Töten oder getötet werden

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„TÖTE SIE ALLE!!!"
Wie wild geworden rannte das besessene Mädchen mit ihrem Krummsäbel auf Guren zu. Dieser kann gerade noch so den Schlag parieren und gleichzeitig die Schwester nach hinten drücken.
„Mann, haben Dämonen Kraft!", fluchte er und trat einen Schritt zurück, um einen besseren Halt zu haben.
„Nenn meine Schwester nicht so!", brüllte die Schülerin und zog somit die Aufmerksamkeit des Dämonen auf sich. Dieser beendete den Klingenkontakt und sprang nach hinten. Dann stürmte er mit unmenschlicher Geschwindigkeit los und schwang den Säbel mit einem große Bogen auf die Zwillingsschwester. Ein roter Lichtstreifen durchzog die Luft, als der Oberstleutnant mit ebenfalls unmenschlicher Geschwindigkeit sein Katana zwischen die beiden brachte und somit die Zweiteilung des Mädchens verhindert. Diese stolperte entgeistert zurück und fiel hin. Tränen liefen ihr über das Gesicht und ihr ganzer Körper zitterte.
„W-was passiert hier?", fragte der Junge mit dem Breitschwert. Nervös strich er sich die orangenen Strähnen aus dem Gesicht, die ihm immer wieder über sein Auge fielen.
Guren schnaubte, während er sich aus der unvorteilhaften Position brachte, indem er den Säbel des Dämons mit Wucht nach oben drückte, sodass dieser kurz das Gleichgewicht verlor und ihn mit einem Fußtritt nach hinten fliegen ließ.
„Eure Freundin hier", er deutete auf das rothaarige Mädchen mit den dämonischen Malen, welches sich gerade wieder aufrappelte, „hat den Versuchungen des Dämons nicht widerstanden und dieser hatte dann leichtes Spiel. Sie ist verloren, ihr Körper und ihr Geist werden nur noch von dem Dämon gesteuert."
Mehr Zeit für Erklärungen hatte er nicht, den das Wesen vor ihn hatte nur ein Ziel: Alle ohne Umschweife so blutig wie möglich umzubringen.
Unkontrolliert und ohne jegliche Taktik schlug das besessene Mädchen auf Guren ein und er parierte jeden Schlag. Jedoch musste er in der Defensive bleiben. Zum einen lassen die schnellen Angriffe ohne jegliches System keine Öffnungen zu, zum anderen musste er auf das junge Team aufpassen, sodass diese nicht irgendwelche Dummheiten begingen. Um den stillen Jungen und das Mädchen mit dem Gewehr brauchte er sich eher weniger Sorgen zu machen. Beide schienen offensichtlich mit der Situation überfordert und blieben deshalb einfach im sicheren Abstand stehen. Die anderen zwei waren da schon eher ein Problem. Der Zwilling saß zwar immer noch geschockt auf dem Boden, doch wer weiß, wann sie plötzlich wieder aufspringen und in einen Angriff laufen würde. Und allein die nächste Aktion des orangehaarige Schüler bewies, dass dieser der Idiot des Tages war und so viel Überwachung brauchte, wie der Ichinose noch aufbringen konnte. Als der Dämon wieder zurück sprang um sich auf den nächsten chaotischen Angriff vorzubereiten, stellte der Junge sich neben Guren und streckte mit zittrigen Händen sein Schwert nach vorne.
„I-ich werde helfen. Ich bin stark, ich kann mein Team beschützen. Schließlich kann das ja auch nicht viel schwerer sein als Vampire zu töten, oder?"
Langsam drehte der schwarzhaarige Mann sein Kopf zu Seite und fragte trocken:
„Hast du eigentlich bis jetzt je einen Vampir auch nur aus der Nähe gesehen?"
Langsam schüttelte der Schüler den Kopf.
Eine Zornesader poppte in Gurens Schläfe auf. Er packte den Jungen am Kragen und schleuderte ihn nach hinten, während er brüllte:
„DANN HÖR AUF SO EINEN VERDAMMTEN SCHEISS ZU LABERN!!!!!"
Der Schüler flog schreiend durch die Luft und prallte dann direkt auf seinen stillen Freund, sodass beide mit Wucht auf den Boden flogen.
„Eine Sorge weniger", seufzte der Oberstleutnant.
Jedoch half ihm das nur wenig. Denn während ihr die nächste Salve an unvorhersehbaren Angriff abblockte, löste sich die anderer Schwester aus ihrer Starre und tat genau das, was Guren befürchtet hatte. Sie sprang zwischen den Dämon und ihn und hob verzweifelt die Hände.
„Kiara! Ich bin es! Erkennst du mich nicht?! Ich bin deine Schwester! Wir haben doch nur noch und beide! Bitte...!"
Das letzte klang eher wie ein Flehen und zur Erleichterung Gurens hielt der Dämon inne. Kurzzeitig kehrte etwas menschliches in die Augen des Mädchens zurück. Diesen Moment nutzte der Ichinose um den verzweifelten Zwilling nach hinten zu stoßen, ehe der Blick der Schwester wieder so wurden wie zuvor. Der schwarzhaarige Mann wusste, dass das Mädchen nun wirklich nicht mehr gerettet werden konnte. Die Hörner auf ihrem Kopf waren mittlerweile ausgewachsen und wenn ihre Schwester bis jetzt noch nicht zu ihr durchdringen konnte, dann wird sie es in Zukunft auch nicht mehr.
„SHINYA!", brüllte er.
Es verletzte zwar seinen Stolz und auch allgemein behagte es Guren nicht, dass er seinem Freund nun das Schwerste von dem ganzen Kampf überlassen musste, doch er hatte alle Hände damit voll, beide Schwestern im Auge zu behalten und dabei zu versuchen, nicht draufzugehen.

Shinya hatte bereits von Anfang an geahnt, dass er früher oder später seinen Freund hätte helfen müssen, doch er hatte die Entscheidung des Zeitpunkts Guren überlassen. Langsam lief er auf die Kämpfenden zu.
„Komm, Byakkomaru"
Sein Barret erschien aus orange-schwarzen Flammen in seiner Hand.
Kiaras Schwester beobachtete ihn misstrauisch. Als er schließlich auf den Dämon zielte, schien ihr ein Licht aufzugehen.
„NEIN!!!", schrie sie und rannte in seine Schusslinie.
Shinya ignorierte sie und trat einfach einen Schritt zur Seite.
„Bitte!", flehte das Mädchen aber weiter und stellte sich wieder mit erhobenen Armen vor ihn.
„Shinya!", rief Guren ungeduldig.
Dieser seufzte. Es war keines Fall leicht und er wollte es auch nicht, doch es musste getan werden....
„Bitte! Sie ist nicht nur meine Schwester, sie ist alles was ich habe. Sie ist meine beste Freundin!"
Shinya hielt inne. Schmerzliche Erinnerungen meldeten sich in seinen Kopf. Er schloss seine Augen und verdrängte sie wieder. In dieser Situation musste er das tun, was er immer getan hatte. Denn nur so funktioniert ihre Welt.

„Shinya, mach endlich!", rief Guren nochmal genervt. Langsam wurde es anstrengend den Dämon im Schach zu halten. In einem günstigen Augenblick drehte er sich um und erstarrte, als er in die blauen Augen seines Freundes sah. Das sanfte und fröhliche war komplett verschwunden. Stattdessen waren sie kalt, berechnet und auf eine negative Art gefährlich.
„Töten oder getötet werden. So funktioniert diese Welt nun mal."
Guren lief ein Schauer über den Rücken.
Mittlerweile hatte auch der Dämon die neue Gefahr bemerkt und drehte sich zu dem weißhaarigen Scharfschützen um. Dieser hatte ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Irritiert blieb der Dämon für einen minimalen Moment stehen.
Ein fataler Fehler.
„Bang!"
Ein weißer Tiger umhüllt von blauen Flammen schoss durch die Luft und traf den Dämon mitten in der Brust. Das Wesen erstarrte.
Ein leichter Rauch stieg von den Malen und den Hörner auf und kangsam verschwanden sie in diesem. Ohne einen Muskel zu bewegen beobachteten alle das Spektakel. Als alles dämonische verschwunden war, klappte der Körper des Mädchens zusammen.
„Kiara!!!", schrie ihre Schwester und rannte auf sie zu. Schluchzend rüttelte der Zwilling an dem leblosen Körper und rief:
„Wach auf! Bitte! Bleib bei mir...!", ihre restlichen Worte waren wegen ihres Schluchzen unverständlich. Vorsichtig trat auch das restliche Team zu den beiden.

Erschöpft senkte Shinya seine Waffe und ließ sie verschwinden. Seine Hand, mit der er den Abzug betätigt hatte fing an zu zittern. Er packte sie mit der anderen um versuchte es zu unterdrücken, er versuchte alles zu unterdrücken. Langsam wandte er sich ab und schritt Richtung Ausgang.

Besorgt beobachtete Guren seinen Freund. Er wusste, dass dies nicht einfach gewesen war, aber es gehörte nun einmal dazu. Doch Shinyas Wandel vor dem Abdrücken machten ihm Sorgen. So hatte er seinen Freund bisher noch nie erlebt. Mit seinem Blick folgte er dem Scharfschützen, wie dieser langsam zu dem Ausgang ging. Als er an diesem ankam, legte Kureto zufrieden seine Hand auf Shinyas Schultern.
„Du bist ja doch zu was gebrauchen."
Guren zog seine Augenbrauen zusammen. Wie konnte man nur so ein Arschloch sein? Der Anführer der Monddämonen erhoffte sich schon fast eine der typischen Shinya-Antworten, doch dieser blieb einfach stumm. Er schien den Kommentar nicht einmal gehört zu haben. Ohne jegliche Worte verließ sein Freund den Raum.
Guren hatte ein ganz schlechtes Gefühl und am liebsten wäre er ihm auf der Stelle gefolgt, aber er musste sich erstmal um die Schüler kümmern. Aber danach wollte er sofort nach Shinya schauen. Was auch immer mit ihm los war, normal ist das nicht.
„Töten oder getötet werden. So funktioniert diese Welt nun mal."
Die Worte seines Freundes gingen ihm die ganze Zeit nicht mehr aus dem Kopf.
„Shinya...", flüsterte er leise.

Gureshin ~ Leben oder ÜberlebenWhere stories live. Discover now