IV. suchtverhalten

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Erneute Triggerwarnung. Entschuldigung. Narben der Selbstverletzung.

Aufgeregt zog ich eine Zigarettenschachtel aus meiner Hosentasche, fischte mir schwer atmend eine Zigarette hinaus und ließ die Schachtel wieder an ihren Ort zurück wandern. Ich musste mich so schnell wie möglich ablenken und mit Nikotin beruhigen! Also zündete ich die Zigarette an und zog einmal kräftig an ihr. Mir war die Anwesenheit Sam's bewusst, jedoch versuchte ich sie für den Moment auszublenden.

Da ich nicht unhöflich sein wollte, hielt ich ihr meine Zigarette fragend hin.

»Möchtest du auch?«

»Hm, ne danke. Rauchen ist ungesund.« erwiderte sie nur. Ihre Emotionen waren verschlossen.

Ich wurde rot, da es nicht schwer zu deuten war, dass sie das Rauchen als schlecht empfand. Seufzend blickte ich meine Zigarette an und ließ sie dann auf den dunklen Boden fallen, wo das kleine Licht der Glut allmählich versiegte.

»Also das war jetzt pure Verschwendung, aber thank you anyways. Ich darf mich wohl geehrt fühlen, dass du mich deinen Zigaretten vorziehst.«

Und mit diesen Worten holte sie einen Kaugummi aus ihrer Hosentasche und reichte ihn mir. Ich beobachtete jede ihrer Bewegungen und dankte ihr, als ich den Kaugummi annahm.

Mit einem festen Blick entgegnete ich.

»Sure, für dich gern, madame.«

Diese Bemerkung ließ sie ein wenig schmunzeln.

»Hab nichts gegen Rauchen, nur gegen den Tod. Und ich würd dich gern noch ein bisschen kennenlernen, bevor du an Lungenkrebs verreckst.«

Damit kehrte sie mir den Rücken zu und lief einer Bank entgegen, welche achtlos im Park stand, bereit für jedermanns Hintern.

Als ich verweilend stehen blieb, kurzzeitig verwirrt über ihre Worte nachdenkend, rief sich mich zu sich.

»Na komm schon her, ich brauch deine Wärme.«

Dominanz. I like it.

Umso mehr Zeit ich mit ihr verbrachte, umso mehr viel mir auf, dass wir uns sehr ähnlich waren.

Wir beide waren geprägt von Geheimnissen, Stimmungsschwankungen, einem wundervollen Sinn für Humor, dem gegenseitigen Spieltrieb sowie einer unsichtbaren Verbundenheit.

Langsam folgte ich ihr und setze mich ebenfalls auf die Bank, auf welcher sie nun saß. Diese war von Rosen umgeben. Ich verletzte mich beim Setzen an einer, da mein Arm einen spitzen Stachel berührt hatte. Mein schusseliges Ich betrachtete die Wunde mit zusammengekniffenen Augen.

»Hrmmm, wieso bin ich nur so dumm mich an Rosen zu verletzen?«

Sam betrachtete meinen Arm erschrocken und machte sich achtsam daran, die Blutung mit einem Taschentuch zu stoppen. Ich betrachtete das Szenario bloß und störte sie in ihrer Handlung nicht, obwohl ich nicht einmal Schmerz empfand.

Als sie das Taschentuch nach einer kurzen Weile absetze, war die Blutung verebbt. Auf einmal krempelte sie den Ärmel ihres Pullovers hoch und legte ihren vernarbten Arm neben meinen.

»Schau, ich war auch einmal so dumm, mich zu verletzen.« flüsterte sie.

Behutsam legte ich meine warme Hand in ihre, und überdeckte somit die Narben mit meinem Arm.

»Sie erzählen eine Geschichte, und das macht sie wunderschön.«, antwortete ich leise und streichelte ihr behutsam mit meinem Daumen über die Hand, jene Hände noch immer verschränkt.

Kurzes Schweigen unsererseits.

Ich war verwirrt, jedoch sehr beeindruckt von ihrer Offenheit. Sie wirkte, als würde es ihr schwer fallen, mir dies mitzuteilen. Also schätzte ich den Moment sehr.

»Ist vielleicht nicht der richtige Moment dir das zu sagen, aber meine Mum starb an ihrer Sucht nach Zigaretten. Deswegen bin ich nicht so der Fan davon, wenn Menschen, welche mir etwas bedeuten, rauchen.«

Ich überlegte intensiv, wie ich reagieren sollte.

»Ich will kein Mitleid oder so, wollte bloß, dass du weißt, wieso ich dir zukünftig das Rauchen verbieten werd.«

Mein Kopf schnellte zu ihr. Daraufhin grinste sie mich breit an, von ihrer Trauer keine Spur mehr zu sehen.

»Ist das jetzt beschlossenes Gesetz? Ich darf niemals wieder eine Zigarette rauchen, obwohl mein Körper eh schon im Arsch ist?«, fragte ich sie verwirrt. Es war ja wirklich lieb, dass sie sich Gedanken um meine Gesundheit machte, jedoch wollte ich mir keinesfalls meine Zigaretten verbieten lassen. Ich wusste wirklich nicht, ob ich im Stande dazu war, von jetzt auf gleich mit dem Rauchen aufzuhören. Schließlich waren sie vor wenigen Wochen noch alles gewesen, was ich als Trost besaß, wenn mein Herz mal wieder erstickt schien.

»Hmm, mach dir keine Gedanken, ich treibe dir das schon noch aus, meine Liebe.«

Behutsam drückte sie meine Hand.

»Pff, na wenn du meinst.«, stachelte ich ungläubig zurück.

Eine ganze Weile saßen wir noch nebeneinander und genossen die Dunkelheit der Nacht, sowie unsere gegenseitige Wärme.

Dann unterbrach sie die angenehme Stille.

»Du bist eine wunderbare Freundin!«

★? Danke!

roses are slowly dyingWhere stories live. Discover now