3- "Was haben Sie vor?"

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Ich blinzelte, um mich aus meiner Starre zu befreien, und stolperte ihm und dem Zirkusdirektor hinterher.
„Ein bisschen", erwiderte ich gedankenlos, was ihm ein ironisches Lachen entlockte und schloss zu ihnen auf.
„Mr. Nacat? Kann ich Sie um einen Gefallen bitten?"

„Wenn der Gefallen dich in die Gänge kommen lässt." Er drehte nicht einmal den Kopf in meine Richtung. Den Gehstock entspannt in der Hand kreisen lassend, nickte er den versammelten Leuten zu oder gab ihnen kurze Handzeichen, die sie sofort in Bewegung setzte.
Die Selbstsicherheit, mit der er sie leitete, stand im krassen Kontrast zu seinem jugendlichen Aussehen. Er war kaum mehr als acht Jahre älter als ich. Wie leistete er sich so ein riesiges Haus?

Neben ihn in einen Schritt fallend, beschloss ich, mich nicht von seinem Reichtum einschüchtern zu lassen. Er hatte die Sklaven aus der Arena freigelassen und Calean gerettet. Wenn das nicht einen kleinen Vertrauensvorschuss rechtfertigte, was dann?
„Sicher doch! Ich wäre so viel schneller, wenn Sie mich freilassen würden."

Seine Mundwinkel zuckten.
„Das glaube ich dir sofort. Ich sehe nur leider nicht den Grund, warum ich das tun sollte." Im Vorbeigehen reichte er einer Frau seinen Stock. Sie sah ihm für einen kurzen Moment träumerisch hinterher, ehe sie ihn eilig davontrug.

„Vielleicht, weil Sie kein schlechter Mensch sind und Sklaverei gegen die Würde geht?", schlug ich hoffnungsvoll vor.

„Netter Versuch, Gwinn, aber ich wäre heute nicht hier, wenn meine Würde nicht ab und zu eine Ecke verlieren könnte. Am Ende sammle ich seltene Talente. Nicht sonderlich ehrenhaft, wenn sie immer noch in ihren menschlichen Hüllen stecken." Er zwinkerte mir zu und winkte zwei Männer zu sich, die nahe einer unscheinbaren Tür herumlungerten.

Aber ich war noch nicht bereit seine einfühlsame Seite aufzugeben. Etwas sagte mir, dass er kein Unmensch war, jemand mit dem man reden konnte. Und aus diesem Grund setzte ich alles auf eine Karte.
„Außerdem habe ich eine kleine Schwester, die meine Hilfe braucht. Ich muss zu ihr zurück."

Ich hatte mich geirrt. Das sagte mir zumindest sein langgezogenes Seufzen.
„Und wer ersetzt mir, was ich für dich gezahlt habe?"

Ich kniff die Augen zusammen.
„Sie haben nichts für mich gezahlt?" Er hatte mich gestohlen. Genau wie Calean.

„Klar doch. Mindestens Tru-Hundert."

Der triefende Sarkasmus seiner Worte, ließ mich innehalten. Wie-... Dann dämmerte es.
„Tru ist keine wirkliche Zahl, nicht wahr?"
Calean du-... du-... Mir fiel kein passender Begriff ein.

„Nein", sagte Mr. Nacat trocken und wandte sich an die zwei Männer, die zu ihm herüber geschlurft waren, „Bereitet für sie eine D5- Formel vor. Ich denke wir werden sie brauchen."

Falls sie seine Anweisungen verstanden hatten, gaben sie davon keinerlei Ausdruck.

Ich starrte den desinteressiert dreinblickenden Jungen neben mir an. Wirklich stilvoll, sich über die Schwächen anderer Leute lustig zu machen.
„Ich hätte dich nicht für jemanden gehalten, der über mangelnde Fähigkeiten anderer Witze macht. Nicht nachdem du Kinder gerettet hast, die aus denselben Gründen von jedem sonst vergessen wurden."

Er nahm sich die Zeit, mich einmal von Kopf bis Fuß zu mustern, als sehe er mich zum ersten Mal.
„Ich auch nicht", antwortete er schließlich, doch seine Gedanken waren wo anders, „Ich auch nicht."

„Ich nehme deine Entschuldigung an. Auch, wenn du dich mal wieder schwertust, sie zu buchstabieren", erklärte ich brüsk, aber ein winziges Lächeln hob meine Mundwinkel.

Caleans Miene blieb unbewegt, ehe er plötzlich laut auflachte. Er lachte so lange, bis Iza Nacat uns zu der Tür führte, die eben noch die zwei Gorillas bewacht hatten und hielt sie mir sogar auf, um mir den Vortritt zu lassen.

Jagd der Nebelflüsterer - Der WunschdompteurWhere stories live. Discover now