Kapitel 3

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"Und? Wie war's?"

"Es.. ich weiß nicht genau. Er hat sich wohl sehr amüsiert, doch ich fand es bloß okay."

"Das war's? Okay??"

"Nun.. der Kaffee war sehr lecker."

"Okay, Rory, du bist mit Abstand die lausigste Erzählerin!", lacht Liz in den Hörer. "Du, ich muss Schluss machen. Meine Eltern sind wieder da, sie haben bestimmt spannenderes zu erzählen. Sehen wir uns morgen in der Schule?"

"Klar, bis morgen", ignoriere ich ihre Bemerkung über meine Fähigkeiten, beende das Telefonat und lege mein Handy auf meinen Schreibtisch und lege mich auf mein Bett.

Das 'Date', wie Liz es so gern bezeichnet, war wirklich nicht der Burner. Wir haben sehr viel über Sport gequatscht, naja, Max hat darüber geredet und ich habe ständig nur genickt. Doch Max schien sich prächtig zu amüsieren, da er sich voll und ganz in seinem Fachgebiet austoben konnte.

Ein weiteres Mal würde ich mir das, glaube ich, nicht antun.

"Rory!" Die Stimme meiner Mutter holt mich aus meiner Gedankenwelt wieder in die Realität zurück. "Ja?", rufe ich zurück, doch keine Antwort. "Mum, was ist?", rufe ich erneut. "Mum!" Doch sie antwortet nicht. Seufzend stehe ich auf und laufe runter, um zu sehen was los ist. Ist meine Mutter die einzige, die ihr nach ihren Kindern ruft und wenn man antwortet, antwortet sie nicht mehr zurück?

Im Erdgeschoss angekommen, finde ich meine Mutter in der Küche, wie sie gerade kocht und dabei zur nebenbei laut laufenden Musik lebhaft mittanzt. Peinlich berührt, halte ich mir die Hand vor die Augen, um ihr komisches, 'cooles' Gezappel nicht mit ansehen zu müssen. "Mum..", stöhne ich, die Augen noch geschlossen. Sie schreckt zurück und lässt den Kochlöffel in den Topf fallen. "Huch! Du hast mich aber erschreckt!" Ich verdrehe nur lachend die Augen.

"Ach ja, ich habe dich gerufen, um mir mit dem Abendessen zu helfen. Könntest du bitte den Tisch decken?" Ich nicke und bereite unseren Esstisch auf das Abendessen vor. "Es ist schön, dass Dad wieder da ist, nicht wahr?", frage ich meine Mutter glücklich. "Ja, wir haben ihn alle sehr vermisst. Es ist nur schade, dass er bald schon wieder weg ist", antwortet sie in einem traurigen Unterton.

*

Nach dem Abendessen schauen wir mit der Familie noch unsere Lieblingsshow 'Jimmy Kimmel Live!' an und danach gehe ich wieder rauf in mein Zimmer. Ich bin einfach so glücklich, dass die Familie wieder vereint ist. Alles läuft perfekt. Mein ständig vibrierendes Telefon stört meine Gedanken und ich blicke auf das Display. Sechs Anrufe und zwanzig Nachrichten. Von Liz. Ohne die Nachrichten zu lesen, rufe ich schnell zurück in der Hoffnung, dass nichts Schlimmes passiert ist. Nach drei Mal klingeln, hebt sie ab. "Liz, was ist los?", frage ich besorgt. "Rory.." Ihre Stimme zittert und sie bringt kaum Wort aus sich heraus. Mein Atem stockt. "Ich bin in zehn Minuten bei dir, beweg dich nicht vom Fleck!"

*

Nachdem ich meine Tasche gepackt und Dad dazu überredet habe, mich zu Liz zu fahren, stehe ich nun vor dem Haus der Connors und warte darauf, dass mir jemand die Tür öffnet. Plötzlich knackt es und die Tür geht auf. Liz steht mit roten Augen vor mir. Geschockt blicke ich sie an umarme sie sofort, um sie vor einem Zusammenbruch zu bewahren. Ich habe sie nur sehr selten so erlebt, was mir umso mehr Sorgen bereitet. Ich führe sie in ihr Zimmer und setze Liz sanft auf ihr Bett dicht neben mir, sodass ich sie in meinem Armen halten kann. Wir verweilen in dieser Position stumm, bis sich meine beste Freundin einigermaßen beruhigt. Ich möchte sie nicht dazu drängen, mir ihr Anliegen zu erzählen, daher warte ich einfach, wenn auch die Sorge und Neugier in mir aufbrodelt.

"Grandpa", beginnt sie irgendwann leise. Ich richte mich mit meiner Aufmerksamkeit voll und ganz auf sie und lege meine Hand liebevoll auf ihre, doch ich habe Angst, was mich gleich erwarten wird. "Er hatte einen Schlaganfall", schnieft sie. "Er ist im Krankenhaus und meine Eltern sind bei ihm, ich durfte nicht mit." Erneut kullern ihr einzelne Tränen die Wangen hinunter und ich muss mich beherrschen nicht auch los zu weinen, versuche daher den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hat, runter zu schlucken. Grandpa Connor ist einer der liebevollsten Menschen, der wohl je auf diesem Planeten gelebt hat. In der Grundschule hat er uns immer nach dem Unterricht abgeholt und kaufte uns Eis so viel wir essen konnten. Diese Nachricht bestürzt mich sehr.

Ich hebe ihr Kinn an. "Liz, hey Liz, hör zu. Es wird alles gut, er wird das durchstehen und das weist du. Das wissen wir beide. Er ist stark, ja? Wir gehen ihn morgen besuchen und werden sehen, dass es ihm gut geht", versuche ich sie zu beruhigen. Um ehrlich zu sein versuche ich mir das auch einzureden, Grandpa Connor ist schließlich wie ein zweiter Großvater für mich.

"Wie bist du eigentlich so schnell hierher gekommen?", wechselt Liz das Thema und putzt sich ihre Nase. "Dad hat mich gefahren", erwidere ich nur. "Man, Rory, du solltest echt mal deinen Führerschein machen", lacht sie. Liz ist so ein starker, wundervoller Mensch. Dass sie trotz dieser Umstände noch lachen kann, ist ein einziges Wunder. Ich schließe mich ihrem Lachen an und wir reden noch über irgendwelchen Mädchenkram, zum Beispiel, dass Liz mit einem aus unserer Schule seit gestern ständig am Schreiben ist. Wobei ich sagen muss, dass ich empört bin, dass ich jetzt erst darüber etwas erfahre.

Nach einiger Zeit blicke ich auf ihre Wanduhr, schon fast Mitternacht. "Ich glaube, ich sollte langsam nach Hause. Sonst machen sich meine Eltern Sorgen. Glaubst du, du hälst durch oder soll ich doch lieber übernachten.", frage ich sie, doch sie winkt ab. "Nein, mir geht es Dank dir schon sehr viel besser, ich fahre dich Heim."

Nach einer halben Stunde liege ich wieder in meinem Bett und richte meinen Wecker für morgen früh, besser gesagt für heute früh, da es schon nach Mitternacht ist. Es vergehen nicht viele Minuten und ich falle in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

ElysianWhere stories live. Discover now