»Die Vergangenheit«

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Simon

"Wag es nicht mir das zu unterstellen! Ich betrüge hier niemanden, wenn dann bist du es doch der mich betrogen hat!"

Felix schrie mich an und schlug mir ins Gesicht.

Es war schon oft vorgekommen, dass er mich geschlagen hat oder auf andere Weise Gewalt ausgeübt hat, jedoch war meist Alkohol im Spiel.

Diesmal war er aber nüchtern.
Er kam auf mich zu und schubste mich so heftig, dass ich quasi gegen die Wand flog und auf dem Boden landete.

Er verpasste mir Tritte in den Bauch und sogar gegen den Kopf.

Du hälst das aus, dachte ich, du hast es schon oft ausgehalten.
Felix machte eine kurze Pause und schaute mich angewidert an.

"Du denkst also, ich würde dich betrügen?" sagte er bedrohlich. "Schau mich an, wenn ich mit dir rede!"

Meine Arme, die ich schützend über meinen Kopf gelegt hatte, ließ ich sinken und setzte mich langsam auf, in der Hoffnung, dass sein Ausraster vorbei war. 

Die Schmerzen waren unerträglich.

"Du hast mich betrogen, mehrmals, aber ich verzeihe dir, denn ich liebe dich." sagte ich.

Es war die Wahrheit.

Warum auch immer liebte ich diesen Mann und ich kam nicht von ihm weg.

Leise Tränen schlichen sich über meine Wangen. Ich versuchte zu lächeln, um ihm zu signalisieren, dass ich nicht böse war.

Gerade als ich aufstehen wollte, drehte sich auch schon alles.
Er hatte mich wieder geschlagen.

"Niemals habe ich dich betrogen!" schrie er. "Los, heul weiter! Das kannst du doch so gut!" Ein Tritt folgte dem nächsten.

"Aber ich kann es bewei-" fing ich an, jedoch wurde ich von einem Fuß an meiner Lippe unterbrochen.

Gleich ist es vorbei, er hört gleich auf, dachte ich. Er wird aufhören und weggehen, am nächsten Tag entschuldigt er sich und sagt es wird nie wieder vorkommen und ich werde es ihm glauben.

So oft habe ich es geglaubt.

Irgendwann hörte er tatsächlich auf, nur waren meine Augen zu geschwollen und mein Kopf brummte zu laut um wahrzunehmen, was um mich herum passierte.

Jemand fasste mich an, jemand hob mich hoch, jemand sprach mich an.

Das letzte was ich hörte waren die Worte "Ich werde dich finden!" und dann war ich weg.

Ein Piepen weckte mich.

Langsam öffnete ich die Augen und schaute mich um.
Ein Krankenhauszimmer, ein Blumenstrauß und Menschen.

Sie schauten mich an und ich schaute zurück.
Meine Mom war hier, meine Tante und mein kleiner Cousin.

"Hey, wie geht es dir?" fragte Meine Mutter. "Mies".

Ich wollte nicht lügen, mir ging es mies, äußerlich wie innerlich.

"Der Arzt sagte, dass du großes Glück hattest. Neben ein paar Gehirnverletzungen, gebrochenen Rippen und zahlreicher blauer Flecken sind alte Narben wieder aufgegangen, aber du wirst keine Folgeschäden davontragen. Gut, dass Felix Schwester Finja die Polizei geholt hat, sonst wäre es wohl schlimmer ausgegangen" sagte meine Tante und versuchte zu lächeln.

Bei der Nennung seines Namens zuckte ich zusammen.

"Mom..." fing ich an. "Ja mein Schatz?" antwortete sie und nahm meine Hand.

Meine Verletzungen waren mir egal.

"Er hat mir gesagt, dass er mich liebt. Immer wieder, er sagte er liebt mich. Warum hat er mir das denn angetan, wenn er mich doch liebt?" fragte ich verzweifelt.

Tränen sammelten sich in meinen Augen.

"Weist du, manchmal sagen Menschen Dinge, die sie nicht so meinen. Sie Lügen um zu bekommen was sie wollen. Leider machen das manche so." sagte sie mitleidig.

"Er hat mich nie geliebt, oder?"

Meine Mom schaute meine Tante an, allerdings wusste sie auch nicht recht was sie sagen sollte.

"Wird Simon wieder gesund?" fragte mein Cousin. Er war noch so klein und unschuldig. Seine großen Augen schauten erst zu seiner Mutter und dann zu mir.

"Natürlich wird er das, mach dir keine Sorgen." sagte meine Tante. Sie blieben noch bis die Krankenschwester sie rauswarf.

Noch lange nachdem alle aus dem Raum verschwunden waren dachte ich über die Worte meiner Mutter nach.

"Manchmal sagen Menschen Dinge, die sie nicht so meinen."

Felix hatte das selbe gemacht.
Er hat mein Vertrauen ausgenutzt und mich leer gesaugt.

Ich werde nie wieder jemandem vertrauen, der mir sagt er würde mich lieben.

Alles Lügner.

Ich will nie wieder irgendjemandem vertrauen.

Tränen liefen meine Wangen runter und ich ließ meinen Gefühlen freien lauf. Jedoch war nicht viel Gefühl in mir.

Außer Trauer und Wut fühlte ich nichts. 

"Ich werde dich finden!"
Plötzlich tauchte dieser Satz in meinem Kopf auf.
Angst machte sich in mir breit.

Ich zog die Kniee bis zum Kinn und vergrub den Kopf darin.

Ich will nicht, dass er mich findet.

Ich will weg hier.

757 Wörter

Forever with You || CrispyWill [Beendet]Where stories live. Discover now