Three Months

11 || Catfishing

Broken Record - Hollywood Undead

Wir sprachen nicht darüber. Ich hatte eigentlich gehofft, dass Noah und ich nochmal über Freitagabend und den Kuss sprechen könnten, aber er war die ganze Woche nicht in der Schule gewesen und ihn über WhatsApp darauf anzusprechen, war mir zu blöd.

So ließ ich das Thema einfach auf sich beruhen und fragte mich weiterhin, was nun aus uns werden sollte. Meine gemischten Gefühle waren dabei keine große Hilfe. Ein Teil von mir wollte einfach alle Ängste über Bord schmeißen und Noah nach einem Date fragen, aber der andere Teil sagte mir, dass ich das Ganze abbrechen sollte, bevor es zu spät war und ich mich wirklich in ihn verliebte.

Da gab es aber zum Glück noch Carlos, mit dem ich fast täglich schrieb und der mich auf andere Gedanken brachte. Eigentlich hätte ich es ihm der Fairness halber schon längst sagen müssen, dass ich kein Interesse mehr an einem Date hatte und das zwischen uns nicht mehr als eine Freundschaft entstehen konnte.

Aber das hatte ich bisher immer aufgeschoben und heute, am Tag des Dates, brachte ich es nicht mehr übers Herz. Ich könnte es ihm ja heute Abend persönlich sagen, wenn wir uns trafen.

Und so machte ich mich nach der Schule zu Fuß auf den Weg zu Noah, da er auch heute wieder gefehlt hatte. Hoffentlich war er wenigstens zu Hause, sonst wäre ich den Weg ganz umsonst gelaufen.

Als ich aber an der Haustür klingelte, wurde mir sofort geöffnet. Noah stand in Jogginghose und T-Shirt vor mir und sah so aus, als wäre er gerade erst aufgestanden. Er fuhr sich mit einer Hand durch die verwuschelten Haare, um sie wenigstens etwas in Form zu bringen. Trotzdem hing ihm eine widerspenstige braune Strähne weiterhin ins Gesicht, was dem ganzen einen etwas verruchten Anblick gab. Selbst so sah Noah unglaublich heiß aus, während ich nach dem Aufstehen eher einer zu lang gekochten Kartoffel ähnelte.

"Hey, Luna. Komm rein", begrüßte er mich und machte mir Platz, sodass ich eintreten konnte.

Wir holten uns noch etwas Nervennahrung, bevor wir uns an den Schreibtisch setzten und mit Französisch begannen.

"Und das futur simple von faire bildest du dann einfach so", erklärte mir Noah und schrieb einige Vokabeln auf meinen Block.

"Ahh jetzt habe ich das endlich verstanden, so schwer ist das ja eigentlich gar nicht", freute ich mich. Wenn Noah mir zeigte, wie ich die verschiedenen Zeiten zu bilden hatte, verstand ich es plötzlich sofort, während ich bei meiner Lehrerin selbst nach fünf Doppelstunden noch keinen blassen Schimmer davon hatte, wie genau das futur simple zusammengesetzt war.

"Eben. Du bist gar nicht so dumm, wie du aussiehst", zog er mich auf, wofür ich ihm empört meinen Ellenbogen in die Seite stieß. Noah lachte nur und ich fiel mit ein.

Wir alberten noch ein bisschen herum, bis ich einen Blick auf mein Handy warf. Mit Schrecken stellte ich fest, dass es bereits nach sechs war und ich nur noch weniger als zwei Stunden bis zu meinem Date mit Carlos hatte.

"Ich muss los", sagte ich zu Noah, obwohl ich eigentlich gerne noch etwas geblieben wäre. Ich hatte gar keine Lust auf das Date, denn ich fühlte mich so, als würde ich Noah hintergehen.

"Jetzt schon?", fragte er enttäuscht. "Ich hatte gedacht, dass du vielleicht noch Lust hast, ein bisschen zu bleiben. Wir könnten Pizza bestellen oder so." Noah kratzte sich am Nacken und ich hatte das Gefühl, dass ich ihn zum ersten Mal etwas verlegen erlebte.

Er fragte mich zwar gerade nicht direkt nach einem Date, aber wir hatten uns eigentlich noch nie außerhalb der Nachhilfe oder durch irgendwelche Zufälle getroffen.

"Vielleicht können wir das ja wann anders wiederholen", versuchte ich Noah aufzuheitern und mich gleichzeitig selbst über die verpasste Gelegenheit hinweg zu trösten.