Kapitel 11 - White flags are hoisted

27 1 0
                                    

Ich konnte die Wahrheit nicht wahr haben, meint meine Mutter .
Ich war noch viel zu jung, meint meine Mutter .
Das hätte mich komplett zerstört, meint meine Mutter.

Und sie hat recht.

War das der letze Fehler?

"Deswegen habe ich dich auch nie zu deinem Vater gebracht. Es wäre unmöglich, er ist Tot, Thalia" sagt meine Mutter mit einer ruhigen Stimme.

"Das war er dir angetan hat, dafür kannst du nichts, und der Junge der ihn umgebracht, der mit feuerroten Haaren, dafür kannst du auch nichts."

Die Worte hallen in meinem Kopf hin und her.
Gerard soll angeblich meinen Vater umgebracht haben, nachdem er mich missbraucht hat. Dasselbe soll er auch mit Lisas und Franks Vater gemacht haben, nach dem Frank missbraucht haben.
Er und Ich hatten dieselben Symptome.
Folie à deux, so nennt Franks Artzt die Psychose.

"Thalia, Gerard kann nicht real sein, ihr, du und Frank, ihr hattet einfach eine schlimme Kindheit. Tut mir leid"

Im selben Moment fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ich erinner mich. Die Sitzungen mit meiner Mutter beim Arzt, wie konnte ich die vergessen ? Die Medikamente, die Sprechstunden.
Und auf einmal verblasst auch die Erinnerung an Gerard. War er wirklich echt ? Kann ich mir selber überhaupt noch glauben, jetzt wo ich nichtmal meine eigene Kindheit kenne ?

Die Welt wird immer dunkler und dunkler und meine Augen suchen ein Licht, an dem ich mich festhalten kann.
Alles dreht sich und wird dunkler, blauer, nasser.
Ich laufe los, so weit wie meine Füße mich tragen können. Hinter mir höre ich nur " Lass sie alleine, sie braucht Zeit das zu verarbeiten" eine Person sagen, mit einer mir bekannten Stimme. Kenne ich diese Person? Ich bin am Waldrand angekommen.
Meine Haut ist plötzlich zu eng für meinen Körper. Ich fühle mich dreckig. Die Art von dreckig, die man nicht mit Seife waschen kann. Dreckig von innen. Meine Füße werden nass, nass von Blau-schwarzen Wasser. Ich will nach Gerard rufen, ihm sagen, dass ich ihn in verstehe. Aber er ist weg und wird nie wieder kommen. Ich habe das Gefühl meine Lungen platzen gleich.
"Ich habe es verstanden. Bitte Gerard, ich verspreche es"
Doch alles wird dunkler, schwärzer und nasser. Es wird immer kälter und meine Knochen fangen an zu frösteln. Ich schließe meine Augen doch die Salzige Flüssigkeit sickert durch. Ich schließe sie so fest ich kann, aber es sickert trozdem durch . Ich fröstel, ich zitter und ich bin so, so dreckig.

Ich bemerke, dass ich um Gerard bitte, dass Gerard zurück kommt, doch er wird nie zurück kommen, den er ist nicht real . Ich bin ein Idiot, verloren in meinen eigenen verrückten Kopf, nicht fähig mich zu erinnern, oder das reale zu erkennen.
"Bitte" kreische ich so laut es geht von der Spitze meiner Lungen, bis mein Zwerchfell zittert. Ich bin so dreckig.
"Oh Bitte!"
Das Wort ertönt aus dem ganzen Wald als Echo wieder, von Baum zu Baum und ich fühle das Wort in mich hinein sinken. Sie umschlingen meine Knochen und lassen diese vibrieren.
"Bittebittebittebitte"
"Wo bist du !?" Schreie ich.
"Ich brauche dich! Ich brauche dich, verdammt nochmal! Bitte!"
Meine Hände sind auf meinem Kopf, ziehen an meinen Haaren und zerkratzen meine Haut. Meine Nägel reisen durch die weiche Haut meiner Wangen. Sie reißen fest, und der Schmerz ist wahrscheinlich das realste, was ich jemals gespürt habe.
Es tut weh.
Ich schluchzte und lache trozdem, denn ist das nicht das Beste ?
"Ich bin real!" Schreie ich nochmal und schaue zum Himmel.
"Ich existiere! Warum du nicht!?"
Ich kollabiere auf dem kalten Boden.
"Warum bist du nicht echt?" Kreische ich.
"Warum. Bist. Du. Nicht. Echt !?"
Verlange ich, und bei jeden Wort schlägt meine Hand gegen den harten Boden.
Ich verstumme plötzlich, als ich realisiere, dass ich vor dem Baumhaus liege. Unser Baumhaus.
Ich gehe nochmal alle Erinnerungen durch.
Das Schließfach, der Handkuss, die Umarmungen, alles war nicht echt.
Es war nie echt.
Mit einem erwürgendem Schrei der Qual drücke ich mich hoch, und Kletter hinauf zum Baumhaus.
Es ist dunkel. Leise. Die Luft ist schwer und ich spreche nicht.
Ich sitze nur da, und schaue das Feuerzeug an, welches auf dem Boden liegt. Meine Tränen fallen darauf.
Ich hebe es langsam auf und mache es an.
Die Flamme glüht in der Dunkelheit und ich halte sie nach an die Wand des Baumhauses.
Ich lasse es da und beobachte, wie das Holz immer dunkler wird als es ankokelt. Eine Weile passiert nichts, doch dann fängt das Holz Feuer. Ich mache das Feuerzeug aus und schaue hypnotisiert zu, wie die Flamme sich vergrößert und vergrößert.
Ich liege mittlerweile auf dem Rücken und schaue zu, wie die Flamme das Dach erreicht.
Der Raum füllt sich mit Rauch, und irgendwas sagt mir, ich soll aufstehen und wegrennen, doch ich habe keine Kraft dafür. Ich liege da, die Dunkelheit immer näher kommen.

Wie ich mich fühle?

So lebendig wie noch nie.

Do You Know What I'm Seeing?Where stories live. Discover now