Wie konnte ein Mensch nur so großherzig sein, dass er mir nach all dem Mist, den ich abgezogen hatte, noch verzieh?

Wie hatte ich das nur verdient?

Doch den anderen schien das nicht im geringsten zu kümmern, da er sich immer weiter zu mir vor beugte, bis er mich sozusagen in eine liegende Position gedrängt hatte, da ich mich wohl oder übel hatte immer weiter zurücklehnen müssen, um das alles überhaupt noch zu überleben.

Beinahe musste ich lachen, da er so vertieft war und sich immer nur wenige Sekunden von mir löste, um wie ein Ertrinkender kurz Luft zu schnappen und ein paar Atemzüge lang überhaupt richtig zu atmen, bloß, um seine Lippen dann wieder auf meine zu drücken und sie in dem Rythmus, den wir für uns entdeckt hatten, zu bewegen.

Doch ich musste sagen, dass ich ihn für seine Stärke und Durchsetzungkraft bewunderte, da ich nicht weniger heftig erwiederte und ihn sicherlich, wäre ich nicht immer noch so überrascht gewesen, schon in meine jetzige Position bekommen hätte.

Doch im Endeffekt war es egal, da mir aktuell, solange ich seine Lippen berühren durfte, alles recht war.

Und wir küssten uns und küssten uns- es schien kein Ende nehmen zu wollen.

Ich schwebte hoch oben im Himmel, fühlte mich leicht und unbeschwert, kein einzelner Gedanke schwirrte in meinem Kopf herum und ich war einfach nur glücklich.


Seokjin Pov:

Ich hatte Seitenstechen.

Konnte man vom Küssen Seitenstechen bekommen?

Ich wusste es nicht, doch, um ehrlich zu sein, war es egal, da ich die leichten Schmerzen eh ignorierte und mich ganz in den Kuss fallen ließ.

Es war einfach nur fantastisch und ich wusste nicht, was ich noch tun konnte, um es besser zu machen, da dies nicht möglich zu sein schien.

Ich wollte dem jugen Mann unter mir so gerne sagen, wie viel er mir bedeutete, wollte ihm eine komplette Liebeserklärung machen mit allem Drum und Dran, wollte ihm sagen, dass ich ihn so sehr liebte, wie noch nie jemanden auf dieser Welt, doch ich wusste, dass keine Worte, keine Geste groß, gut, oder treffend genug wäre, als dass sie meine Gefühle wirklich beschreiben konnten.

Es gab nichts, was meine Liebe auch nur ansatzweise hätte ausdrücken können.

Leider musste ich mich, da das Seitenstechen doch etwas mehr weh tat, als ich angenommen hatte, von ihm lösen, sonst hätte ich noch irgendwann Atemnot bekommen.

Namjoon streckte zwar erst noch ein wenig den Kopf vor, in der Hoffnung, meine Lippen etwas weiter oben wieder antreffen zu können, doch öffnete dann etwas verdutzt die Augen wieder, als dies nicht der Fall war und sah mich leicht blinselnd an.

"Seitenstechen...", meinte ich nur entschuldigend, was ihn zum Lachen brachte.

"Ernsthaft?", prustete er, den Kopf wieder unten auf dem Teppichboden der Bibliothek, und kicherte dann eine Zeit lang, während ich nur halb neben, halb auf ihm herumsaß und langsam wieder zu Atmen kam.

Damit er sich nicht noch länger über mich lustig machen konnte, beugte ich mich vor und gab ihm einen kleinen Kuss auf den Mund, der ihn zum überraschten Schweigen brachte, um dann auch seiner Nasenspitze, seiner Stirn, jedem Grübchen und dann wieder seinen Lippen einen zu geben.

Dann legte ich mich irgendwie neben und auf ihn, kuschelte mich an seinen warmen Körper, der auf dem, zugegeben, schon kaltem Boden der Bibliothek wie eine Heizung war, und schlang die Arme um seinen Brustkorb.

Namjoon, der aufgehört hatte, zu Lachen, lächelte leicht und legte seine Arme ebenfalls um mich, sodass wir gemeinsam auf dem Boden herumlagen und kuschelten.

Und dies taten wir so lange, bis es draußen dunkel wurde und wir den Hausmeister auf den Gängen hörten, der diese immer am Abend ablief, bevor er die Schule abschloss.

Leise rappelten wir uns leicht steif auf und streckten uns erst einmal, bevor wir uns unser Zeug schnappten und aus dem Gebäube schlichen, da wir eigentlich nicht mehr in diesem anzutreffen sein sollten.

Hand in Hand liefen wir vom Gelände, die Schals bis zur Nasenspitze gezogen, da der Wind unglaublich kalt pfiff und auch nicht jeder unsere immer noch geschwollenen Lippen sehen sollte.

Das wäre irgendwie fast so, als würde ich mit meiner Unterhose über meiner eigentlichen Hose in der Öffentlichkeit rumlaufen...

Nicht so toll also.

Joon begleitete mich bis vor meine Haustür, da er nur ein paar Blocks weiter wohnte, und nahm dann noch einmal meine Hände in seine, um mir dann tief in die Augen zu sehen.

"Danke.", flüsterte er und sein Atem bildete Wölkchen in der Luft, "Einfach nur Danke für alles."

Mir wurde ganz warm und ich nahm ihn einfach nur in die Arme, wobei ich leise "Als ob ich dich hätte aufgeben können." flüsterte.

So standen wir einfach nur eng umschlungen vor meiner Haustür und hielten uns gegenseitig fest, bis er sich vorsichtig aus meinem Griff befreite und mir noch einen Kuss gab.

"Ich muss nach Hause.", murmelte er nahe meiner Lippen, "Sonst macht sich meine Familie noch Sorgen... Außerdem hab ich noch ein Outing vor mir..."

Stimmt.

Das wurde mir gerade erst klar.

"Oh Gott...", wisperte ich, "Das wird schwer..."

"Mhm."

"Ich bin da, ja? Zusammen schaffen wir das!", sagte ich zuversichtlich und brachte ihn somit zum Lächeln.

"Ja.", grinste er, "Und, selbst, wenn es schief gehen sollte, ist es mir jetzt gerade egal. Ich bin einfach nur zu glücklich."

Ich lächelte und kramte dann, nachdem wir uns schweren Herzens losgelassen hatten, meine Schlüssel aus der Jackentasche, mit denen ich dann die Tür aufschloss, um daraufhin Namjoon einen allerletzten Kuss für heute zu geben und hinein zu gehen, während er schon wieder auf dem Bürgersteig war, die Hände tief in den Taschen vergraben und unter dem Schal ein Paar Lippen, dessen Schwellung erst einmal nicht zurückgehen sollte.

Ich lächelte, als die Tür hinter mir zu fiel, und dieses Lächeln blieb auch den Rest der nächsten Tage, auch wenn sich immer leise Sorgen in meinem Kopf beschwerten, dass noch nicht alles gut war.

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Achja....

Junge Liebe... 

Bin ich froh, dass es die zwei endlich geschafft haben...

Ist doch schön, nicht?😇

Before That DayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt