Kapitel 6.

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In nur wenigen Minuten würden wir abheben und auf einen anderen Kontinent fliegen. Dann würden wir noch weiter weg von meinem normalen Leben fliegen. Ich frage mich,
würde ich je wieder zurückkehren? Jetzt ganz bestimmt nicht. Es fängt ein neuer Lebensabschnitt an und wie Dad mir erklärte kann man nie wissen wann etwas zu Ende ist oder wann etwas neues Anfängt. Vielleicht ist das noch nicht das Ende, nur es kommt noch etwas neues dazu...

,,Wohin fliegen wir eigentlich?", fragte ich nach einer Weile und versuchte meine Nervosität zu unterdrücken, was mir leider misslang.
,,...und wer fliegt eigentlich?", ich schaute mich um und sah nur Mom, Betty und Jack im Jet sitzen.
,,Wo sind Dad und Agent Brown?", fragte ich alles schnell hintereinander. Da ich wohl so schnell wie ein Wasserfall redete, hat mich wahrscheinlich keiner verstanden, oder sie brauchten etwas Zeit, um erst mal zu verstehen, was ich gerade gesagt hatte. Mom versuchte nicht einmal darauf einzugehen, da sie wusste, dass ich mir im Moment zu viele Gedanken machte, gerade wenn ich wie ein Wasserfall redete. Jack hat mir nur 23 Sekunden später geantwortet,
,,Wie du siehst sind zwei Leute nicht zu sehen.", fing er an zu erläutern,
,,Einer ist unser Pilot und der andere unser Co-Pilot.", erklärte er mir schließlich und schaute dann wieder aus dem Fenster.
Betty schaute Jack an und wartete erstmal ein bisschen ab, bevor sie etwas hinzufügte.
,,Und wo wir hinfliegen wirst du sehen, wenn wir da sind.", sagte sie mit einem Lächeln im Gesicht. Ich fragte mich, ob Betty schon gemerkt hat wie neugierig ich manchmal sein kann. Damit provoziert sie nur meine Neugierde, aber ich hielt meinen Mund und schaute dafür wieder aus dem Fenster. Das ist das erste mal, dass ich in so einem "Privat-Flugzeug" mitfliege, aber wenn ich so nachdenke, ist das ja noch extra für mich, damit ich in Sicherheit bin. Schon komisch. Innerhalb von 12 Stunden oder mehr, hat sich mein Leben komplett um 180° verdreht.

Jetzt heben wir ab. Da Mom und Betty wieder angefangen haben zu reden, schaute ich weiterhin aus dem Fenster und hörte den beiden mit halbem Ohr zu. So viel gereist bin ich noch nie. Diesmal sah ich nicht Paris unter mir, sondern die Stadt Lloret de Mar, bis sie wieder hinter den Wolken verschwand. Mom und Betty saßen vorne, vor mir, ich saß links in der Mitte und Jack rechts in der Mitte. Hinten war unser Gepäck. Naja oder eher gesagt das, was überhaupt noch mitgenommen wurde oder übrig geblieben ist. Als ich aus den Fenster schaute, hatte ich ein mulmiges Gefühl, so als ob mich jemand beobachtete. Ich schaute erst mal nach vorne, aber Mom und Betty redeten nur die ganze Zeit von ihren früheren gemeinsamen Aufträgen, wie von dem, als die beiden in New York bei einer Fashion Show eine Bombe entschärfen mussten oder als sie einen Verbrecher, der aus dem Arrest des Geheimdienstes ausgebrochen war, von Mongolei, dann über ein Stück von Russland nach Kasachstan und schließlich bis in die Hauptstadt Astana verfolgt hatten, um ihn einzufangen. Aber ich wusste, dass mich trotzdem irgendjemand die ganze Zeit beobachtet. Ich schaute dann an Mom und Betty vorbei aber die Tür der Piloten war auch verschlossen. Dann schaute ich zu Jack, aber er schaute nur stumm aus dem Fenster. Als ich mich auch schließlich wieder zum Fenster drehte, versuchte ich mir einzureden, dass ich mir alles nur einbildete. Wer sollte mich denn beobachten? Das letzte mal als wir einen Zusammentreffen mit Miss Siedes hatten war in Paris, welches schon mehrere Stunden her ist. Aber auch nur Stunden, keine Tage, keine Wochen, keine Monate und keine Jahre. Nur paar Stunden, Minuten und Sekunden. Ich frage mich immer noch, warum sie ein unschuldiges Mädchen eines Gymnasiums einfach so bedroht, angeschossen hat und vielleicht immer noch verfolgt. Als ich beinahe komplett in Gedanken versank, trafen sich unsere Blicke. Diese paar Sekunden, als wir uns unabsichtlich in die Augen anschauten, fühlten sich wie eine Ewigkeit an. Peinlich, aber ich lächelte einfach und schaute aus dem Fenster nach unten. Doch nichts war zu erkennen außer Wasser.
Ich wurde das Gefühl aber immer noch nicht los, dass mich jemand beobachtet, diesmal ignorierte ich es nicht schon wieder.
Ich konnte durch das Fenster erkennen, dass Jack mich immer noch durch sein Fenster beobachtete.
Warum beobachtet er mich? Bin ich etwa so interessant? Unerwartet kam Zorn in mir hoch,
,,Gibt es nichts besseres anzuschauen?", kam aus mir heraus und ich drehte mich zu ihm um, was er ebenfalls tat. Er grinste mich frech an, mal wieder.
,,Der erste Test, ich wollte testen ob du spürst, wenn dich jemand beobachtet, um es zu bemerken hast du nicht so lange gebraucht, aber zu erkennen wer der Verdächtige war, schon.", sagte er, immer noch grinsend.
Ich ignorierte den Rest und ging nur auf den ersten Teil ein,
,,Heißt das es gibt noch mehr Aufgaben wie diese hier?", fragte ich ihn. Das kann doch nicht wirklich sein Ernst sein, mich testen zu wollen. Was soll mir das bitteschön bringen?
Als Antwort zuckte er unschuldig mit den Schultern, grinste und drehte sich wieder zum Fenster. Das war wirklich sein Ernst. Ich folgte seinem Beispiel und schaute wieder auf das weite, tiefe und endlos scheinende Meer. Diesmal versank ich in Gedanken. Ich dachte über alles nach. Vom Anfang bis zu dem Moment, als ich erneut Miss Siedes Stimme hörte, aber dieses mal war es in keinen Klassenraum, in dem sie unterrichtete, nicht vor dem Lehrerzimmer, wo sie mit einem Kaffee in den Händen stand und mit ihren Kollegen über etwas lachte und auch nicht woanders innerhalb der Schule, sondern dort in Paris, wo ich war und das wegen ihr, nicht um sie zu treffen, im Gegenteil, um vor ihr zu flüchten.
Da wurde mir noch etwas klar:
Miss Siedes meint es auch ernst.

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Wie ernst meint Miss Siedes es wohl?

Now, my Life is a SecretOnde histórias criam vida. Descubra agora