuhren auch gleich schon los. Wir redeten noch ein wenig länger über Kilians Sorgen und Ängste als kleines niedliches Kind, während ich ihn durch die Straßen zur Bar meines Onkels lotste. Endlich war der Tag gekommen, an dem ich die beiden einander vorstellen konnte. Ich hatte bereits die ganze Woche über auf diesen Moment hin gefiebert - und endlich war es soweit. Schon wieder musste mein Ring als Beruhigungsmittel herhalten. Gnadenlos wurde er hin und her geschoben, gedreht, manchmal auch abgestreift und auf einen anderen Finger gesteckt.


»Sag mal Sam, wo genau führst du mich hier eigentlich entlang?«, fragte mich Kilian misstrauisch und beäugte mit einer reichlichen Dosis Skepsis unsere Umgebung durch die Frontscheibe.
»Ach, nur geradewegs in unseren Sexkeller, keine Sorge. Hier jetzt links abbiegen.« Kilian tat wie befohlen und schaute für einen Bruchteil einer Sekunde zu mir. In seinem Blick lag eine Mischung aus Belustigung und Furcht.
»War doch nur Spaß«, meinte ich, in der Hoffnung, ihm die Furcht wieder nehmen zu können.
»Dir könnte ich das durchaus zutrauen, Sam.« Ein schmeichelndes Schmunzeln stahl sich auf meine Lippen.
»Hier jetzt rechts. Such dir einen Parkplatz aus, Schätzchen.« Sobald wir standen und Kilian den Motor verstummen ließ, sprang ich auch schon aus dem Auto und machte mich zielstrebig auf den Weg. Kilian schloss hinter mir noch das Auto ab, hatte aber keinerlei Problem zu mir aufzuholen.

Tanz für mich, Sing für uns!Where stories live. Discover now