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Ich versuche den Schreck über das, was Alex mir gerade gesagt hat, zu verdauen. Oder mehr versuche ich zu verstehen, was er mir überhaupt gesagt hat. Es klingt wie aus einem Buch oder Film. Aber etwas erschreckt mich noch mehr, als die Aussage, dass er gleich sein soll wie ich: «Woher weisst du meinen Namen?», ich versuche normal zu klingen, aber in meiner Stimme hört man meine Angst. «Ich habe ihn dir nicht gesagt.»

Er antwortet nicht, sondern sieht mich nur an. Nein, er sieht nicht mich an. Jedenfalls scheint es mir so. Seine Augen blicken ins Leere. Und was zum Teufel hat er mit Mutanten gemeint? Und dass er gleich wie ich ist? Hat er auch Flügel?

«Nein, habe ich nicht», sagt er ruhig, «Und was den Begriff Mutant angeht, weisst du sehr genau, was das ist. Und falls nicht: es bedeutet, dass deine Zellen sich so verändert haben, dass du übernatürlich wurdest.» Also erstens mal: Von was redet der bitte? Und zweitens: Wenn das mit den Mutanten stimmt, dass er anders ist als ich und andere Fähigkeiten hat, welche hat Alex dann?

«Einige. Die erste würdest du erraten, wenn du aufhören würdest dich zu wundern, über das, was ich dir jetzt alles gesagt habe», sagt er und vergräbt seine Hände in den Hosentaschen.

«Du kannst Gedanken lesen», antworte ich genau so ruhig, wie er die ganze Zeit spricht, obwohl ich mich überhaupt nicht so fühle.

Bingo.

Ich sehe ihn schockiert an. Er hat den Mund nicht bewegt. Ich habe seine Stimme in meinem Kopf gehört.

Bevor du jetzt gleich ausrastest, rate ich dir mir zuzuhören. Nach aussen hin sieht er noch immer so locker aus wie vorhin, aber ich höre verdammt noch mal seine Stimme in meinem Kopf!

Du denkst jetzt bestimmt, dass entweder ich oder du oder wir beide verrückt sind.

Oh, wie recht er doch hat. Momentan zweifle ich sehr an meiner geistigen Gesundheit.

Aber das sind wir nicht. Wir sind nur anders. Hat so seine Vor- und Nachteile, aber ändern kannst du es nicht. Du bist eine Mutantin, Shay.

Vermutlich hätte er noch etwas gesagt, aber ich unterbreche ihn: «Hör auf damit.» Ich könnte mich verfluchen, für die Angst in meiner Stimme. Er grinst mich an, als ob er genau weiss, was in mir vorgeht. Was er ja wahrscheinlich auch tut. «Was willst du von mir?», frage ich ihn, bevor er wieder auf die Idee kommt in meinen Gedanken herumzuschnüffeln.

«Ich habe dich in der Nacht gesehen, als dir zum ersten Mal die Flügel gewachsen sind. Es hat nicht besonders angenehm ausgesehen.» Zu meiner Erleichterung spricht er das laut aus und nicht wieder in meinem Kopf. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das auch nur eine Sekunde länger ausgehalten hätte.

«War es auch nicht.»

«Ich werde dir helfen das alles zu kontrollieren», sagt er.

«Wieso?», frage ich, jetzt verwundert. In meinem Kopf ergibt das alles keinen Sinn. Selbst wenn er gleich ist wie ich, wieso sollte er mir dann helfen wollen? Abgesehen davon kennen wir uns nicht. Dieser Typ bringt mich noch um den Verstand.

«Weil es bei mir niemand tat. Und glaub mir, es war echt scheisse. Abgesehen davon, bist du die einzig andere Mutantin, die ich kenne. Es kann nicht schaden jemand der gleichen Art auf seiner Seite zu haben.»

Der gleichen Art. Er hat das so gesagt, als ob wir keine Menschen wären. «Sind wir auch nicht. Wir sind anders. Und würden die Menschen herausfinden, dass es uns gibt . . .», er beendet den Satz nicht. Wir beide wissen genau, wie es für uns enden würde. Jetzt wäre eine Aria-Theorie fällig.

«Und wie willst du mir helfen? Du hast ja nicht dieselben Fähigkeiten wie ich.» Ich will es nicht zugeben, aber ich will es nicht, ich kenne ihn ja kaum. Aber ich weiss, dass ich seine Hilfe nicht will, weil es bedeuten würde, dass ich das akzeptieren müsste.

Shadow and IronWo Geschichten leben. Entdecke jetzt