20. Von zerbrochenen Träumen und Zweifeln

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Nervös tigerte ich vor dem Büro eines Lables auf und ab. Wie lange sie wohl brauchten, um eine Entscheidung zu treffen? Ich hatte meine neue Single vor einer Woche hier abgegeben und das Versprechen bekommen, sie würden sich bald melden. Sieben Tage später war es nun so weit. Ich hatte mich in einem hypermodernen Bürogebäude eingefunden, nervös wie damals, bei meiner ersten und zweiten X-Factor Audition. Und sie ließen mich zappeln. Ich konnte einfach nicht mehr ruhig sitzen bleiben. Wenn sie mich noch länger auf die Probe stellten, würde ich bald eine Spur in die glänzenden Fliesen gelaufen haben.

„Mr. Payne? Wir wären dann jetzt so weit." Eine junge Frau hatte die Tür zu einem geräumigen, kalt eingerichteten Büro geöffnet. Ich folgte ihr hinein und nahm Platz, als sie auffordernd auf einen Stuhl deutete. Die drei Männer, die ich das letzte Mal schon kennen gelernt hatte musterten mich ohne jegliche Emotionen. Nur unter Aufbietung all meiner Willenskraft schaffte ich es, nicht nervös auf meinem Stuhl hin und her zu rutschen.

Eine unangenehme Stille hatte sich über den Raum gelegt und niemand schien diese durchbrechen zu wollen. Eine Gänsehaut hatte sich über meine Haut gezogen, als endlich jemand das Wort ergriff.

„Um es kurz zu machen, Mr. Payne", ergriff der Kerl mit dem grauen Anzug das Wort, ich hatte mir seinen Namen nicht merken können. „Sie und Ihre Musik kommen für unser Lable und unsere Marketingpolitik nicht in Frage."

Bumm. Stille. Ich blinzelte und versuchte zu verarbeiten, was meine Ohren zwar hörten, meine grauen Zellen aber nicht verstehen wollten. Was meinte er damit, ich passe nicht zur Marketingpolitik?

„Ihre Musik ist nicht so erwachsen, wie wir es gerne hätten. Es fehlt die nötige Erfahrung und der Text ist ein wenig flach. Nichts, was wir unseren Hörern gerne vermitteln wollen."

Ich blinzelte. In mir arbeitete es, aber ich war nicht in der Lage, eine klar verständliche, artikulierte Antwort zu geben. Nur mit Mühe brachte ich ein: „Verstehe", heraus. Dann erhob ich mich mechanisch von meinem Stuhl, griff nach dem USB-Stick, der vor mir auf dem Tisch lag und verließ mit steifen Schritten das Büro.

Wie ich am Ende vor Claires Tür gelandet war, konnte ich nicht mehr nachvollziehen. Aber sie war zuhause und sie hatte Brownies. Mit einem tauben Gefühl in meinem Inneren hockte ich auf dem Sofa ihrer neuen Wohnung und wusste nicht wohin mit mir. Claire lümmelte gemütlich zu meiner rechten Seite und kaute genüsslich auf einem noch warmen Schokoladenbrownie.

„Alfo Liam", nuschelte sie mit vollem Mund. „Fo drüft der Fuh?" Während sie sprach rieselten Krümelchen von ihrem Mund in ihren Schoß. Ohne es wirklich selbst zu steuern, hoben sich meine Mundwinkel in die Höhe.

„Ich trage doch gar keine Schuhe", merkte ich trocken an und wackelte mit meinen Füßen, die heute in Kätzchensocken steckten. Harry mochte vielleicht für seinen exzentrischen Style bekannt sein, aber ich ließ keine Gelegenheit aus, ausgefallene Socken anzuziehen.

„Allef klar." Claire rollte mit den Augen und schluckte runter. „Was hat dir aufs Gemüt geschlagen?", formulierte sie um.

Nachdenklich legte ich den Kopf schief. Bei Sophia hatte ich mich oft sehr schwer getan, über meinen Job und meine Karriere zu reden. Auch, weil sie auf einiges negativ reagierte. Aber bei Claire hatte ich das Gefühl, einfach reden zu können und mir keine Sorgen machen zu müssen, was sie von mir denken könnte oder ob sie sich persönlich angegriffen fühlte. Was wohl auch daran lag, dass sie zu meiner besten Freundin geworden war und nicht zu meiner festen.

„Meine Musik ist Mist."

Claire legte den Kopf schief. „Und sagst du das oder wer? Denn wenn du sie selbst für schlecht hältst, dann kannst du was dagegen unternehmen."

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⏰ Last updated: Apr 19, 2019 ⏰

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