Life and Survival

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Die Sonne war längst untergegangen. Es war ein wenig kühl, da der Wind vom Ozean her, direkt in unsere Felsnische wehte. Rezos hatte seinen Arm um meine Schulter gelegt, und ich kuschelte mich an seine Seite. Eigentlich war ich inzwischen durchaus müde, doch einschlafen konnte ich nicht. Ich dachte an die Geschichten, die ich über Schiffbrüchige auf einsamen Inseln kannte. Nie hatte ich auch nur im Traum daran gedacht, dass ich einmal selbst in dieser Situation sein würde. Mein Magen knurrte. Die Früchte, die wir zum Abendessen hatten, hielten einfach nicht besonders lange vor. Als ich schließlich doch einschlief, hatte Rezo schon begonnen, leise zu schnarchen.

Der nächste Tag verlief relativ unspektakulär. Eigentlich wartete ich darauf, dass ein Boot oder ein Hubschraube hier anlanden würde, doch Niemand kam. Lediglich eine Möwe landete auf der Felsklippe in westlichen Teil der Insel und kreischte so laut, dass es mir irgendwann vorkam, als lachte sie mich aus.

Rezo konzentrierte sich darauf unsere Felsnische mit Stöcken und Steinen nach vorne hin abzudichten, um einen geschützteren Schlafplatz zu schaffen. Ich legte unterdessen den Stein weiter mit trockenen Gräsern aus, die ich auf der Nordseite der Insel fand. Mir taten schon von der einen Nacht auf dem felsigen Untergrund die Gliedmaßen weh, daher musste das Polster definitiv ausgebaut werden. Noch eine solche Nacht konnte ich nicht brauchen. Als unser Versteck schließlich wohnlicher war, wenn man es so nennen konnte, suchten wir wieder unser Essen zusammen. Rezo sammelte Früchte und ich versuchte mit Hilfe eines flachen Steines, essbare Wurzeln auszugraben.

Ich hatte bereits vergeblich versucht im seichten Gewässer einen Fisch zu fangen, aber Rezo wollte davon sowieso nichts wissen. Mal sehen wie lange er so denken würde, schoss es mir durch den Kopf. Wann würde man uns hier finden? Sie würden uns doch nicht einfach für tot erklären und uns vergessen, oder? Schließlich waren wir nicht so weit ab von der Zivilisation!

Wütend starrte ich auf mein totes Handy, und fragte mich, ob es einen Unterschied gemacht hätte, wenn ich mir damals eins dieser Wasserdichten Superhandys geholt hätte. Ich meine, hier wäre sowieso kein Empfang gewesen, oder?

Ich klappte die Schutzhülle auf und starrte in den kleinen Spiegel, der in der Innenseite eingelassen war. Wenigstens konnte ich mir dabei zusehen, wie ich jeden Tag, den ich hier war, verlotterter aussehen würde, dachte ich bitter.

Dann fiel es mir ein. Es war ein Spiegel, dem ich gerade mein Selbstmitleid widmete! Ein Spiegel! Und Sonne hatten wir genug! Das waren die idealen Voraussetzungen um ein Feuer zu entfachen. Warum war ich nicht gestern schon darauf gekommen? Ich sah rüber zu Rezo, der immernoch einige Meter von mir entfernt zwischen den Baumen nach Füchten Ausschau hielt und entfernte mich leise. In der Nähe unseres Unterschlupfes sammelte ich etwas Holz zusammen und begann mit dem Spiegel die Sonnenstrahlen zu bündeln. Es dauerte nicht lange, bis das trockene Gras anfing zu rauchen. Viel länger allerdings, bis wirklich ein kleines Feuer vor sich hin flackerte. Merkwürdig blass, im grellen Sonnenlicht, aber heute Abend würde es uns Licht und Wärme spenden!

„Wie hast du das denn gemacht?", fragte Rezo, als er mit dem Arm voller Kaki in meine Richtung kam.

„Tja, nicht nur du hast hier offenbar die Survival-Skills" zog ich ihn auf. „Eigentlich hab ich nur den Spiegel in meiner Handyhülle genutzt. Aber es ist schon cool, oder?" freute ich mich.

Da wir keinen Topf oder ähnliches hatten, entschieden wir uns, die Wurzeln, die ich ausgegraben hatte, einfach neben das Feuer auf eine Steinplatte zu legen und gelegentlich zu wenden, bis sie weich wurden. Das funktionierte ganz gut, und auch wenn das Essen alles andere als schmackhaft war, so füllte es doch den Magen und hinterließ das wohlige Gefühl einer warmen Mahlzeit im Bauch.

Der Tag war auf merkwürde Weise schnell vergangen. Es hatte wirklich nicht lange gedauert, bis es wieder Abend war, allerdings fühlte es sich an als wären wir schon eine Ewigkeit hier, und nicht erst anderthalb Tage.

Als wir diesmal in unser Lager krochen, war es schon viel gemütlicher. Wir hatten uns am Feuer gewärmt, und es schließlich ausbrennen lassen, denn schließlich würden wir morgen ein Neues entfachen können. Es war schön gewesen am knisternden Feuer zu sitzen und zuzusehen wie die Sonne im Meer versank. Rezo hatte meine Hand fest in seiner gehalten, während jeder von uns seinen eigenen Gedanken nachgehangen war.

Ich war es nicht gewohnt ohne Decke zu schlafen, aber diesmal war es schon viel angenehmer hier zu liegen, denn der Wind wurde nun ein wenig abgefangen, auch wenn Rezos Bauwerk ihn noch nicht vollständig draußen halten konnte. Der Untergrund war weicher und wir rückten wie selbstverständlich zusammen, um uns gegenseitig Wärme zu spenden.

Rezo summte diese kleine Melodie und ich musste lachen, als ich sie erkannte.

„A Song of live and survival!", sagte ich und kicherte. „Bekommt jetzt, ne ganz andere Bedeutung, oder?"

„Auf jedem Fall! Wir haben wirklich glück, dass es hier Wasser und Nahrung gibt. Sonst würden wir jetzt schon ziemlich alt aussehen!" sagte Rezo leise.

„Ja. Dann wären wir vielleicht tot, bis sie uns endlich gefunden haben.... Wo bleiben die denn nur? Ich meine, es muss doch irgendjemanden interessieren, dass wir weg sind!"

„Natürlich interessiert es Jemanden! Die finden uns schon. Vielleicht sollten wir versuchen ein Signalfeuer auf dem Berg zu machen, oder so. Lass uns da morgen mal was überlegen.", sagte Rezo und ich nickte abwesend. Er lag hinter mir, ich spürte seine Wärme an meinem Rücken und die kleinen Luftstöße im Nacken, wenn er sprach. Vorsichtig drehte ich mich um, in seine Umarmung hinein, und legte eine Hand an seine Wange. Sachte fuhr ich über die Bartstoppeln, sah fasziniert in das Gesicht, das ich in den letzten Monaten zu lieben gelernt hatte, und versuchte mich daran zu erinnern wann das passiert war.

Seinen Körper so nahe an meinem zu spüren machte mich nervös. Sanft zog ich sein Gesicht zu meinem ran und küsste ihn, versuchte mein plötzlich erwachtes Verlangen im Zaum zu halten, doch das war gar nicht so einfach.


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Ich hoffe ihr hattet tolle Weihnachtstage! Meine waren sehr schön <3

Jetzt wünsche ich euch einen guten Rutsch rüber ins neue Jahr! Bis bald :)

A song of life and survival - RezoniWo Geschichten leben. Entdecke jetzt