Kapitel 13

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In dem kleinen weißen Raum, in dem ich lag war kein Fenster, es brannte jedoch immer Licht und so hatte ich bereits nach kurzer Zeit mein gesamtes Zeitgefühl einbüßen müssen.

Die Ärztin hatte gemeint, dass ich noch nicht ganz über den Berg war, meine Hoffnung lag darin, einfach nicht über ihn hinweg zu kommen, ich gab alles daran, meinem Inneren zu befehlen, dass es seine Funktionen einstellen sollte. Aber ich starb nicht. Nicht erneut.

Wie gerne wäre ich einfach weg gewesen?!

Ich war wütend auf meine Eltern, die mich offensichtlich hier her gebracht hatten, auf die Ärztin, die mich hier fest hielt, auf die ganze Welt, weil alles einfach scheiße war, aber vor allem war ich wütend auf mich, weil ich nicht mal eins fertig brachte: Sterben.

Das wahrscheinlich einfachste der Welt, das ziemlich viele Menschen krampfhaft versuchten zu verhindern, misslang mir…der Tod…das Ende! Ich sehnte ihn herbei und kriegte es nicht hin mein Leben zu beenden? Was war ich für ein dummes Kind wenn ich nicht mal das schaffte?!

Wie gesagt…wie viel Zeit verging wusste ich nicht…aber es kam mir vor wie ein ganzes Leben.

Nach einer Ewigkeit, die einige Stunden, jedoch auch einige Tage oder Wochen hätte sein können, wurde ich von den Gurten befreit, jedoch mehr oder weniger in einen Dämmerzustand versetzt, aus dem ich mich nicht von selbst befreien konnte.

Wieder eine ganze Weile später, was nun sicherlich wirklich Tage später war, da einer meiner Krankenpfleger in der Zwischenzeit einen Stoppelbart bekommen hatte, wurde ich von meiner Ärztin, Frau Doktor Hermann, aufgesucht.

Die Dame war nun wirklich kein angenehmer Zeitgenosse meinerseits, aber ich freute mich riesig, als sie mir die Nachricht brachte, nun aus dem Krankenhaus entlassen zu werden.

„Sie werden in einer Viertelstunde von Frau Ibis abgeholt!“, meinte sie monoton und kritzelte irgendetwas auf ein Klemmbrett.

Ob es nun eine viertel Stunde später war, oder nicht, irgendwann kam eine recht alte Dame, mit schütterem grauen Haar, einer dürren Figur, sicher schon über sechzig.

„Marisa? Wenn du mir bitte folgen würdest?“, meinte sie und lächelte. Wie lange hatte ich niemanden mehr lächeln sehen?

Ich folgte ihr in der Annahme endlich dieses scheiß Gelände verlassen zu können. Endlich seid langer Zeit wieder duschen zu können! Endlich zurück in die wunderbare Welt reisen zu können.

Anstatt mich zu entlassen brachte man mich zwar aus dem Krankenhaus, jedoch quer über einen riesigen Platz – zumindest erschien er mir riesig, da ich nur noch dieses kleine Zimmer gewohnt war, was mir außerdem auffiel: es war dunkel. In einem anderen Gebäude wurde ich Treppen nach oben geführt, bis die Dame vor mir vor einer schmalen Holztür stehen blieb.

„Das hier Marisa ist dein Zimmer. Wir sind im Haus für suizidgefährdete Jugendliche. Du wirst wohl noch eine Weile hier bleiben müssen wie es aussieht…wir können dich so jeder Zeit überwachen. Selbstverständlich sind keine Kameras im Zimmer, das würde gegen das Gesetz verstoßen, aber man wird dich im Auge behalten können!“, teilte Frau Ibis mir mit. „Meine Wenigkeit ist im Übrigen deine Psychologin“

Ich starrte sie verständnislos an. Ich dachte ich sollte entlassen werden?! Und jetzt musste ich unter Selbstmördern leben? Lauter Menschen die zu dumm waren, sich umzubringen? Keine Möglichkeit mehr haben, mich wirklich vom Leben scheiden zu lassen und einer völligen Gehirnwäsche hier unterzogen werden? Eine Psychologin?!

Völlig verdattert fing ich an hysterisch los zu lachen, auch wenn das alles andere als angebracht war. Ich gehörte hier nicht hin! Wieso verstand generell niemand, dass ich nicht mehr auf diese Welt gehörte? Niemand verstand mich! Niemand.

Folge deinem Herzen bis in den TodМесто, где живут истории. Откройте их для себя