Kapitel 6

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Kapitel 6

Ava versuchte ihren Herzschlag zu beruhigen und so zu tun, als wäre sie in ein Buch versunken, das sie jedoch nicht interessierte. Sie saß auf dem Sofa in der Bibliothek und vor ihr standen eine Reihe Computer. Diese wurden im Moment nicht genutzt, doch sie hoffte, dass Riley vorbeikommen würde, um diese zu nutzen. Es war schon recht spät und der Computerraum der Schule hatte geschlossen. Aus zuverlässigen Quellen und vor allem durch Phoebe wusste sie jedoch, dass Riley heute noch an einem Projekt arbeiten wollte. Daher hatte sie Phoebe gebeten, dafür zu sorgen, dass sein Internet nicht richtig funktionierte, in der Hoffnung, er würde hier vorbeikommen.

Dann würde Ava ihn abfangen und in Beschlag nehmen. Sie hatte sich sogar schon überlegt, wie sie das anstellen sollte. Da war ihr das Projekt für Informatik, das sie nachreichen musste, sehr gelegen gekommen. Eigentlich brauchte sie nicht unbedingt Hilfe dabei, aber das musste Riley nicht wissen.

Sie hatte sich für eine Webseite über Mythen und Legenden entschieden und wollte seine Hilfe bei der Programmierung. So konnte sie auch gleich abschätzen, wie viel er über ihre Art wusste und wie er dazu stand.

Sie hoffte wirklich, dass er wenigstens ein bisschen Interesse daran haben würde. Und vor allem, dass er ihr half. Luca meinte zwar, dass Riley an sich ein sehr freundlicher und hilfsbereiter Mensch war, doch vielleicht mochte er sie nicht. Das konnte alles sein und weil sie sich darüber so viele Gedanken machte, bewegte sie hibbelig ihren Fuß hin und her, während ihre dunkelblauen Augen immer wieder den Raum nach dem blonden Jungen absuchten.

Vielleicht sollte sie sich an den Computer setzen und dort so tun, als würde sie arbeiten? Aber dann würde sie ihn schwerer sehen, wenn er den kleinen, abgetrennten Raum betrat.

Ava schnappte den Geruch von Luca auf, der hier irgendwo in der Bibliothek war, um sie zu beschützen. Auch Phoebe war anwesend, doch sie hatten sich darauf geeinigt, dass sie nicht zu dritt auftauchen würden. Immerhin wirkten sie dann immer wie eine eingeschworene Gemeinschaft und für Riley würde es leichter sein, wenn sie alleine anzutreffen war. Zumindest hoffte sie das.

Sie hatte die Oberwelt unterschätzt. Hier war alles viel komplizierter, weil sie hier nichts zu sagen hatte. Hier war sie nur ein einfacher Mensch. Natürlich mit magischen Fähigkeiten, doch diese konnte sie nicht einsetzen. Nur ihre passiven Gaben konnte sie nutzen, ohne aufzufallen.

Bis vor einigen Stunden hatte sie überhaupt nicht gewusst, bei wie vielen Dingen sie Magie einsetzte, um sich das Leben zu erleichtern. Das fing schon mit dem einfachen Umblättern an! Sie musste sich dazu ermahnen es mit der Hand zu tun und nicht einfach der Seite einen mentalen Befehl zu geben. Das ging ganz nebenbei und sie hatte sich schon zwei Mal erwischt, wie sie es magisch getan hatte. Etwas, was durchaus gefährlich sein konnte. Vielleicht wäre es besser, wenn sie sogar zuhause für einige Zeit auf die Magie verzichtete, damit sie sich daran gewöhnte.

Es würde ihr zwar schwerfallen, doch besser als das man sie erwischte. Bei einem einzigen konnte sie noch die Erinnerungen und Gedanken manipulieren, doch bei größeren Gruppen würde es schwieriger werden alle zu erwischen.

Ava kamen die ersten Zweifel an ihrem Plan. Heute war noch immer der erste Schultag. War es wirklich so gut, wenn sie ihn sofort heute abfing? Vielleicht sollte sie lieber eine Weile mit ihm zusammen in der Bibliothek arbeiten und ihn erst später ansprechen? Das wäre wahrscheinlich weniger auffällig. Dann konnte sie zumindest sagen, dass sie es versucht hatte.

"Willst du kneifen?", hörte sie Lucas belustigte Worte, der jedoch viel zu weit weg stand, damit sie ihn sehen konnte. Doch die Magie trug seine Worte dennoch zu ihr.

"Ich möchte nur nicht, dass er denkt, dass hier etwas seltsames vor sich geht", antwortete sie leise und zuckte zusammen, als jemand den Bereich der Bibliothek betrat, in dem die Computer standen.

Sie versuchte den Blick auf ihrem Buch zu halten und schielte erst hoch, als der Besucher nah genug dran war.

Überrascht stellte sie fest, dass der Junge zwar blond war, doch es war nicht Riley. "Was macht denn dein Freund hier?", fragte Ava zähneknirschend an Luca gerichtet und war sich sicher, dass Dylan sie noch nicht einmal bemerkt hatte.

"Er interessiert sich auch für Computer und Technik, hat aber noch andere Hobbies, um nicht als Langweiler und Streber abgetan zu werden", erklärte Luca, doch er wirkte nachdenklich. Ihm war nicht so wohl dabei, wenn Dylan in der Nähe war.

Ava konnte seine Bedenken verstehen. Immerhin hatten sie versucht Riley allein zu erwischen, damit sie sich nicht sofort einen schlechten Ruf einhandelte. Vielleicht war ihre Idee mit dem Hinsetzen und arbeiten doch nicht so schlecht. So konnte sie dafür sorgen, dass es aussah, als würde sie arbeiten und sie konnte auf den Moment warten, wenn Riley allein war. Eventuell würde Luca später sogar dafür sorgen, dass Dylan nicht kam, indem er ihn abfing oder ähnliches.

Mit dem neuen Plan im Kopf, erhob sie sich und ging auf den Computer zu, der noch immer angeschaltet war und ihr Projekt zeigte.

Sie legte das Buch neben die Tastatur, als wäre nichts gewesen.

"Hallo", grüßte Dylan plötzlich und Ava zuckte gespielt zusammen, als hätte sie ihn nicht gemerkt. Dann hob sie den Blick und lächelte sanft, wenn auch ein wenig schief.

"Hallo, du bist aus meiner Klasse richtig?", fragte sie und versuchte sich ein wenig unsicher zu geben, obwohl sie genau wusste, wer er war.

Dylan lachte. "Dylan", stellte er sich noch einmal vor, was irgendwie ganz nett war. Immerhin hatte sie eine Menge Leute kennengelernt und mit ihm nur einmal kurz gesprochen. Er hatte sich da zwar schon vorgestellt, doch das hieß ja nicht, dass sie sich seinen Namen gemerkt hatte.

"Ava", grinste sie zurück und setzte sich nun endlich.

"Arbeitest du an dem Projekt für Informatik?", fragte er und sie war kaum überrascht, dass er wusste, was sie hier tat. Immerhin zeigte ihr Computer eine Seite mit HTML Code und für jemanden, der sich dafür interessiert, war das offensichtlich. Trotzdem nickte sie.

"Ja, ich muss ja noch einiges nachreichen. Ich bin ja mitten im Schuljahr eingestiegen", sagte sie mit gespielt unsicherer Stimme, als wäre ihr alles ein wenig viel auf einmal.

"Sag, wenn du Hilfe brauchst", meinte er und ließ sich an den Computer ihr gegenüber nieder.

Ava versuchte nicht zu offensichtlich erleichtert auszuatmen. Zuerst stand Riley auf ihrer Liste, der ihr helfen sollte. So kam sie am besten an ihn heran. Dylan würde später erst kommen.

Eine Weile hörte man nur noch das Klackern der Tastaturen, bis Phoebe sich plötzlich magisch bei Ava meldete. Riley war im Anmarsch. Das war gut. Sie sollte vielleicht wirklich ein wenig mehr Geduld haben und langsamer an die Sache herangehen. Immerhin hatte sie genügend Zeit. Vielleicht sollte sie auch den Schutz von Dylan nutzen und die Fragen in die Runde werfen. So konnte sie sich schon ein wenig mit Riley anfreunden und es würde nicht zu plötzlich kommen, wenn sie ihn alleine nach Hilfe fragte.

Zufrieden mit ihrer Idee, auch wenn sie wesentlich länger dauerte, wartete sie darauf, dass der zweite blonde Junge den Raum betrat und begann dann ganz unverfänglich ein Gespräch.

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Vampirprinzessin (Under York-Reihe)Место, где живут истории. Откройте их для себя