1. Wie ich von einer Fußhupe angefallen wurde

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Gehetzt sah ich mich in den überfüllten Straßen um. Es war einer dieser regnerischen Tage und zum wiederholten Male wünschte ich mir, ich wäre im Bett geblieben.

Es war kalt, verregnet und ich war mir sicher, dass ich früher oder später erkannt werden würde. Guckten die Mädchen dort hinten, auf der anderen Straßenseite nicht auffällig oft in meine Richtung oder wurde ich langsam paranoid?

Wahrscheinlich zweiteres, wie mir bewusst wurde, als besagte Mädchen, ohne mir die geringste Beachtung zu schenken, an mir vorbeieilten. Wahrscheinlich wollten sie vor dem nächsten großen Schauer ins Trockene kommen.

Auch ich legte einen Schritt zu. Mich nass regnen zu lassen stand nicht auf meiner To-Do-Liste für heute.

Ein Blick aufs Handy sagte mir, dass ich fast an meinem Ziel angelangt war. Schnell bog ich rechts ab. Nur knapp konnte ich einer Rentnerin mit drei Hunden an der Leine ausweichen.

Strauchelnd fand ich mein Gleichgewicht wieder und wich in letzter Sekunde einem der Hunde aus, welcher nach mir schnappte. Dabei übersah ich allerdings die Fußhupe und trat auf sie.

Ein Jaulen war zu hören und die ältere Dame sah mich geschockt an.

„Können sie nicht aufpassen? Baffo hat auch Gefühle." Besorgt ging sie in die Knie und hob die Taschenratte hoch.

„Mein armes kleines Töfftöff, geht es dir gut?"

Nachdem ich ihr einen verstörten Blick zugeworfen hatte, lief ich kopfschüttelnd weiter. Noch nie hatte ich nachvollziehen könne, wie diese Wadenbeißer als niedlich gelten konnten und warum ältere Damen und abgehobene Stars dazu neigten, sie in ihren Taschen mitzuschleppen.

Hinter mir hörte ich die Dame auf ihren Hund einreden und meinte die Worte ungezogener Rüpel herauszuhören.

Jedoch war mir ihre Meinung herzlich egal, hatte ich doch nur ein Ziel vor Augen. Den Musikladen zu erreichen, bevor der nächste Regenschauer niederging.

Zwei Querstraßen weiter entdeckte ich endlich besagten Musikladen. In verschnörkelter Schrift stand der Name Clark's Music Hall. Das Ladenschild war gänzlich unbeleuchtet und hatte etwas von einem Vintage Buchladen.

Auf den ersten Blick würde man niemals denken, dass es einer besten Musikläden in London, wenn nicht sogar in ganz England war. Das waren zumindest die Worte, mit denen Louis mir den Laden angepriesen hatte.

Schwungvoll drückte ich die Tür auf. Eine Glocke im Ladeninneren bimmelte, als ich eintrat, ein schwall kalte Luft von draußen mitnehmend.

Die warme Luft im inneren des Musikgeschäfts umhüllte mich und erleichtert öffnete ich meinen Mantel, froh, nicht mehr frieren zu müssen.

Neugierig sah ich mich um und war schon jetzt positiv überrascht. CDs und Schallplatten waren ordentlich, nach Genre geordnet, in Regalen ausgestellt.

Interessiert betrat ich das Ladeninnere und lief zu einer Treppe, die ein Stockwerk höher führte.

Erwartungsvoll stieg ich Stufe für Stufe hoch. Mir verschlug es die Sprache, für Niall wäre das gewiss der siebte Himmel.

Musikinstrumente aller Art waren ausgestellte. Von großen Flügeln bis hin zu Triangeln gab es alles, was das Herz begehrte in den verschiedensten Ausführungen.

Langsam ging ich auf einen schwarzen Flügel zu. Er war groß und wunderschön. Kein einziges Staubkorn war zu erkennen und in den Klavierdeckel waren weiße Noten eingearbeitet.

Ehrfürchtig hob ich den Klavierdeckel an und ließ meine Finger über die Klaviatur gleiten. Die weißen Tasten lagen glatt und kühl unter meinen Fingern und mich juckte es in den Fingern etwas zu spielen.

LebenslichtWhere stories live. Discover now