"Ich will, dass Granny den Ehrentag bekommt, den sie verdient, und den kann sie nicht bekommen, wenn so viele Leute zu meinem Schutz da sind", antwortete ich in der Hoffnung, ihn umstimmen zu können.

Dieses Mal war er derjenige, der seufzte.

"Angesichts dieses speziellen Anlasses könnte ich es auch verkraften, wenn sie abgesehen von mir, von einer weiteren Sicherheitskraft begleitet werden würden."

Ich brachte ein dankbares Lächeln zustande, was den Mann etwas verlegen auf das Lenkrad blicken ließ. Dann nahm Kontakt mit meinen anderen königlichen Begleitern auf, um ihnen die Planänderung mitzuteilen. Als alles geklärt war, stieg mein Chauffeur aus und öffnete mir die Autotür. Meine schwarze Clutch, die während der Fahrt auf meinem Schoß geruht hatte, nahm ich in die linke Hand und stieg dann aus dem Wagen aus. Ich zog mir meinen Jumpsuit zurecht und knöpfte im Anschluss den Mantel zu, da es draußen schon ziemlich kalt war. In dieser Zeit war der zweite meiner Begleiter, ein dunkelhaariger etwas jünger aussehender Mann, bei uns angelangt.

Gemeinsam gingen wir in Richtung Trauerkapelle. Vereinzelte schwarz gekleidete Personen verweilten vor dem Eingang des Gebäudes. Die meisten vermutete ich bereits im Inneren, da die Trauerfeier gleich stattfinden würde. Passend zu meiner Ankunft erklang die Kirchenglocke, die den Beginn der Zeremonie ankündigen sollte. Die Menschen vor dem Eingang machten sich daran, hineinzugehen und das taten auch ich und meine zwei Begleiter.

Als wir durch die Tür traten, gelangten wir in eine Art Vorraum. Dort stand ein Tisch mit einem aufgeschlagenem Buch und einem Schild, auf dem stand, dass man gerne ein paar Worte in dieses Buch hineinschreiben könne. Bei näherem Hinsehen erkannte ich rührende Worte an Grannys Angehörige gerichtet. Kurz rang ich mit mir, auch etwas in das Buch hineinzuschreiben, allerdings überkam mich dann das Gefühl, dass mir das nicht zustand.

Auch wenn ich Granny ab und zu besucht hatte, so hatte ich mich trotzdem irgendwie wie eine Fremde in ihrer Gegenwart gefühlt. Wahrscheinlich deswegen, weil ich sie erst vor einigen Monaten durch Mason kennengelernt hatte und in keiner bestimmten Beziehung zu ihr stand. Trotz dieses Gefühls wollte ich ihr meine letzte Ehre erweisen und zeigen, wie bedeutend es für mich war, sie kennenlernen zu dürfen.

Ich wandte mich von dem Buch ab und trat gemeinsam mit meinen königlichen Begleitern in den Raum des Geschehens hinein. Viele Leute, alle in Schwarz gekleidet, hatten sich für den heutigen Tag zusammengefunden. Die ersten Reihen waren gerappelt voll, die hinteren fast ganz leer. Ganz vorne neben dem Rednerpult stand ein hölzerner Sarg. Er war geschmückt mit reichlich bunten Blumen. Die verschiedenen Farben spiegelten Grannys fröhliche Persönlichkeit wider, was mich kurz traurig lächeln ließ.

Vor dem Sarg standen vier Personen, die sich miteinander unterhielten. Es handelte sich um den Pfarrer, Mason und seine Eltern, wie ich vermutete. Es war komisch, Mason nach all diesen Monaten wiederzusehen. Er trug einen schwarzen Anzug und nahm eine traurige Haltung ein. Seine Schultern waren leicht nach vorne gebeugt und er ließ seinen Kopf ein wenig hängen. Bei näherem Hinsehen fiel mir auf, dass er und sein Vater je eine Hand seiner Mutter hielten. Ich fand es rührend, wie sehr die drei sich in dieser Lage zu unterstützen schienen.

"Miss, wo wollen Sie sitzen?", fragte mich der ältere meiner Begleiter und holte mich somit aus meinen Gedanken zurück

Ich überlegte kurz und deutete dann auf die letzte Reihe, in der niemand saß. Er nickte und führte mich zu der Sitzbank. Wir setzten uns und warteten darauf, dass der Pfarrer die Trauerfeier eröffnete. Nur wenige Minuten verstrichen, bis er sich an das Rednerpult stellte und anfing zu sprechen.

"Sehr geehrte Familie Jones, verehrte Trauergemeinde. Wir haben uns heute hier versammelt, um Margaret Jones ihre letzte Ehre zu erweisen."

Er machte eine kleine Pause und fuhr dann fort, indem er nach und nach erläuterte, wie das Programm der Trauerfeier aussah. Er las immer wieder aus der Bibel vor und verband die Textstellen mit Grannys Leben. Es wurden auch Kirchenlieder gesungen, die sie am liebsten hatte.

"Und nun, liebe Trauergemeinde, möchte Margaret Jones' Enkel Mason ein paar Worte mit Ihnen teilen", beendete der Pfarrer seinen Teil der Trauerrede.

Mason, der gemeinsam mit seiner Familie in der ersten Reihe saß stand auf und trat an das Rednerpult. Er richtete sich seine schwarze Krawatte und ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen. Als er in den letzten Reihen angelangt war, schien es, als würde sein Blick an mir hängen bleiben, sicher war ich mir allerdings nicht. Wenige Sekunden, die mir wie Stunden vorkamen, schien er dorthin zu starren, wo ich saß.

Dann räusperte er sich und begann mit seiner Rede.

"Liebe Mom, lieber Dad, verehrte Trauergemeinde, 'der Tod ist gewiss, nur die Stunde ungewiss', heißt es. Nun ist die Stunde gekommen und wir müssen von Margaret Abschied nehmen. Margaret...Granny war immer ein lebensfroher Mensch und für jeden von uns da, egal wie schlecht es ihr selber ging. Wenn einer selbstlos war, dann Granny. Wo Regen in unser aller Leben war, hatte sie wieder Sonnenschein geschaffen. Mit ihren Worten wusste sie immer anderen zu helfen. Doch war Granny nicht nur ein guter Zuhörer und Ratgeber, sie war eine großartige Mutter für Mom und Dad und eine noch viel großartigere Großmutter für mich. Wann immer mich etwas bedrückte, konnte sie mich mit ihren unfassbar leckeren Kuchen und ihren stärkenden Worten aufmuntern. Granny war ein Ruhepol für mich, den ich gerne aufgesucht habe, wenn ich einfach mal Abstand von dem Rest der Welt gebraucht habe. Was das Essen von Granny betraf, so konnte man sich sicher sein, dass man niemals so schlank ihr Haus verlassen würde, wie man gekommen war. Sie hatte einfach immer Angst, man könnte bei ihr vom Fleisch fallen. Ein Nein konnte sie in Bezug auf Essen einfach nicht akzeptieren. Sie war einfach nur einzigartig. Großmutter, Zuhörer, Ratgeber, Freundin, Schutzengel all das ist sie für mich gewesen und wird es immer sein, auch wenn sie nicht mehr länger unter uns weilt. In unserem Herzen und auch in unseren Gedanken lebt Granny weiter. In diesem Sinne: Halten wir sie in Erinnerung, nicht nur heute, sondern jeden einzelnen Tag. Ehren wir sie dafür, dass wir wunderbare Momente mit ihr gesammelt haben, die uns solange bleiben, bis auch unsere Stunde gewiss ist."

◇◇◇◇◇◇◇◇◇◇◇◇◇◇◇◇◇◇◇

Hey meine Lieben,

das ist der erste Teil der Beerdigung von Granny. Ich hoffe, ich bringe das alles mit der richtigen Stimmung rüber. Ich persönlich war noch nie auf einer Beerdigung und habe mich deswegen im Internet und aus Erzählungen über dieses Thema informiert.

Auch wenn der Tod in den meisten Fällen nichts Schönes ist, finde ich es schade, dass er ein Tabuthema ist. Sterben muss jeder, warum also wird dieses Thema meistens totgeschwiegen (wortwörtlich)?

Kürzlich war ich mit meiner Klasse in einem Hospiz und ich muss sagen, das war eine der wertvollsten Erfahrungen, die ich in meinem Leben gesammelt habe. Ich dachte, in diesen Einrichtungen würde die Trauer Überhand nehmen, da der Tod dort etwas Alltägliches ist. Das war überraschenderweise nicht der Fall. Alleine die Einrichtung war hell und freundlich gestaltet. Man hat sich dort einfach wohlgefühlt, trotz des Gedanken, dass Menschen da zum Sterben hingehen. Der Tod ist dort nichts Schlimmes, es wird darüber geredet und es geht dort durchaus auch mal fröhlich und nicht durchgehend traurig zu.

Ja, soviel dazu. Vielleicht wollt ihr ja eure Meinung zu dem Thema Tod/Beerdigung oder Hospiz in den Kommentaren teilen. Oder schreibt mich privat an, falls ihr jemanden zum Reden braucht. Wenn nicht, ist es nicht schlimm. Ich respektiere es, wenn ihr nicht darüber reden wollt.

Bis bald ❤

_summergirl_2001🌹

The Royal Family ~ Lasst das Chaos beginnen | ✓Where stories live. Discover now