🖤Teil 13🖤

311 17 19
                                    

»Alles in Ordnung?«

Aus meinen Gedanken zerrissen wirbelte ich um mich herum und stand sofort auf. Es war mir peinlich, so energielos am Boden gesehen zu werden.

»Ja, alles in Ordnung. Danke.«,antwortete ich etwas zu hastig.

Der Junge, der auf mich zukam war breit gebaut und sah durch seine Gesichtszüge gefährlich aus, doch sobald sich seine Mundwinkel nach oben setzten, kam er wesentlich freundlicherer rüber. Allerdings war er für einen Trainer sehr jung.

»Du scheinst Angst zu haben. Ich hoffe doch nicht vor mir.«, scherzte er und grinste.

Ich war zunächst verwirrt, doch dann bemerkte auch ich, dass meine Hände zitterten und ich ein angespanntes Gesicht machte.

»Nein, nein, so ist das nicht.«, erklärte ich ihm.

Innerlich ohrfeigte ich mich selbst, denn ich war enttäuscht. Ich dachte, meine Angst würde nur noch schwer erkennbar sein.

»Wieso trainierst du vor dem Training?«, wechselte er schließlich das Thema.

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Wenn ich eins wusste, dann war es, nur einem selbst zu vertrauen, also log ich ihn an.

»Ich war nun mal motiviert.«, gab ich sicher von mir. Ein guter Eindruck für den Anfang schadet nie.

Es war die halbe Wahrheit, ich war motiviert. Motiviert meinen ganzen Frust und Hass rauszulassen.

»Wollen wir anfangen?«, fragte ich ihn.

Er legte das weiße Handtuch von seiner Schulter auf eine Bank und hob seinen Kopf in meine Richtung. Ich konnte eine leichte Verwirrung in seinem Gesichtsausdruck erkennen.

»Du meinst zusammen trainieren? Wieso nicht.«

Wieso nicht? Ist er nicht mein Trainer?

Ich sprach meine Gedanken laut aus, woraufhin der Junge nur noch lachte und abwinkte.

»Das muss ein Missverständnis sein.«, sagte er freundlich. »Ich bin auch ein KGB Agent, der auch zufälligerweise gerne früher trainiert.«

Peinlich berührt wischte ich mir den Schweiß von der Stirn und lachte verlegen, statt darauf zu antworten.

»Ich bin übrigens Shawn.«, sagte er und reichte mir schnell die Hand.

»Natalie.«, stellte ich mich vor und erwiderte das Händeschütteln.

Shawn stieg auf ein Laufband, ich tat es ihm gleich.

Ich beobachtete, wie er die zweitschnellste Stufe einstellte, während ich bereits die schnellste Stufe eingestellt habe. Ich war noch nie auf einem Laufband, jedoch weiß ich, dass meins ein geringfügiges Tempo hat.

Während ich rannte spürte ich seinen Blick auf mir ruhen, bis er endlich etwas sagte. »Du läufst direkt zu Beginn in diesem Tempo?«, fragte er erstaunt.

Ich nickte kurz und konzentrierte mich weiterhin auf das Laufen, doch das Laufband wurde langsamer und ich sah, wie Shawn das Gerät ausschaltete.

Fragend blickte ich ihn an.

»Kann es sein, dass du aus Russland bist?«, fragte er neugierig.

Ich überlegte einen Moment, ob ich ihm die Wahrheit sagen sollte, doch letztendlich stimmte ich zu. »Wieso fragst du das?«

»Ich habe gehört, dort seien die Menschen krass drauf, was Sport und Training angeht.«, erklärte er fasziniert.

»Krass?«, fragte ich ihn verwirrt.

»Eine moderne Steigerung von gut«, fügte er schnell hinzu.

Ich nickte und geriet in Verlegenheit, erneut. Schnell bemerkte ich, dass meine wahre Identität eigentlich geheim bleiben sollte und klatschte mir auf die Stirn.

»Bitte sag niemandem, dass ich aus Russland bin.«, bat ich ihn flehend an.

Er verstand sofort. »Natürlich nicht, ich hätte gar nicht fragen dürfen.«, entschuldigte er sich.

Ich nickte und biss mir gleichzeitig auf die Lippen.

»Machen wir ein Wettbewerb in Ausdauer?«, unterbrach er die Stille und guckte mich mit einem siegessicheren Lächeln an.

Ich jedoch wusste nicht, ob das eine gute Idee war. Er war schließlich ein Mann und unglaublich muskulös, doch ich erinnerte mich, dass ich seit Jahren jeden Tag verliere, also sagte ich ja.

»Machen wir die schnellste Stufe. Wer als erstes nicht mehr kann hat logischerweise verloren.«, stellte er die Regeln auf.

Ich konnte mir ein kleines Lächeln aufgrund seiner kindlichen Art nicht verkneifen und wusste sofort, dass ich gerne in der Gegenwart dieses Menschen bin.

Ich wischte die Gedanken beiseite und stieg auf das Laufband. Nachdem er bis 3 gezählt hatte, stellte ich die schnellste Stufe ein und lief mit ihm um die Wette.

Noch nie hat mich jemand als gut bezeichnet. Nicht mal Lucy, bemerkte ich und spürte einen Hauch von Traurigkeit in mir aufkommen, doch dieses Gefühl verdrängte ich und konzentrierte mich auf das Kompliment.

Es war ein schönes Kompliment. Es gab mir Kraft, Energie und neue Motivation, obwohl dies bisher nur die Spritzen mit dem Adrenalin-Kick geschafft haben.

Doch dieses Mal ist es anders. Es ist etwas menschliches, woran man gerne denkt.

Es war mir neu, denn ich wusste bis zu diesem Moment nicht, dass auch Worte Energie geben können.

Ich fühlte mich schuldig, da ich selber noch nie Komplimente gegeben habe, obwohl ich so viel positives in den Mädchen im Lager gesehen habe.

Schnell beschloss ich, Shawn zu gratulieren und ein Kompliment zu geben, nachdem er gewonnen hat.

Zurück aus meinen Tagträumen in die Realität, wagte ich einen Blick zur Seite und erschrak.

Ich stellte das Laufband aus und schaute mich in der Halle um, bis mein Blick auf den am Boden liegenden Shawn traf.

Er war komplett durchnässt und sein Gesicht war rot wie eine Tomate.

Schnell half ich ihm hoch und fragte ihn, ob er in Ordnung war.

»Ich schon, aber du nicht.«, sagte er trotzig.

Ich wusste nicht, was er damit meinte. Gerade hatte er mir doch ein Kompliment gemacht, wieso hat er seine Meinung geändert?

»...denn du bist eine Maschine.«, rief er und klatschte begeistert in die Hände.

»B-bitte was?«, stotterte ich, denn ich wusste überhaupt nicht, was los war.

»Du... du hast mich im Wettbewerb geschlagen. Das hat noch nie jemand getan. Du hast gewonnen.«, lächelte er immer noch fasziniert.

Diese Begeisterung steckte mich an und ich fing auch an, zu grinsen.

Du hast gewonnen

Das waren die schönsten und ehrlichsten Worte, die ich jemals in meinem Leben gehört habe.

Black Widow [FF]Where stories live. Discover now