»Die Gefangenschaft«

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•Simon•

Das Quietschen der Tür erklang.
Ich wollte meine Augen gar nicht erst öffnen, zu sehen wäre sowieso nur schwarze Leere.

Er kam auf mich zu und stellte sich vor mich. Das macht er öfters in letzter Zeit.

Seitdem er weiß, dass ich mich nicht mehr wehre, provoziert er mich und läuft um mich herum, wie ein Löwe der seine Beute betrachtet.
"Ich hab es doch gesagt, ich werde dich finden." sagte er mit seiner rauen Stimme.

"Das sagst du jeden Tag. Seit ich hier bin, sagst du mir das."

Langsam gewöhnte ich mich an meine brüchige Stimme. Sie klang heißer, vom Schreien und von den vielen Würgeattacken seinerseits.

Ich sah mich zwar nicht, aber ich wusste, wie schlimm mein Hals aussehen muss.

Nicht nur der.

Mein ganzer Körper war eine einzige Verletzung.
Ich wusste nicht, wie lange ich schon hier war, jedoch können es nicht nur ein paar Tage oder Wochen sein.

Oder ich habe jegliches Zeitgefühl verloren und es handelt sich nur um Stunden.

"Werd nicht frech, immerhin kannst du mir doch diesen einen kleinen Sieg lassen. Nachdem du mich in den Knast gesteckt hast. Niemals kamst du mich besuchen, wir haben uns doch geliebt, du hast mich geliebt. Vielleicht bist du ja jetzt reif genug diese Liebe auch auszuleben."

Irgendwie klang er hoffnungsvoll, oder mein Trommelfell war so beschädigt, dass eher Abscheu in seiner Stimme lag. Auf jeden Fall klang er verrückt.

Tatsächlich hat er mich nur zugetextet, Schläge gab es diesmal keine.

Scheint mein Glückstag zu sein. Er ließ mich also wieder auf dem Stuhl, gefesselt und verletzt, zurück.

Meine Hände und Füße spürte ich schon lange nicht mehr.

Und Hoffnung, die wurde, zusammen mit einer meiner Rippen, gebrochen.

Ein Wunder, dass ich noch nicht tot war.

Gerade als ich es schaffte einzuschlafen, erklang das Quietschen der Tür.

Normalerweise kommt er nur einmal am Tag, oder war etwa schon der nächste Tag?

"Du hast Glück." fing er an, überraschend positiv.

"Du bekommst ein Bett, also kein gutes, aber das kannst du mir bestimmt verzeihen."

"Ein Bett?" Irgendwie klang ich optimistisch.
Etwas, das ich früher für selbstverständlich gehalten habe, machte mich jetzt doch glücklich.

"Korrekt. Ich bin heute gut drauf, weist du auch wieso? Ach, kommst du eh nicht drauf. Die Nachrichten haben gebracht, das sie im Fall, ich zitiere:
"Simon Wills Verschwinden noch keine Fortschritte gemacht haben."
Weißt du was das heißt? Ich bin ein verdammtes Genie. Wir stehen sogar in der Zeitung!"

Kurz pausierte er um ein zerknülltes Stück Papier aus seiner Hosentasche zu kramen. Ich senkte den Kopf und ließ es geschehen.

"Weiterhin bleiben er und sein Entführer unentdeckt. Die Kriminalhauptpolizei Köln berichtet, dass es sich bei dem Schuldigen höchstwahrscheinlich um die Teenagerliebe von Simon Will handelt. So gehen Familie und Freunde davon aus, dass Felix Peggels sich, für ein Vergehen seinerseits damals, rächen will."

"Klingt doch toll oder? Aber das mit der Teenagerliebe stimmt nicht, wir lieben uns ja immer noch."

Sein dummes Grinsen könnte ich förmlich riechen, wäre meine Nase nicht gebrochen.

Ich schaute ihn finster an, er sollte meinen Hass spüren.

"Jetzt schau mich nicht so böse an, mein Gott, sei froh, dass dich wenigstens einer liebt. Dieser Rob scheint das ja nichts zu tun, würde er dich genug lieben, um dich ordentlich zu suchen, dann hätte er dich doch schon längst gefunden. Er liebt dich nicht, wahrscheinlich vermisst er dich nicht mal."

Lachend verließ er mein Gefängnis.

Tränen rannen meine Wange herunter. Ich wusste es doch.

Vertraue niemandem.
Rob liebt dich, er wird dich finden. Niemals wird er mich finden.
Vertrau ihm.
Er liebt mich nicht.
Rob sucht nach dir.

Ich gebe die Hoffnung auf, niemals komme ich hier heraus.

Woran habe ich solange festgehalten? An einer Liebe, die nicht stark genug ist, diese Mauern zu durchbrechen.

Nicht mal mehr die Tränen hatte ich, um über meinen Zustand zu weinen.
Nicht mal ich selbst konnte mich noch

Niemand wird mich finden.

Rob

Wieder einmal lief ich durch die leeren Straßen von Köln.

Mein Atem bildete kleine Wölkchen und ich fror extrem. Aber ich wollte nicht aufgeben.

Schon einen Monat suchte ich nach Simon, aber weder ich, noch irgendjemand sonst, hatte ihn gefunden. Verdammt, wo bist du Simon?

Erschöpft setzte ich mich auf eine Bank am Rand des Parks.

Es war schon 23:28 Uhr.
Ich werde heute nicht mehr fündig, verzeih mir Simon.

Ich saß eine Weile so da und dachte nach.
Wo könnte er sein?

Ich rieb mir die Stelle an meinem Hinterkopf an der Felix mich mit dem Stein getroffen hat.

Sie war fast vollständig verheilt, jedoch blieb eine Narbe zurück.

Ich wollte gerade aufstehen und heim gehen, als ich Schritte hörte.

Seit der Sache mit der Entführung war ich übervorsichtig und achtete auf alles in meiner Umgebung.

Ich konnte niemanden sehen, allerdings kamen die Schritte näher.
"Wer ist da?" fragte ich ins leere.

"Nicht erschrecken, bitte!"

Ein junges Mädchen kam auf mich zu, sie hatte lange Haare, die zu einem Pferdeschwanz friesiert waren.
Die Haarfarbe konnte ich nicht so gut erkennen, aber sie schien relativ hell zu sein.

"Wer bist du?" fragte ich misstrauisch. Sie zögerte kurz, biss sich auf die Lippen und schaute mich an.

"Du kennst mich nicht, aber ich suche dich schon eine Weile." meinte sie.

"Wer du bist, hab ich gefragt."

Ich klang ein wenig gereizt, mir war kalt und ich wollte heim. Was will sie also?

Sie antwortete nicht sofort, sie schien eher zu überlegen ob sie ihren Namen sagen soll. Nach kurzem Schweigen meinte sie:

"Mein Name ist Finja."

920 Wörter

Forever with You || CrispyWill [Beendet]Where stories live. Discover now