6- "Grins nicht so zufrieden. Ich bin immer noch wütend auf dich."

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Und mit einer neuerlichen Bewegung riss er mich von den Beinen und schleuderte mich gegen das Dach des Käfigs. Das kalte Metall grub sich in meinen Rücken, in meine Schulterblätter. Und mir gingen nur noch zwei Dinge durch den Kopf.

Erstens: Er verwendete meine Kräfte. Gegen mich.
Ich wusste nicht wie. Ich wusste nicht, was er war, dass er sowas konnte. Aber er griff in meinen Kopf und pflückte sie heraus, als wäre ich eine Fruchtschüssel.

Das Ganze wurde nur noch von dem zweiten Gedanken verschlimmert: Ich musste mich übergeben. Und das würde echt ekelhaft werden.

Als erahne er das herannahende Desaster, ließ Nyam mich spontan wieder fallen.

Ich schnappte nach Luft, als ich auf dem Boden aufprallte. Jeder Knochen in meinem Körper stauchte sich zusammen und setzte meine Brust in Flammen. Stöhnend rollte ich mich auf die Seite und kam Angesicht zu Angesicht mit Calean. Er war aufgewacht, aber anstatt von Erleichterung mich zu sehen, sammelte sich purer Horror in seinen grauen Augen. Seine Angst fand ihre Familie in meiner. Wir waren so gut wie tot.

Eine einzelne Träne des Schmerzes entwischte mir, ehe der Herold mich wieder auf die Füße zog und zur Belustigung der Leute eine volle Drehung vollbringen ließ.
„Also, Gwinn, ich würde ja sagen, es war nett, deine Bekanntschaft gemacht zu haben, aber..." Er ließ den Satz unvollendet, als könne er nicht um das Ende bemüht werden. Stattdessen trat er so nahe an mich heran, dass die Dunkelheit um seine Figur, sich ebenfalls um mich legte.
„Ich kann dich hier rausholen."

Stockend versuchte ich zu Atmen.

„Gerüchtehalber weißt du, wer der letzte Nebelflüsterer ist und wie es das Schicksal so will, könnte ich einen dringend gebrauchen."
Beinahe behutsam griff er mir ins Genick und zog mich ein Stückchen höher in die Luft, bis nur noch meine Fußspitzen das Stroh berührten.

„Ein einzelner Nebelflüsterer macht keinen Sinn", brachte ich keuchend hervor, in einem verzweifelten Versuch Zeit zu schinden. Es gab nichts in dieser Welt, dass er mir bieten konnte, um meine eigene Schwester zu verraten. Nichts.

„Einer reicht, wenn man kein Interesse an ihrer merkwürdigen Waffe hat. Sieh es eher als eine Art Ablenkungsmanöver für den König, während ich mich um etwas Persönlicheres kümmere", zischte er in mein Ohr und vor meinen Augen blitzte das Bild einer rothaarigen Frau auf.

Trocken schluckte ich gegen die Worte in meinem Mund an. Ich kannte diese junge Frau. Wirklich jeder in diesem Land hatte in den letzten Monden ihr Gesicht auf ein Blatt Papier gezeichnet gesehen. Das war die Kronprinzessin. Die verschwundene Tochter des Königs. Und er hatte sie gefunden.

Die Gedanken in meinem Kopf rasten. Ich war bereit für Garcy mein Leben zu geben. Ich würde nicht einmal zögern. Aber Calean? Ich war noch nie in einer Situation gewesen, dass mir eine zweite Person ähnlich viel bedeutete. Und genau in diesem Moment, unter den Augen hunderter blutdürstiger Zuschauer und unter verzehrenden Schmerzen, musste ich mir das erste Mal eingestehen, dass ich Calean nicht sterben sehen wollte. Ganz im Gegenteil. Ich wollte ihn retten. So sehr.
Und das konnte ich nur, wenn ich selbst überlebte.
„Einverstanden", brachte ich atemlos hervor und Nyam musste sich näher beugen, um meine Antwort zu verstehen, „Ich finde für dich den Nebelflüsterer."

Etwas, das ich bei jedem anderen als Erleichterung beschrieben hätte, huschte durch die Augen des Herolds und er ließ mich zurück auf den Boden. Leider gaben meine Knie sofort nach und ich fiel ins Stroh.

„Dann müssen wir diese Vorstellung nur noch zu Ende bringen, denn ihr wisst: Niemand verlässt lebend eine Arena."
Und mit einem Schnipsen explodierte die Welt für mich.

Jagd der Nebelflüsterer - Der WunschdompteurWhere stories live. Discover now