11. Rosa Brille ab!

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Das Wochenende verläuft ziemlich ereignislos. Bis auf die erfreuliche Nachricht des Doktors, dass mein Fuß wieder ganz ist und ich endlich den Verband abnehmen darf, passiert nichts aufregendes. Ich lese Die Arena fertig, und versuche Physik zu lernen. Montagsfrüh bin ich topfit und motiviert für die Schule.

Zumindest versuche ich mir das einzureden, als ich mich zu meinem Spind durchdrängele und meine Turnklamotten in die hinterste Ecke stopfe. Meine Laune bessert sich aber tatsächlich, als ich Jo und Sophie sehe, die mit Kim am Gang stehen und über irgendetwas diskutieren.

"Na?", ich stelle mich zu ihnen. Ich werde mit einem dreifachen Grinsen begrüßt. "Ihr seid aber gut drauf", wundere ich mich. "Wir haben auch guten Grund dazu. Sport fällt heute aus", verkündet Sophie.

"Nice! Also haben wir zwei Freistunden?" Ich freue mich richtig, weil ich nach wie vor der Meinung bin, dass Sport als Unterrichtsfach verboten gehört.

Kim nickt. "Wir könnten doch zur Feier des Tages essen gehen, was meint ihr? Zu dem Italiener an der Ecke?"

"Klar." Sophie und Jo stimmen begeistert zu. Wir quatschen noch ein bisschen, dann halte ich es nicht mehr aus.

"Und, geht's dir schon besser?", frage ich vorsichtig.

Kim nickt. "Es geht mir wirklich gut. Mum hat mit mir Yoga gemacht und so 'n Feng Shui Ding abgezogen, das hat irgendwie geholfen. Max hat es nicht verdient, dass ich mir 24/7 Gedanken um ihn mache. Es war zwar eine schöne Zeit mit ihm, aber er ist halt ein Arschloch. Egal wie betrunken er war, sowas kann ich ihm einfach nicht verzeihen. Ich hab's versucht, und es geht nicht. Ende der Geschichte."

Jo grinst. "Lange hast du ja nicht für diese Entscheidung gebraucht."

Kim zuckt mit den Schultern. "Ich dachte auch es würde länger dauern. Keine Ahnung, jetzt, wo die rosa Brille weg ist... ich weiß auch nicht."

"Ist doch egal", winke ich ab. "Hauptsache es passt jetzt wieder alles für dich."

***

"Mensch, ich hätte nicht die große Pizza Funghi bestellen sollen", jammert Sophie und hält sich den Bauch. Wir sind gerade am Rückweg von der Pizzeria zur Schule, vor uns liegt jetzt die eigentliche Freistunde.

"Ich bin auch komplett angefüllt", stimmt Kim ihr zu. "Aber dafür liebe ich diese Nudeln einfach zu ... sehr." Am Ende des Satzes stockt ihre Stimme, und als ich einen Schritt zu ihr nach vor trete, sehe ich den Grund dafür.

"Ach du Scheiße."

"Was ist?", fragt Jo von hinten und schiebt sich an uns vorbei. "Oh Mann. Was macht dieser Hodenkobold denn hier?"

"Hodenkobold? Manchmal frage ich mich echt, ob mit deinem Gehirn alles stimmt", antwortet Sophie, die noch nicht gesehen hat, dass Max vor der Eingangstür zur Schule auf den Stufen sitzt.

"Oh. Naja. In diesem Fall ist Hodenkobold doch angebracht", sagt sie dann achselzuckend, als Jo ihren Kopf in die richtige Richtung dreht.

Als Max uns erblickt, steht er auf und kommt auf uns zu. Er sieht unsicher und etwas betreten aus, was aber vielleicht auch an den Blicken liegen mag, die wir ihm zuwerfen.

"Ähm... Hi. Kann ich, also ... Kann ich kurz mit dir reden, Kim?", er schafft es unsere Blicke zu ignorieren, und dabei so unschuldig und nett und so typisch Maximäßigsüß auszusehen, dass ich richtig sehen kann, wie sich Kims Miene erweicht. Schließlich nickt sie zögernd.

Max zieht sie ein paar Schritte von uns weg, was aber nichts ändert, weil wir sowieso alles hören können.

"Was machst du hier?", fragt Kim, und erleichtert merke ich, dass sie sich doch wütend anhört. "Müsstest du nicht eigentlich Schule haben?"

"Doch, ja", sagt Max. "Aber ich musste dich einfach sehen. Ich wusste, dass du jetzt dann irgendwann Freistunde hast."

"Und da dachtest du dir, du schaust einfach mal vorbei und sagst hallo?", antwortet Kim giftig.

"Nein, also ja... Ich dachte wir könnten reden. Hör zu, ich hab Scheiße gemacht, und es tut mir so leid. Wenn ich es rückgängig machen könnte-"

"Tja, kannst du aber nicht. Und jetzt hörst du mir zu, Max." Kim spuckt die Wörter richtig aus. "Du hast mir sehr viel bedeutet. Aber diese Aktion von dir, das war so dermaßen unter aller Sau! Ich kann dir einfach nicht verzeihen, dass du mit dieser französischen Schlampe rumgemacht hast! Wer weiß, wie weit ihr noch gegangen wärt - oder vielleicht sowieso schon seid - wenn Leni und ich euch nicht gestört hätten."

Max starrt auf seine Schuhe. "Louise ist keine-"

"Was? Du verteidigst sie auch noch? Sag mal, hast du sie nicht mehr alle? Verpiss dich einfach, Max. Ehrlich, du bist das letzte. Ich wünsch' dir noch ein schönes Leben."

Yes, get rekt!, brüllt mein Ego. Shots fired!

Kim wirbelt herum und stapft zur Eingangstür, während Max dasteht wie ein begossener Pudel.

"Lass es einfach, Alter", sagt Jo finster zu Max, als wir an ihm vorbei gehen.

"Sagt ihr, es tut mir leid!", ruft Max uns nach.

"Einen Scheißdreck werden wir tun!", gebe ich zurück, dann fällt die große Tür hinter uns zu.

Wie tausend ChilisWhere stories live. Discover now