Prolog

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- Jess' POV* -  (*POV = Point of View/Erzählerperspektive)

Es geschah an meinem 17. Geburtstag. Mein Vater hatte mir versprochen, dass er heute früher von der Arbeit Nachhause kommen würde, dass wir den Nachmittag gemeinsam verbringen konnten.

Ich hatte Glück, denn ich hatte nur vier Stunden Schule gehabt und als ich nur kurz nach Schulschluss Zuhause ankam, machte ich es mir im Wohnzimmer gemütlich und wartete auf meinen Vater.

Normalerweise feierte ich meine Geburtstage zusammen mit Freunden, doch dieses Mal hatte mir Dad versprochen, dass er den Tag für mich unvergesslich machen wolle und eine Überraschung für mich vorbereitet habe. Ich sollte nie erfahren, um welche es sich handelte.

***

Ich musste eingeschlafen sein, denn etwas später wurde ich durch das Klopfen an der Eingangstür geweckt. Ich stand verschlafen von der Couch auf und machte mich auf den Weg zur Tür. Als ich diese öffnete und mir zwei Polizisten gegenüber standen, wusste ich das etwas Schlimmes passiert sein musste.

„Guten Abend. Sind Sie Jessica Collins?", fragte mich der kleinere der beiden Polizisten.

Ich schluckte schwer und antwortete mit leiser Stimme: „Ja, die bin ich. Wie kann ich behilflich sein?"

Der zweite Mann, der um einiges jünger als sein Kollege zu sein schien, warf mir einen bemitleidenden Blick zu und fragte schließlich: „Dürfen wir hineinkommen?"

Einen kurzen Augenblick zögerte ich, nickte dann aber kaum merklich. „Natürlich." Im Inneren der Küche angekommen bat ich ihnen jeweils einen Platz am Küchentisch an und fragte die beiden Beamten, ob sie etwas zu trinken haben wollen.

„Danke, aber wir werden uns nicht sehr lange bei Ihnen aufhalten können. Bitte setzen Sie sich doch", meinte der kleinere der Männer und deutete auf den Stuhl ihm gegenüber. Ich setzte mich und immer mehr Unruhe kam in mir hoch.

„Es tut uns leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Vater den Folgen eines Verkehrsunfalls erlegen ist", sagte der andere Mann und versuchte seine monotone Mimik beizubehalten. 

Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Oder besser gesagt, ich schaffte es nicht etwas zu antworten. Ich öffnete meinen Mund, um etwas zu erwidern, doch es gelang mir einfach nicht. Mehrere Male versuchte ich es, aber kein Wort wollte meine vor Schmerz verzogenen Lippen verlassen. Der Schock war zu groß und saß zu tief in mir. Schon als Dad nicht pünktlich von der Arbeit nach Hause gekommen war, wusste ich, dass etwas passiert sein musste.  Denn im Normalfall hielt er sich immer an Abmachungen und ließ mich nie warten. Und wenn doch etwas dazwischen gekommen wäre, dann hätte er sich bei mir gemeldet und mir Bescheid gegeben.

„Miss? Können wir Ihnen helfen? Gibt es einen Angehörigen, den wir verständigen können?", fragte mich der kleinere Polizist nun und sah mich zutiefst aufrichtig an.

Noch immer brachte ich kein Wort heraus. Immer wieder versucht ich es, doch es gelang mir nicht im Geringsten. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich die beiden Männer weiterhin an. Nicht eine Träne bahnte sich den Weg über meine Wangen, als einer der Polizisten verzweifelt jemanden anzurufen versuchte und es ihm endlich gelang. Er drehte sich von seinem Kollegen und mir weg, nuschelte ein paar unklare Worte in sein Handy, bevor er sich dem anderen Polizisten zuwandte: „Theo hat soeben bestätigt, dass ihr Onkel über das Vorgefallene informiert wurde. Dieser hat gemeint, dass er sich sofort auf den Weg machen würde, um dem Mädchen", kurz deutete er mit einer leichten Kopfbewegung auf mich: „Beistand zu leisten." Dann sah er mir in die Augen und ergriff erneut das Wort: „Können wir Sie solange alleine lassen?"

Leicht nickte ich, begleitete die Polizisten zur Tür und verabschiedete mich leise. Nachdem ich die Eingangstür wieder hinter mir geschlossen hatte, schaffte ich es endlich meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Ich rutschte die Wand hinunter, machte mich so klein ich konnte und begann zu weinen. Wie konnte es nur soweit kommen? Ich war nie ein schlechter Mensch gewesen und jetzt wo alles so toll lief, musste mir mein Dad, einer der wenigen Menschen, die ich von ganzem Herzen liebte, weggenommen werden.

New Stepbrother - or more?Where stories live. Discover now