Tag 9 // Tag 7

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Mein Blick flog weiter zu Maya, die Nathalie half. Maya sah aus wie das liebe Mädchen von nebenan mit ihren blonden langen Haaren und dem niedlichen Gesicht. Sie trug eine weiße Bluse, was sie noch einmal mädchenhafter wirken ließ. Ich blinzelte wieder und begriff, warum die Leute dachten, dass sie keiner Fliege was zu Leide tun würde, aber sie irrten sich. Maya hatte einen messerscharfen Verstand und bewiesen, dass sie durchaus austeilen konnte. Meist, wenn man es am wenigsten vermutete.

Von Maya aus sah ich zu Logan, der sich gerade aufrichtete und sich streckte. Er trug wie immer ein kariertes Hemd, wodurch er mit seiner Hornbrille und seinen verwuschelten Haaren umso mehr wie ein Nerd aussah. In der Schule zählte er nicht zu den Coolen, weil er sich für Naturwissenschaften interessierte und kein Gefallen an dämlichen Saufgelagen fand. Stattdessen spielte er gern Videospiele und diskutierte über seine Lieblingscomichelden. Aber ich wusste, dass Logan ein Auge für das Detail hatte und immer haargenau wusste, wie es einem ging. Er sagte immer im richtigen Moment die richtigen Worte. Ich wusste, dass Nat sich ohne zu zögern auf meinen Feind stürzen würde, aber Logan würde hinter mir bleiben, damit niemand mir ein Dolch in den Rücken jagen konnte.

Und dann, dann sah ich zu Kyle, dem Jungen, in den ich mich hoffnungslos verliebt hatte. Er tüftelte noch immer an dem Ghettoblaster herum. Seine Haare standen ebenfalls kreuz und quer, was ihn verwegen aussehen ließ. Er trug ein einfaches Shirt und man konnte seine Muskeln sehen. Dann sah er auf und ich blickte in seine strahlend blauen Augen, in sein wunderschönes Gesicht. Ich fand Kyle schon immer attraktiv, keine Frage. Aber erst als ich ihn kennenlernte, erkannte ich, wie schön er tatsächlich war. Einfach weil er nicht nur schön von außen, sondern auch von innen war.

Die Menschen in der Schule hielten ihn für einen Frauenhelden, ein Arschloch ohne Gefühle und diese Rolle hatte er hervorragend gespielt, das musste ich zugeben. Aber es steckte so viel mehr in diesem Menschen als nur das. Die Leute wollten es bloß nicht wahrhaben, weil es nicht in ihr Klischee passte. Kyle Thompson war für sie die Nummer sieben. Fußballer und Frauenheld. In Wirklichkeit war er so viel mehr.

Kyle sah mich immer noch an, als er den Ghettoblaster links liegen ließ und auf mich zu kam.

»Hey Jo!«, brüllte Nat und winkte wie verrückt. »Schön, dass du es auch endlich mal geschafft hast.« Ich streckte Nathalie die Zunge heraus und widmete mich dann wieder Kyle, der jetzt vor mir stand und mich küsste.

»Nehmt euch ein Zimmer!«, brüllte Nathalie wieder und ich ließ lachend von Kyle ab.

»Vielleicht tun wir das auch«, murmelte Kyle und zwinkerte mir grinsend zu. Hand in Hand liefen wir zu den anderen. Inzwischen tönte Musik aus dem Ghettoblaster. Ich begrüßte die anderen und wir begannen, unsere Getränke auszupacken. Nat zündete sich eine Zigarette an und Kyle und Logan stießen mit ihren Bierflaschen an. Zusammen betrachteten wir den Sonnenuntergang und schossen hier und da ein paar Bilder.

Als die Sonne untergegangen war und der Himmel sich verdunkelte, setzten wir uns zusammen. Ich saß mit Kyle auf der Bank und die anderen drei ließen sich in den mitgebrachten Campingstühlen nieder.

»Wie geht es jetzt für euch weiter?«, fragte ich schließlich, nachdem wir über alles Mögliche gesprochen hatten. Kurz herrschte Stille. Dann warfen sich Logan und Maya einen intensiven Blick zu. Logan straffte die Brust.

»Maya und ich werden erst einmal ein bisschen herumreisen«, erzählte er. Dabei sah er nicht mich an, sondern Nathalie. Ich kannte Logans Plan schon, aber Nat nicht. Nathalie setzte langsam ihre Bierflasche ab und warf Logan ein träges Grinsen zu.

»Und du denkst, ich bin jetzt sauer auf dich, was?«, meinte sie und zog eine Augenbraue hoch. Logan wurde rot.

»Na ja, also ...«, stammelte er. Nat winkte ab.

The Bucket ListWo Geschichten leben. Entdecke jetzt