🖤Teil 6🖤

379 16 7
                                    

»Daneben.«

Ich hielt die Pistole in meiner rechten Hand auf die Zielscheibe gerichtet. Die Kugel traf nicht mal ansatzweise den Kreis, auf den ich schießen sollte.

Mit Waffen zu trainieren ist definitiv meine Stärke, doch Mrs Kasakow machte mich nervös. Sie »versteckte« sich am Türrahmen hinter einer Säule und beobachtete mich. Ich habe sie durch die Glasscheibe spiegeln sehen, doch anscheinend dachte sie immer noch, sie wäre unsichtbar.

Ich konzentrierte mich erneut auf die Zielscheibe und schoss mehrere Male drauf, doch vergebens. Alle daneben.

»Wieso bist du unkonzentriert?« Einer der Trainer kam auf mich zu und berührte meine Schulter. Ich wich aus und ballte meine Hände zu Fäusten, welches der Trainer zu bemerken schien.

»Ich will dir nur helfen. In weniger als 48 Stunden beginnt die Mission. Wenn dich jemand angreifen sollte, musst du auf diese Person schießen können.« Seine Stimme war tief und sein schwarzer Bart ließ ihn unheimlich aussehen.

Mir war bewusst, dass ich noch nicht bereit für diese Mission war. Ich fragte mich, wieso Mrs Kasakow ausgerechnet mich für diese Mission auswählte.

»Ich bin nicht bereit, jemand anders soll für mich eintreten.«, bat ich ihn.

»Tut mir Leid, ich bin nicht deine Wunschfee. Und jetzt schieß nochmal.«, gab er trocken von sich.

Dass er so gleichgültig reagierte war nichts neues, doch diese Mission war das letzte, was mir noch gefehlt hat, also blieb ich an Ort und Stelle und schaute den Trainer ernst an.

»Na los, beweg dich.«, forderte er mich auf.

»Und...wenn nicht?« Ich wurde absichtlich frech, weil es die Angst am besten überdeckt.

Der Trainer schaute mich verdutzt an, doch diese Miene änderte sich schnell in ein wütendes Gesicht.

Er machte einen Schritt näher und packte mich am Unterarm. Ich versuchte mich verzweifelt zu befreien, doch der Trainer war zu stark. Er warf unsichere Blicke nach links und rechts und kam mit dem Gesicht näher zu mir.

»Verdammt, denkst du ich mache den Scheiß hier freiwillig? Ich habe eine Frau und eine Tochter, die Mrs Kasakow umbringt, wenn ich ihren Vorstellungen als Trainer nicht entspreche, also mach das jetzt richtig, denn ich weiß, dass sie uns beobachtet.«

Er ließ meinen Arm wieder locker und forderte mit einem kurzen Nicken in die Richtung der Zielscheibe, weiter zu trainieren.

Es ging mir nicht aus dem Kopf, dass auch die Trainer in dieser Anstalt gefangen werden.

Und, dass Mrs Kasakow so schlecht im Verstecken ist.

»Und jetzt, da ich dich motiviert habe, kannst du dich hoffentlich besser konzentrieren.« Als er mich ungewöhnlich anstarrte und komische Zuckungen in den Gesichtszügen ausübte, verstand ich sofort und richtete mich der Zielscheibe.

Ich hielt die Pistole mit beiden Händen und ausgestreckten Armen auf den Kreis gerichtet. Um mein Ziel besser zu erkennen, schloss ich ein Auge und schaute mit dem anderen an der Waffe vorbei zur Zielscheibe.

Mein Finger drückte immer mehr gegen das Griffstück, bis es einmal laut knallte. Ich schrak hoch, da ich vergessen habe die Kopfhörer zu tragen. Die Kugel traf erneut die Wand daneben.

Ich warf einen kurzen Blick über die Schulter und hoffte, dass der Trainer und Mrs Kasakow meine Unfähigkeit nicht bemerkt hatten, doch der Trainer schüttelte enttäuscht den Kopf und vergrub sein Gesicht in seine Hände.

»Du kannst gehen, Romanoff.«

Ich wirbelte um mich herum, als ich den Trainer in einer kratzigen Frauenstimme hörte. Spätestens als mein Gesicht zur Tür gerichtet war, bemerkte ich, dass hinter der Säule kein schwarzer Lackschuh mehr hervor schien.

Mrs Kasakow eilte mit schnellen Schritten in die Trainingshalle und warf mir den typischen, gleichgültigen Blick zu.

»W-Warten Sie! Ich habe eine Frage.« Ich versuchte so selbstbewusst und angstlos wie möglich auf Mrs Kasakow zu zugehen.

Ihre dicken, blonden Augenbrauen sind hochgezogen und die Mundwinkel tief nach unten gehängt.

»Kann nicht einfach ein anderes Mädchen diese Mission für mich machen? M-Mit ihrer Einverständnis natürlich.«

Die Tatsache, dass sie mich gleich anschreien und ohrfeigen könnte, bereitete mir Panik und ich entschuldigte mich für diese Frage.

Ich machte schnelle Schritte auf die Tür zu und wollte in die Mensa gehen, doch meine zu große Neugier brachte meine Beine zum stehen.

Die Existent der Kamera im Flur war mir bewusst, also tat ich so, als würde ich meine Schnürsenkel zuschnüren, um mehr Zeit zum belauschen zu gewinnen. 

Ich kniete mich hin und fing an, meinen rechten Schuh aufzuschnüren. Ich hörte bereits ein leises herumfauchen, das aus Mrs Kasakow's Mund kam.

»Ich warne dich. Entweder es liegt an ihr, oder an deiner Trainingsart. Ich werde die anderen Mädchen bei dir trainieren lassen. Wenn sie immer noch zu unfähig für die Pistole sind, bringe ich nicht nur deine Familie, sondern auch dich um.«, warnte sie den Trainer.

Ihre Worte machten mir Angst.

Der Trainer, welcher so grob und gefährlich von außen wirkte, gab ein leises winseln von sich.

»Gott, das Training muss härter ablaufen. Ab morgen wird härter und gnadenloser denn je trainiert. Bis das schwächste Mädchen stirbt.«

Ich hörte schnelle, laute Absätze immer näher kommen und bindete die Schleife fertig, um schließlich abzuhauen.

Ich wollte rennen, doch beinahe hatte ich die Kamera vergessen, also entschied ich mich für eine Säule hinter der ich mich vor der Kamera und Mrs Kasakow verstecken konnte.

Die angelehnte Tür wurde aufgerissen und heraus kamen die lauten Absätze. Ich presste meinen Körper noch dichter an die Säule, doch voller Erleichterung bemerkte ich, dass Mrs Kasakow in die andere Richtung einschlug.

Erst als mein Herzrasen sich wieder verlangsamte wurde mir bewusst, worüber Mrs Kasakow gerade eben geredet hatte.

»Bis das schwächste Mädchen stirbt.«

Diese Worte brachten meine Gedanken zum austicken.

Ich könnte sterben.

Schon morgen.

Denn ich bin die schwächste.

Vielleicht wäre es besser, zu sterben.

Black Widow [FF]Where stories live. Discover now