Kapitel 2 - 20 Dollar Nose Bleed

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Pünktlich um 14 Uhr sitze ich nun auf dem Sofa im Wohnzimmer. Zum Glück ist um diese Uhrzeit niemand anderes im Haus, bis auf mir. Meine Mutter arbeitet bis 3, manchmal bis 4, dafür fängt sie aber erst um 9:00 Uhr an. Mein Vater - der ist nicht mehr da. Er ist mit einer anderen Frau durchgebrannt und ist nun irgendwo in Russland. Vielleicht auch nicht. Wer weiß was in seinem Kopf vorgeht.

Die Titelmelodie fängt an meiner absoluten Lieblingsserie. Attack on Titan. Jeden Tag läuft das um 14 Uhr und ich lasse mir keine Folge entgehen. Zum Glück ist die Staffel bis zum Schulbeginn rum, sodass ich also nichts verpasse wenn ich mal länger Schule haben werde. Die nächste Staffel sollte sogar bald in den Herbstferien raus kommen. 'wie passend' denke ich mir nur.

Ca. 40 Minuten später ist die doppelfolge auch schon vorbei und ich gehe ins Bad um meine Blase zu entleeren, die langsam schon unangenehm gedrückt hat.

So ging es bis Freitag weiter und das Wochende habe ich gemütlich in meinem Zimmer mit lesen und Musik hören verbracht. So wie jedes Wochende im Prinzip. Am liebsten lese ich Bücher von Sebastian Fitzek, mit passender Musik von Green Day oder Fall out boy dazu . Leider konnte ich nie Tickets für einer ihrer Konzerte erwischen. Einerseits waren sie zu teuer, andererseits auch schon zu schnell ausverkauft. Schade.

Schade nicht nur wegen den Tickets, sondern auch das, dass morgen wieder Schule ist. Mein erster Tag in der elften Klasse. Und ich würde den Zettel für den Austausch abgeben.

Meine Mutter hat lautstark protestiert, dass ich 4 Monate weg sein würde. Zum Glück konnte ich sie einigermaßen überreden. Mit dem Argument, dass die Noten dieses Jahr nicht ins Abi mit einfließen, und ich somit ruhig länger weg sein könnte, konnte ich sie am Ende dann umstimmen.

Nach einer unruhigen Nacht und zu früh beginnendem Tag, sitze ich nun an meinem Tisch in der Schule. Ich bin so froh, dass ich alleine an einem Tisch sitze. Ansonsten habe ich in der Klasse auch keine Freunde. Allerdings habe ich andere Freunde, die kein Abi machen und eine Ausbildung angefangen haben. Dafür sehe ich diese aber nicht mehr so oft.

Am Ende der scheinbar nie aufhören wolltenden Doppelstunde Geschichte, eile ich in Richtung Haus A, wo die Lehrer und die Schulleitung ihren Platz haben. Das Haus wirkt bedrückend auf mich. Es ist von innen alles so Steril eingerichtet, aber trozdem riecht es darin unangenehm, nach Lack und Latex. Ich kann mir nicht erklären warum es da so riecht, aber ich weiß, dass ich das nicht mag. Deswegen bin ich ungern darin, aber heute muss ich da durch, um meinen Zettel für den Austausch abzugeben.

Ich klopfe an dem Büro der Oberstufenleiterin, Frau irgendwas-mit-S, Und versuche sie dann letztenendes zu öffnen. Vergebens. Es ist abgeschlossen. Soll ich nächste Pause wieder kommen ? Soll ich ins Lehrerzimmer gehen und nach ihr fragen? Wieso kann die Frau nicht einfach in ihrem Büro sein. Ich entscheide mich dafür, in das Lehrerzimmer zu gehen und nach ihr zu fragen, da sie nächste Pause vielleicht Gar nicht mehr da ist, so eigen wie die Schule und ihre Lehrer sind.

Ich blicke den Gang entlang, an derem Ende das Lehrerzimmer liegt.
Mit jedem Schritt in diese Richtung wird der unangenehm Geruch intensiver und ich spüre bereits meinen Würgereitz, obwohl ich nichtmal die Hälfte des Ganges bezwungen habe. Ich bewege mich mit langsamen Schritten vor während andere Schüler und Lehrer an mir vorbei zu rennen scheinen.

Mit einem schock drehe ich mich um, als mich jemand an der Schulter packt, und ich dabei eine eisige Hand an meinem Herzen spüre. Umgedreht musste ich aufblicken ins Gesicht meines Klassenlehrers.

Er redet auf mich ein doch ich bekomme nur Fetzen davon zu hören was er sagt, etwas von " wie waren deine Ferien" und "geht's dir gut". Die Kälte von meinem Herzen ist verschwunden, und mein Mageninhalt schließt sich dem an.

Ich habe ernsthaft auf das Hemd meines Klassenlehrers erbrochen.
Mist. Aber warum ist er so ruhig?
Er reicht mir nur ein Taschentuch, während er mit einem anderem sein Hemd etwas säubert .
Hier passiert gerade alles viel zu schnell für mich.

"Es tut mir so leid" höre ich mich sagen, als stünde ich neben mir.

"Schon gut Thalia, soll ich dich vom Unterricht heute lieber Freistellen? Du bist blass" formen seine Lippen, während ich kurz vor einem Tränenausbruch stehe.
Wie konnte sowas passieren. Und das gleich am ersten Schultag. Aber wie kann ich immer noch so ruhig sein ?
Und wie bin ich in dem Büro meines Klassenlehrers geladent?

Er hat mich wohl hierher geführt, als ich in meinen Gedanken gefangen war.

"Was ist los Thalia? Willst du reden ?"

"N-nein, alles gut bei mir. Ich habe nur schlecht gefrühstückt" Log ich .
Ich habe nichts gefrühstückt. Zum Glück, sonst wäre noch mehr aus mir heraus gekommen .

" Was hast du da die ganze Zeit in deiner Hand, Thalia?"

"Einen Zettel für Frau-Frau ..." Mist mir fällt der Name nicht ein

"Frau Schäfer?"

"Genau, die Oberstufenleiterin" mit jeder Silber wird meine Stimme leiser . Mir ist das alles so unangenehm.

"Soll ich ihr das geben? Wir haben heute Nachmittag eine Konferenz und vorher wird sie sich in der Schule sicher nicht blicken lassen."

Ich nicke.


Ich Krempel meine Ärmel hoch. Es ist wärmer geworden, und die Sonne scheint mich direkt an auf dem weg nach Hause. Dem Himmel sei dank endete mein Unterricht heute schon um 14:00 Uhr.

Mich erfüllt eine eigenartige Wärme von innen. Es ist ein Gefühl von gelb-orange . Die anderen würden 'Freude' sagen aber ich kann Gefühle so besser beschreiben . Für mich ist es keine Freude, sondern gelb-orange.

Aber warum erfüllt mich gerade jetzt diese Farbe? Weil ich den Zettel abgegeben habe und ich somit in zwei Wochen nach Amerika fliege ?
Weil ich die einzige bin an der Schule die an diesem Austausch teilnimmt?
Weil ich in eine super tolle Pflegefamilie komme und ich bereits die Nummer des Mädchens habe?
Ich weiß es nicht, aber ich mag diese Farbkombination.

Mit einem grinsen im Gesicht blicke ich gen Himmel und damit ein wenig zu nah an die Sonne. Ich reibe meine Augen danach und als ich sie öffne, erblicke ich einen jungen Mann mit Feuerroten Haaren vor mir, der jedoch beim nächsten Blinzelschlag wieder verschwunden war.

Do You Know What I'm Seeing?Where stories live. Discover now