Kapitel IV

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Die Luft im Bus war erfüllt von fröhlichen Stimmen und Gelächter. Vor mir saßen Juli und Kila. Aufgeregt unterhielten sie sich über die Lacrosse-Mannschaft der Schule. Seit ich Kila erzählt hatte, dass ich auf meiner alten Schule im Team gespielt hatte, wollte sie mich ständig zu einem Probetraining überreden. Gerade versuchte sie auch Juli von mir zu überzeugen. Max neben mir sprach mit Jake hinter ihm über ein anstehendes Bioprojekt.

"Erzähl, auf welcher Position hast du gespielt?", fragte Juli. Kila schien nicht lange gebraucht zu haben.

"Auf der Third Home."

Nun quetschte Kila unter Juli ihren Kopf zwischen die Sitze und guckte nachdenklich.

"Mmh. Auf der Third Home spielt normalerweise Jessi.".

Ihre Augen wanderten nach oben, als wolle sie Juli angucken, was in ihrer Lage aber unmöglich war. Doch, als könnte Juli ihre Gedanken lesen, schaute sie nach unten.

"Stimmt. Aber um uns anmelden zu können, brauchen wir Sam. Sonst sind wir auf dem Papier zu wenige."

Jetzt schauten Beide mich an.

"Na vielen Dank auch.". murmelte ich.

"Nein, nein. Versteh das jetzt nicht falsch. Wir brauchen dich natürlich auch auf dem Feld.", sagte Kila.

"Dafür muss sie aber erstmal zeigen, dass sies drauf hat."

Die Worte trafen mich wie ein Schlag in den Bauch, vor allem da ich wusste, von wem sie stammten. Wir drei drehten unsere Köpfe in die Richtung aus der die Stimme gekommen war. Um das zu schaffen, presste Kila ihren Kopf noch tiefer zwischen die Sitze. Carmen saß auf der anderen Seite des Durchganges. Ihr Blick musterte mich kritisch, als traue sie es mir nicht zu einen Ball zu fangen.

Es war das erste Mal seit meiner Ankunft, dass sie mich ansprach. Da sie mich in der Schule mied, ich sah sie eigentlich nur im Unterricht, obwohl wir uns das gleiche Zimmer teilten, hatte ich gedacht, dass sie mich nicht mochte. Und die Art, wie sie mich musterte, schien meine Vermutung zu bestätigen. In ihren Augen war keine Emotion zu sehen. Sie waren völlig leer. Ausdruckslose braune Augen. Bevor ich sie kannte, hatte ich es für unmöglich gehalten, dass braune Augen kalt sein könnten.

"Das muss sie nicht!", beschwerte sich Juli.

"Genau, seit wann haben wir ein Vorspiel?", bestärkte Kila sie.

"Ernsthaft? Ein Vorspiel?", fragte Juli sie lachend. Ich guckte Kila schmunzelnd an. Mit ihren zusammengedrückten Wangen sah sie vollkommen ahnungslos aus. Ihre Unschuld ließ mich Carmens Kränkung fast vergessen.

"Ja Vorspiel. Was ist daran denn falsch?". Sie schaute jeden von uns fordernd an. Bevor Juli und Kila sich aber streiten oder Carmen nochmal auf die Idee kommen konnte, etwas zu erwidern, drehte sich Max zu mir und sagte: "Wir sind da.".

Wie auf Stichwort hielt der Bus an. Als die Türen aufklappten stürmten die Meisten los, um, wie in der Grundschule, als Erste draußen sein zu wollen. Ich schaute aus dem Fenster. Die Mittagssonne schien auf einen gepflasterten Marktplatz, der gesäumt von altmodischen kleinen Häusern war. In der Mitte stand ein riesiger Baum.

Ein Ächzen von Kila riss mich von dem Anblick los.

"Ich bezweifle ja, dass du deinen Kopf ohne Folgeschäden da raus bekommst.", grinste Max sie an. Sie streckte ihm als Antwort die Zunge raus.

"Na komm, lass mich dir helfen", bat Juli an und versuchte an ihr zu ziehen.

"Finger weg!", beschwerte diese sich und schlug auf Julis Hände, wie ein Erwachsener bei einem Kind, was gerade unerlaubt naschen wollte. Die Beiden fingen an sich zu zanken.

ExpectationsWhere stories live. Discover now