Kapitel 8 - Lying Is the Most Fun a Girl Can Have Without Taking Her Clothes Off

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Es fühlt sich an wie ein Déjà-vu.
Die Baumhaustür kracht hinter mir zu, gefolgt von einem spitzen Schrei meinerseits. Nur hört sich der Schrei nicht spitz an, sondern wird von einer weichen Hand abgedämpft.

"Wieso musst du immer schreien wenn du mich siehst, Thalia?" Sagt die Person der die Hand gehört spielerisch.
Meine stimmbänder verstummen, im Gegensatz dafür spüre ich Panik in mir aufkommen.
Was macht Gerard hier?
Er muss ein verrückter sein, er ist gestern Nacht in Lisas Haus eingebrochen und hat mich verfolgt!
Ich schlucke den Klos in meinem Hals runter.
"Wer bist du? Du bist nicht Lisas Bruder!"

"Das habe ich auch nie gesagt, Thalia"

"Du sagtest du wohnst in dem Haus?!"
Meine Stimme klingt mittlerweile fester.

"Ja das tu ich auch zum Teil" er scheint zu zögern beim nächstem Satz.
"Weißt du Thalia, ich und Frank sind Freunde und ich bin oft bei ihm. Aber du kennst doch Frank, er lässt sich nie blicken und deswegen besuche ich ihn oft abends und nachts und oh Gott du glaubst mir sicher nicht"

Wieso denkt er, dass ich ihm nicht glaube? Ich bin selber überrascht wie viel Vertrauen ich seinen Worten schenke. Vielleicht tu ich das auch nur, weil der Gedanke er sei nur ein Freund von Frank besser ist, als zu denken er sei ein verrückter.

"Nein erzähl weiter, Gerard. Aber wieso denn immer abends oder nachts?"

"Weißt du, Frank ist ein wirklicher besonderer Mensch. Er kommt von der Schule nachhause und schläft dann bis abends. Dann komme ich oft zu ihm und wir verbringen die Zeit bis die Schule wieder anfängt."

"Seid ihr dann etwa die ganze Nacht wach in seinem Zimmer oder wie?"

"Naja, manchmal geh ich in die Küche um mir einen Snack zu holen" er zwinkert mir zur und wieder spüre ich eine Farbexplosion in mir. Wie kann er nur.

Mittlerweile sitzen wir mit dem Rücken an die Wand gelehnt im Baumhaus und unterhalten uns.
Er erzählt mir was er mit Frank manchmal unternimmt.
Im Sommer fahren sie nachts oft an einen See und schwimmen. Im Winter wiederum zum späten Weihnachtsmarkt.
Gerard und Frank sind echt zwei verrückte Typen.
Es fühlt sich gut an sich mit Gerard zu unterhalten, sogar so gut, dass ich die Zeit komplett vergesse, und das Versprechen an Lisa, dass ich wenn es dunkel wird wieder zuhause bin.

Erinnert habe ich mich erst daran, als ich Lisas und noch eine Stimme meinen Namen rufen höre.

"Mist. Ich muss jetzt gehen Gerard. Willst du nicht mitkommen?"

"Nein danke, Thalia. Ich bleibe noch etwas im Baumhaus. Ich hoffe wir sehen uns morgen wieder" mehr sagt er nicht.
Erst als ich auf der Hängeleiter auf dem Weg zum Boden bin bewegen sich seine Lippen wieder.
"Erzähl lieber niemanden von mir. Es wäre besser für dich, mich nicht zu kennen"

~

"Was hast du die ganze Zeit im Baumhaus gemacht?" Fragt mich die neugierige Stimme von Lisa beim Abendessen. Diesmal isst sogar Frank mit am Tisch.

"Ich weiß auch nicht, ich habe die Natur einfach genossen." Es tut mir weh Lisa anlügen zu müssen.
Hätte Frank mich auf dem rückweg nicht auch noch überredet niemanden von Gerard zu erzählen, hätte ich das sicher nicht gemacht.
Deshalb kennt Lisa Gerard nicht. Weil Frank auch niemanden von ihm erzählt hat. Aber warum nicht?
Stimmt etwas nicht mit ihm ?
Ich würde Frank sicher später nach ihm ausfragen, aber momentan tut Lisa das mit mir.

"Thalia, bist du dir immer noch sicher, dass gestern Nacht jemand in der Küche war?"

"Nein da war niemand. Ich hatte einfach nur einen schlechten Tag. Da bin ich mir jetzt sicher" der Schmerz sie anlügen zu müssen wird immer größer. Ich kann sowas einfach nicht.

Der Rest des Abends verlief relativ langweilig, genauso wie meine schlaflose Nacht.
Am nächsten Morgen sind Lisa und ihre Mutter zum Gottesdienst gegangen. Ich wollte die Chance nutzen um mit Frank zu reden, nur hat er geschlafen und ich wollte ihn ungern wecken. Also wartete ich. Bis ich abends wieder einschlief.

Und nun sitze ich an einem öden Montag morgen in der Schule, und kann der Lehrerin kaum folgen.
Zu meinem ungusten schreiben wir einen kleinen Test. Mist, davon wusste ich nichts.

Panisch schaue ich mir die ankreuz Fragen auf dem Blatt an. Woher soll ich die Antworten kennen, ich war letze Woche noch nicht mal in diesem Unterricht.
Mein Sitznachbar muss meine Panik bemerkt haben, denn er stupst mich mit dem Fuß an, und legt sein Blatt so, dass ich es sehe.
Ich bin gerettet, er lässt mich abschreiben!

In der Mittagspause erkenne ich den Jungen der mich abschreiben gelassen hat wieder und setze mich zu ihm.
"Danke, dass du mir geholfen hast."

"Gerne doch. Du konntest die Antworten auch gar nicht kennen, du bist ja erst seit Freitag an der Schule oder?"

"Ja. Ich bin übrigens Thalia. Danke"

"Ich bin Tom. Ich hatte dich Freitag nur in den ersten beiden Stunden gesehen, warst du danach wieder weg?"

Mist was soll ich sagen. Dass ich in einem Spind eingeschlossen war? Er würde mich für einen Looser halten.

"Mir ist was unangenehmes passiert und ich musste wohl oder übel nach Hause gehen" stotter ich vor mich hin. Ich will nicht wieder lügen müssen.

"Schon gut Thalia"

Und so habe ich einen weiteren Freund gefunden. Tom. Er ist unglaublich Verständnissvoll und hat nicht nach Sachen nachgehackt, die mir unangenehm sind. So habe ich die Mittagspause mit ihm verbracht und die restlichen Unterrichtsstunden.

Nach der Schule konnte ich mit Lisa und ihm noch etwas nach Hause laufen.

"Schön, dass du Freunde gefunden hast, Thalia" sagt Lisa als Tom sich von uns verabschiedet hat.

"Ja. Wir haben sogar die meisten Unterrichtsstundne zusammen. So bin ich nicht mehr so einsam, wenn du mal nicht da bist Lisa"

"Du weißt ich bin immer für dich da" sagt sie und legt ihren Arm um meine Schulter.

"Und du weißt ich bin immer für dich da" sage ich während ich meinen arm um ihre Schulter lege.

So laufen wir weiter bis zu Lisa nach Hause.

Dieser Austausch ist das beste was mir je passiert ist.

Kaum bin ich eine Woche hier und ich habe mehr Freunde gefunden als ich  jemals hatte.

Lisa, Gerard, Tom. Zum Teil sogar Frank.

So viele helle Farben schwirrten noch nie in mir herum.
Noch nie hatte ich so viel Freude empfunden.
Woher sollte ich da wissen, dass ich bald gar keine Farben mehr spüren würde?

Do You Know What I'm Seeing?Where stories live. Discover now