Kapitel 2

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Kapitel 2

Ava kannte alle unterirdischen Gänge und wusste deshalb, wohin dieser Gang sie bringen würde, doch es das erste Mal zu sehen, war doch ein wenig anders.

Viele Gänge, die aus Under York führten, endeten in einem Haus an der Oberfläche, das als Adresse für Reisende galt. Jeder Vampir, der an die Oberfläche wollte und hier kein Haus besaß, konnte diese Adresse nutzen, wenn er irgendwo eine angeben musste. Das war sehr praktisch, denn so wurden sie nicht so schnell entdeckt.

Doch als Ava durch die Tür trat, die man kaum von der Wand unterscheiden konnte und Sonnenstrahlen ihre Augen blendeten, begann ihr Herz heftig zu klopfen.

Sie spürte die leichte Wärme des Lichts und konnte sogar riechen, dass die Luft hier ganz anders war.

Zögerlich trat sie direkt in den Raum, der eine kleine Küche war und ging direkt auf das Fenster zu, um hinauszuschauen. Sie versuchte den Himmel zu erkennen, doch durch die vielen, hohen Häuser ringsherum, war das schwierig. Ava konnte nur ein wenig sehen und war fasziniert, wie schön der Himmel doch war. Das Weiße auf dem Blau mussten Wolken sein. Sie hatte sehr viel davon gelesen, doch bisher hatte sie es nie selbst gesehen. Es war etwas komplett anders und die Aufregung überkam sie. Hier gab es so viel zu entdecken, was sie nicht kannte. Doch mit der Aufregung kam auch die Angst. All das Neue, was sie nicht kannte. Sie konnte so viel falsch machen.

Von hinten legte sich eine Hand auf ihren Rücken und sie wandte kurz den Kopf, um in Phoebes lächelndes Gesicht zu sehen.

Sie waren hier wohl alleine, denn sie konnte niemanden hören. Zumindest nicht im Haus. Dafür aber draußen auf der Straße. Dort sah es verblüffend ähnlich mit Under York aus. Dort gab es auch Autos und viele Leute, die durch die Straßen liefen. Dennoch war es irgendwie anders.

Ava versuchte sich ein wenig zu beruhigen. Mit Phoebe und Luca an ihrer Seite konnte ihr nichts geschehen. Sie würden ihr sagen, wenn sie etwas Falsches tat oder sich peinlich verhielt. Immerhin waren sie nicht um sonst auch ihre Freunde.

"Kommt schon", rief Luca sie zu sich und winkte aus dem Flur, der an der Küche angrenzte. Er hatte die Haustür bereits geöffnet und von dort kam eine kühle Brise, die Ava fast schon magisch anzog. Sie hatte nicht einmal die Gänge nehmen dürfen, die nur hinaus zu den Abwasserrohren der Menschen führte. Dort hätte sie wenigstens an einer Klippe den Sonnenaufgang betrachten können, doch man hatte sie immer wieder davon abgehalten.

Langsam und mit Phoebe an ihrer Seite, lief sie auf Luca zu und machte einen zögerlichen Schritt hinaus auf die Straße.

Ihr Blick glitt sofort hoch in den Himmel und sie musste die Augen zusammenkneifen, als sie den runden, leuchtenden Ball namens Sonne erblickte. Ihre Strahlen auf der Haut taten gut, doch Ava wusste, dass sie vorsichtig sein musste, wenn sie keinen Sonnenbrand bekommen wollte. Auch wenn sie nicht wusste, was das war, außer in der Theorie. Sie hatte noch nie welchen bekommen und konnte sich daher nicht vorstellen, wie es sich anfühlte.

Ein Windstoß kam ihnen entgegen und wehte ihr durch die Haare. Es war ein wundervolles Gefühl und sie wäre gern noch ein wenig stehen geblieben, wenn Luca sie nicht förmlich mit sich gezogen hätte. Gemeinsam reihten sie sich unter die Leute und schlenderten ein wenig die Straßen entlang.

Die Stadt war wirklich sehr ähnlich mit Under York, weshalb sich die Anspannung bei Ava ein wenig legte. Sie hatte nur noch Sorgen darüber, dass sie vielleicht zu sehr auf Prinzessin machte. Hier war sie das natürlich nicht und das würde mit Sicherheit eine gewisse Umstellung sein. Doch sie würde es schaffen.

Luca und Phoebe gingen mit ihr die Straße entlang, die sie direkt zur Schule bringen würde. Diese lag zum Glück nicht so weit von diesem Haus entfernt und trotzdem würde man sie ab morgen dorthin fahren. Dabei liefen sie nur etwa eine halbe Stunde. Für Vampire war das keine wirkliche Strecke. Sie erschöpften nicht so leicht wie Menschen und theoretisch waren sie auch viel schneller. Nur war es dumm hier auf der Oberwelt so schnell zu laufen, da sie nicht auffallen wollten. Also passten sie sich dem Tempo der Menschen an und Ava genoss die Sonne und die frische Luft.

Dabei fragte sie sich, wie die Unterrichtstunden in der Menschenschule wohl aussehen würden. Sie hatte lange Zeit Privatunterricht von Alexander bekommen, doch seit einiger Zeit besuchte sie auch die Schule für die Vampire, damit sie einen Vorgeschmack darauf bekam, wie es hier sein würde.

Für Ava war es viel schöner auf eine Schule zu gehen und mit anderen zu lernen. Allerdings war das bei ihr zuhause doch sehr schwierig gewesen, weil sie dort jeder kannte. Selbst die ganz kleinen Kinder. Man hatte sie mit Respekt behandelt und die Lehrer hatten ihr so gut wie alles durchgehen lassen. Was hier nicht mehr der Fall sein würde. Dennoch war Ava zuversichtlich. Sie hatte ein besseres Gehör, eine schnellere Auffassungsgabe und vor allem ein leistungsfähigeres Gehirn, als die Menschen. Dazu kamen diverse magische Fähigkeiten, die bei ihr als Tochter der königlichen Blutlinie sogar noch wuchsen. Sie konnte nicht genau sagen, welche Gaben sie alles besaß, denn die Eltern gaben ihre Fähigkeiten an die nächste Generation weiter, wenn sie starben. Das hieß Ava würde demnächst Gaben ihrer Eltern bekommen und dann ihrer Großeltern und schließlich ihrer Urgroßeltern. Welche davon sie meistern konnte, hing davon ab, welche Gaben sie bekam. Einige würde man bannen müssen, damit Ava nicht in ihrem Leben beeinträchtigt wurde.

Doch bis es soweit war, würden noch einige Jahre vergehen. Wahrscheinlich würde sie während der Schulzeit lediglich ein oder zwei neue Gaben hinzubekommen.

Bisher beherrschte sie die grundlegende Magie und war in der Lage die Aura und Auraspuren zu sehen. Keine Gabe, die sonderlich viel Kraft forderte oder auffällig war.

Phoebe war da schon eher gestraft. Ihre Gabe verstand Ava noch nicht so genau, aber Phoebes Kopf arbeitete anders. Sie nahm Informationen noch besser auf, als normale Vampire und verknüpfte sie auf eine Weise, die sie manchmal nicht nur extrem schlau und besserwisserisch, sondern auch seltsam wirken ließ. Angeblich sah sie Bilder vor sich, wenn sie an bestimmte Dinge dachte und dann wedelte sie mit den Händen, um diese Bilder zu schieben und zu verstehen. Phoebe hatte es ihr schon oft erklärt und ihr es sogar an einem Computer demonstriert, doch wenn man die Gabe nicht besaß, verstand man es wahrscheinlich nicht.

Dennoch war Ava gern mit Phoebe zusammen. Sie waren zusammen aufgewachsen und wo viele Phoebe für eigenartig hielten, sah Ava in ihr einfach nur ihre beste Freundin.

"Das hier ist der Eingang zum Schulgelände", erklärte Luca und deutete auf ein großes Gittertor. Dahinter befand sich ein großer Schulhof, der wohl um das Gebäude ringsherum ging.

Das Gebäude selbst war sehr groß, wirkte aber nicht sonderlich ausgefallen. Es passte gut ins Stadtbild von New York. "Die Sporthalle befindet sich auch auf dem Gelände der Schule und das dort ist die Mensa", erklärte der Schwarzhaarige weiter und deutete auf zwei weitere kleine Gebäude, die mit auf dem Grundstück standen.

Ava nickte und versuchte sich diese Informationen zu merken.

Phoebe öffnete den Mund und begann Ava den Stundenplan, sowie die Lage der Räume zu erklären. Dabei konnte sie ihr sogar sagen, wie viele Minuten sie von einem zum nächsten Raum brauchte, doch als sie noch weitere Informationen, die Ava als unwichtig erachtete, hinzufügen wollte, wie die Breite der Gänge, oder die Schritte von A nach B, hob Ava eine Hand. Ein vereinbartes Zeichen, wenn Phoebe wieder einmal zu viele Informationen von sich gab, die im Moment nicht wichtig waren.

Ein wenig peinlich berührt, schloss die Grünhaarige ihren Mund wieder und wurde sogar ein wenig rot.

Luca, der seine Sonnenbrille trug, damit seine Augen nicht zu sehr auffielen, schmunzelte ein wenig.

"Jedenfalls weißt du jetzt das Grobe. Lass uns den nahegelegenen Park aufsuchen. Dort verbringen die Schüler gern ihre Freistunden. Dort gibt es auch einen See, wo man schwimmen kann", meinte er und führte die kleine Gruppe weiter.

Avas Herz schlug wieder heftig und sie hielt den Blick auf das Schulgebäude gerichtet, bis es verdeckt wurde. Wie würde der erste Schultag werden? Wem würde sie begegnen? Würde sie neue Freunde finden oder würde man sie ausschließen, weil sie anders war?

Schnell schüttelte sie den Kopf und versuchte so die Gedanken zu verdrängen. Sie durfte sich keine Gedanken darüber machen, ob man sie akzeptierte und aufnahm. Solange Phoebe und Luca an ihrer Seite waren, war sie nicht allein. Es gab also nichts, vor was sie sich fürchten musste.

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Vampirprinzessin (Under York-Reihe)Where stories live. Discover now