Kapitel 1 "Everything Is Gray"

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6.20 Uhr. Genervt schaltete ich meinen Wecker aus, fuhr mir durch mein vom Schlafen zerzaustes Haar und setzte mich auf. Es war draußen noch stockdunkel, wie immer zur Winterzeit. Seufzend griff ich nach meinem Handy und schaute, ob ich irgendwelche Nachrichten hatte. Wie immer hatte mein Vater mir einen frühen Gruß geschickt, gleich mit dem Anliegen dass er dieses Wochenende keine Zeit hatte. Während ich mich im neben liegenden Badezimmer wusch,waren meine Gedanken so zerstreut wie jeden Tag.
Warum hatte Vater wieder keine Zeit? War er wieder arbeiten? Natürlich war er das. Das war er seit ich denken konnte, einer der vielen Gründe weshalb meine Mutter ihn verlassen hatte.
"Alba, beeil dich wir müssen uns auch fertig machen!" Hörte ich meinen jüngeren Bruder Jasper rufen. Er hämmerte noch einmal gegen die Tür, woraufhin ich genervt aufstöhnte. "Ist ja gut, ich bin gleich soweit!"
Was für eine Lüge. Wenn Vater es zuerst mir geschrieben hatte, hieß das, dass er nicht Manns genug war es meiner Mutter und meinen Brüdern zu beichten. Er wusste dass ich eine solche Nachricht anders aufnahm als andere.
Ich zog mir den grünen Strickpulli über die helle Bluse, und zupfte ihn zurecht sodass alles perfekt saß. Alle in dieser Familie fanden meinen Kleidungsstil kurios, duldeten ihn aber. Wenn nur alle so wären wie meine Familie, wenn nur alle meine Seltsamkeit akzeptieren würden.
Grimmig öffnete ich die Tür, schob meine Brille hoch und quetschte mich an Jasper vorbei, der sich gerade mit Hannes eine Runde Schere Stein Papier lieferte. Beide zuckten zusammen als sie mich sahen. Hatte ich wieder einmal ein gruseliges Gesicht gemacht? Es passierte mir ständig, und normalerweise fragte ich sofort nach. Aus irgendeinem Grund fiel es mir heute schwer, die Blicke meiner Geschwister zu ignorieren und so zu tun als wäre ich normal.
Als würde es nicht spurlos an mir vorbeiziehen dass ich eben alles andere als normal war.
Ich stapfte die Treppen runter, und setzte mich an den Küchentisch. Ein Zettel lag auf der gläsernen Tischplatte.
Euer Frühstück für die Schule ist im Kühlschrank. Sorg dafür dass die Jungs zur Schule kommen.
-Mami
Wie so oft, war Mutter nicht zugegen. Sie war Ärztin, hatte also kaum Zeit für uns. Unsere Mutter war... Schwierig. Viel zu früh war sie Mutter geworden, hatte mich bekommen. Mutter und Vater hatten sich scheiden lassen, als Johannes geboren worden war. Den Grund weiß ich bis heute nicht... Denn beide hatten seitdem auch nicht wirklich Glück in neuen Beziehungen gehabt.
Was hatten alle Männer nur daran, jedesmal gleich weglaufen wenn ihnen etwas zu groß wurde? Wo war die Ritterlichkeit die vor Jahrhunderten ganz selbstverständlich gewesen war? Manchmal wünschte ich mich in eben jene Zeit.
Missmutig holte ich unser in Alufoliegepacktes Frühstück raus, und legte es auf den Tisch.
"Jasper, Hannes beeilt euch!"
7.10 Uhr. In spätestens fünfzehn Minuten würden wir losgehen müssen, um die Bushaltestelle rechtzeitig zu erreichen. 7.30 Uhr. Zu dieser Zeit fuhr der Bus, wohlgemerkt der letzte um rechtzeitig anzukommen. Wir hatten großes Glück dass unsere Schulen alle auf einem Weg lagen, Mutter hatte dafür natürlich gesorgt. Uns das Leben so einfach wie möglich zu machen, war wohl ihr Verständnis von Mütterlichkeit.
Jasper kam gähnend die Treppe runter gestapft, Hannes im Schlepptau. Pubertierende Jungs waren wirklich eine Plage...generell Pubertierende oder Erwachsene Menschen waren seltsam. Ihre Verhaltensmuster waren alle so... Komplex und verstrickt. Oftmals undurchschaubar für mich. Und wenn ich Verhalten nicht analysieren konnte, war es mir auch nicht möglich es zu imitieren.
7.15 Uhr. Ich packte Brot und Wasser in mein vorderstes Fach, und prüfte noch einmal ob ich auch alles für die heutigen Fächer dabei hatte. Es wäre nicht das erste Mal, dass das Chaos in meinem Kopf überhand genommen hätte.
7.20 Uhr.
"Habt ihr alles?" fragte ich meine Brüder, denn ich wollte so langsam losgehen.
"ich muss noch meine Schuhe und so anziehen.." gab Jasper kleinlaut zu, Hannes schaute betreten runter als er sah, wie ich die Lippen schürzte.
"in spätestens fünf Minuten gehe ich." Sagte ich mit fester Stimme, und zog den Reißverschluss meiner Jacke hoch.
Ich trippelte mit dem Fuß während ich zusah, wie beide hastig Regenmantel und Winterschuhe überzogen und nach ihren Taschen griffen.
Jasper murrte." Können wir nicht einfach zuhause bleiben? Es ist Freitag, es kommen total viele Freitags nicht."
Ich atmete tief durch, und ignorierte die Alarmsirenen in meinem Kopf, die einen Regelverstoß nicht duldeten.
"Jasper," begann ich ruhig. "Du weißt ganz genau dass wir nicht wie total viele Menschen sind."
Er schaute zerknirscht.
"Ja ich weiß, aber die Herbstferien sind sowieso in einer Woche da kümmert es sowieso niemanden. Mama hätte bestimmt auch nichts dagegen."
Einige Minuten herrschte Funkstille.
"Macht doch was ihr wollt, es ist eure Schulbildung. Legt euch mit Mutter ruhig nur an. Ich werde jetzt jedenfalls gehen." Ich war wütend. Wütend auf sie, wütend auf Mutter und wütend auf die ganze Welt. Und vor allem war ich traurig, dass unser Vater uns erneut hängen ließ. Er war lieber in Korea in seiner Kosmetik Firma. Wenn er ehrlich mit sich wäre würde er zugeben dass er uns aus dem Weg geht, und ganz besonders Mutter.
Die Kopfhörer in meine Ohren steckend, ignorierte ich das Gestreite meiner Brüder und trat in den Hausflur.
Let go von BTS half mir halbwegs entspannt zur Bushaltestelle zu laufen und dabei nicht zu wippen.
Der graue Himmel in den ich blickte versprach Regen, und ich hatte keinen Schirm dabei. Typisch, nur mir konnte so etwas passieren, ich schien Pech nur so anzuziehen.
Alles in allem : Mein Leben momentan ist grau. Ebenso mein Name. Alles was ich sehe und fühle ist grau... So wie jeden Tag.

Ich sollte aufhören so viele Ideen zu bekommen.. Aber ich verbreite beim schreiben nunmal so viele Dinge :0
Hoffe es gefällt euch und wenn nicht ist es auch in Ordnung denn dieses Werk schreibe ich vor allem für mich ^~^

LG Kim V Phoenix
Aka Kimchee~

Love Yourself : Colouring Where stories live. Discover now