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Namjoon PoV:

Ich lag in meinem Zimmer auf dem Bett und starrte die Decke an, die Hände auf meinem Bauch verschränkt und die Augen schon ganz ausgetrocknet, da ich die letzten Minuten kaum geblinzelt hatte

Kyungmins Worte geisterten durch meinen Kopf und verwirrten mich mehr und mehr.

Meine Schwester war lesbisch?

Seit wann das denn?

Doch obwohl ich bei jedem anderen Wut, Abscheu, Unverständnis und Ekel verspüren würde, war es bei ihr nicht so. Ich fühlte einfach nur Leere und Unbehagen, da ich ihr mit meinen Worten weh getan hatte. Und eine gewisse Hilflosigkeit, da ich nicht wusste, wie ich mit der jetzigen Situation umgehen sollte.

Ich seufzte leise und schlug mir die Hände auf's Gesicht während ich rasselnd Luft holte. Dann nahm ich meinen Ganzen Mut zusammen und setzte mich auf.

Schweren Herzens tapste ich durch den Raum, den Flur entlang und klopfte leise an die Zimmertür meiner kleinen Schwester.

Von drinnen kam ein Gebrummel, das anscheinend so viel wie "Ja?" bedeuten sollte und ich flüsterte leise durch's Schlüsselloch:

"Kyungmin? Ich bin's. Ich wollt fragen, ob ich rein kann..."

Sie brummelte erneut etwas unverständliches, was ich als ein weiteres "Ja" nahm, weshalb ich langsam die Klinke runter drückte und eintrat.

Meine Schwester lag auf ihrem Bett, eine Packung Taschentücher neben sich, die Faust mit einem zusammengeknüllten Tuch auf ihrem Bauch und an die Decke starrend wie ich es vorhin gemacht hatte.

Vorsichtig schloss ich die Tür wieder hinter mir und setzte mich, nachdem ich den Raum durchquert hatte, auf ihr Bettkante. Das Bettgestell unter mir quietschte leicht.

"Was ist denn los?", fragte ich leise, obwohl es klar, war, was los war, doch es fiel mir nichts anderes ein und ich wollte sie nicht weinen sehen.

Mein Bauch zog sich zusammen als sie mich mit wässrigen Augen ansah und mit brüchiger Stimme vorwurfsvoll antwortete:

"Was glaubst du Schlauberger denn, was los ist?"

Sie war schon immer etwas frecher gewesen und hatte sich nicht darum gekümmert, dass man älteren gegenüber einen bestimmten Grad an Respekt zollen musste, doch es kümmerte mich nicht.

"Es...Ich...Es tut mir leid...", sagte ich dann und griff nach ihrer Hand, doch sie setzte sich schnaubend auf und entriss sich meinem Griff.

"Glaub ja nicht, dass dieser Hundeblick irgendwas ausrichten kann! Und du bist ja nicht der einzige! Unsere ganze Familie ist so und das weißt du auch! Und weißt du, was noch besser ist? Die haben noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen, so wie du!!", fauchte sie, während sich eine Träne von ihren Wimpern löste und ihre Wange hinunter tropfte.

"Was kann ich tun, damit es dir besser geht?", fragte ich leise und sie bedachte mich mit einem Blick, der mich mich zusammenkrümmen ließ.

"Als ob du das nicht selber weißt!! Ändere einfach deine bescheuerte Einstellung!!!"

"Aber-"

"Nichts 'aber'! Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, wie ausgegrenzt, ausgeschlossen, in die Ecke gedrängt, nicht wertgeschätzt, diskriminiert und alleine ich mich fühle? Und das nur, weil ich halt nicht auf Jungs stehe! Dafür kann ich doch nichts! Es ist halt einfach so! Und ihr alle benehmt euch, als seien Leute wie ich der letzte Dreck auf Erden, doch in Wirklichkeit seid ihr das! Nicht, weil ihr auf das andere Geschlecht steht, sondern weil ihr einfach so verschlossen, voreingenommen und intolerant seid, wie's eigentlich nur der letzte Dreck auf Erden sein kann!"

Before That DayWhere stories live. Discover now