Krankenhaus

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Als ich im Krankenhauszimmer erwachte, dachte ich, ich müsse träumen. Ich war doch auf der Insel eingeschlafen... Wie war ich hier her gekommen? Was hatte ich verpasst? Und was war mit Toni? Wo war er?

Irgendetwas regte sich in meinem Kopf, als ich an ihn dachte. Und mit einem Schlag kam alles zurück. Alle Erinnerungen strömten auf mich ein, als liefe ein Film in meinem Kopf ab. Die Wunde, die nicht abheilen wollte, meine Hoffnung, dass ich Toni nicht auf diese Weise einweihen musste. Ich hatte so Angst gehabt ihm die Wahrheit zu sagen. Und ehe ich mich entschieden hatte, war das Fieber gestiegen und hatte mich in meinem eigenen Kopf eingesperrt. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, hätte es fast nicht geschafft überhaupt etwas zu sagen. In einem einigermaßen klaren Moment hatte ich ihm dann von dem Funkgerät erzählt, fiel mir jetzt wieder ein. So musste er es schließlich erfahren.

Dabei wollte ich es doch sagen! Ich wollte, dass er selbst darüber entscheiden konnte, ob er die Geschichte nutzen, oder ob er die Sache abbrechen wollte. Doch ich hatte zu lange gewartet. Nun würde er mir bestimmt nicht mehr verzeihen.

Ich setzte mich auf. Vorsichtig betastete ich mein Bein, doch es war in einem festen Verband. Schmerzen hatte ich nicht, doch das könnte auch an dem Tropf liegen, der gerade Medikamente durch meine Venen spülte.

Als die Schwester ins Zimmer kam, war ich gerade dabei, den Verband von meinem Bein zu lösen.

„No, no!" rief sie aufgebracht und dann noch etwas auf Spanisch, was ich nicht verstand. Aber was sie meinte, kapierte ich natürlich. Ich versuchte ihr klar zu machen, dass ich die Wunde gerne sehen wollte, und schließlich holte sie den Arzt. Der zeigte mir die Wunde, die schon viel besser aussah. Sie war genäht worden und nässte nicht mehr. Vermutlich würde das eine ordentlich Narbe hinterlassen, aber das war nun wirklich halb so wild.

Das Telefon an meinem Bett klingelte, und Thomas meldete sich zu Wort. Die Schwester musste ihn informiert haben, dass ich wach war.

„Wie geht's dir?", fragte er kurzangebunden.

„Ganz gut, glaube ich.", sagte ich wage. Ehrlichgesagt war ich mir nicht sicher wie es mir ging. Klar, ich war froh noch am Leben zu sein, aber sonst, war eigentlich alles schief gegangen, was hätte schief gehen können.

„Wie geht es Toni?", fragte ich zurück. „Wie lange bin ich überhaupt schon in diesem Krankenhaus?"

„Ihr seid seit vor vier Tagen zurückgekehrt." Ich schluckte. Vier Tage? „Und Toni geht es soweit gut. Er redet nur nicht mit uns. Seit er angekommen ist, hockt er in seinem Zimmer und weigert sich raus zu kommen." Ich seufzte leise.

„Was hast du erwartet?", fragte ich schwach. „Das Alles war ne richtig dumme Scheißidee, Thomas, das musst du doch einsehen!"

„Von wegen! Du bist ja durchgekommen. Und sonst hat doch alles super funktioniert! Toni muss jetzt nur mal aus seinem Schneckenhaus kommen, und anfangen zu den Interviews zu gehen!"

Ich raffte einfach nicht, wie er so begriffsstutzig sein konnte.

„Kannst du nicht ein kleinwenig nachvollziehen wie er sich gerade fühlt? Ihr habt ihn komplett verarscht! Er war einen Monat lang, gegen seinen Willen auf einer Insel, fernab der Zivilisation! Ihr habt einen verdammten Bootsunfall gefaket! Lass ihn erstmal wieder mit sich und der Welt klarkommen!"

Die Tür flog auf, und ich ließ vor Schreck den Hörer fallen. Eben hatte ich noch mit ihm telefoniert, jetzt stand er gehetzt in der Tür. Thomas, nahm das Handy vom Ohr, und redete weiter, als ob nichts weiter dabei wäre, dass er plötzlich hier war.

„Ich hab den Jungen zu einem Superstar gemacht! Er muss jetzt nur noch den Arsch zusammenkneifen und mitspielen! Andere Leute haben schon ganz andere Dinge für ihre Karrieren getan!" Ich lachte freudlos auf.

„Klar, aber die hatten wenigstens eine Wahl. Ich hätte da niemals mitmachen dürfen."

„Ach komm, habt euch mal alle nicht so!" rief er so laut, dass die Krankenschwester im Türrahmen erschien und aufgebracht zu Sprechen begann bis ihr einfiel, dass wir sie nicht verstehen konnten und sie den Raum kopfschüttelnd verließ.

„Es ist dein Job mir bei meinen Unternehmungen zu helfen. Du produzierst nicht nur für uns, du hilfst uns auch bei den Umsetzungen unser Projekte. Dafür wirst du auch königlich entlohnt!"

„Weißt du was? Ich kündige. Ich hab die Schnauze voll! Ich habe dir schon vor Wochen gesagt, dass ich da nicht mehr mitmachen will.", sagte ich und zwang mich dazu ihm dabei in die Augen zu sehen. Er sagte nichts, sah mich nur abschätzend an.

„Ihr seid zu weit gegangen!", erklärte ich. „Damit kann und will ich nichts mehr zu tun haben."

„Wenn du willst. Dann geh doch. Toni wird auch ohne dich zur Vernunft kommen. Und dann machen wir richtig Asche. Und zwar ohne dich. Viel Spaß bei der Jobsuche!", und mit diesen Worte rauschte er davon.

Und so lag ich weiterhin im Krankenhaus. Da ich gekündigt hatte, machte sich niemand mehr die Mühe mich zu besuchen, oder mich über den Stand der Dinge aufzuklären. Aber zum Glück fand ich ein paar Pfleger, die Englisch sprachen, so erfuhr ich, dass ich noch mindestens eine Woche hier im Krankenhaus bleiben musste. Ich versuchte mehrmals bei Toni anzurufen, doch er nahm nicht ab. Natürlich nicht. Ich hätte zu gern gewusst wie es ihm ging, und wie er die ganze Situation verkraftet hatte. Ich vermisste ihn so schrecklich. Und mir wurde übel bei dem Gedanken, wie süß er sich um mich gekümmert hatte. Wie er mir voll und ganz vertraut hatte. Warum nur, hatte ich nicht rechtzeitig reinen Tisch gemacht?

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Jaja, hätte, würde, könnte... ;-)

A song of life and survival - RezoniWhere stories live. Discover now