Kapitel 52

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"Gutes wird mit Gutem vergolten, Böses mit Bösem. Nichts wird vergessen, die Zeit der Vergeltung wird kommen."

Tag der Hochzeit
Leóns Sicht

Schüsse
Schreie
Tränen

Dieser immer wiederkehrende Albtraum, der mir den letzten Nerv raubt, der meinen Verstand auf die Probe stellt und meine Gedanken in ein Mienenfeld verwandelt. Nacht für Nacht wache ich schweißgebadet auf und frage mich, wie lange es noch dauert bis ich meinen Verstand vollkommen verliere.

Es war der Tag meiner Hochzeit. Eigentlich sollte ich heute glücklich sein und vor mich hin schwärmen, aber ich lebte seit kurzer Zeit in Angst und Schrecken.

Die täglichen Drohungen, die wir bekamen, wurden von Tag zu Tag grausamer. Zu alle dem wurde es zunehmend schwieriger die Angelegenheit vor den Mädchen zu verstecken.
Manchmal war es ein von außen harmlos aussehender Brief, ein einfacher Zettel oder eine symbolische Botschaft, doch in letzter Zeit weitete es sich auf eingeschlagene Fensterscheiben sowie Schmierereien an Wänden und Türen aus.

Rückblick

Es war ein kühler Nachmittag, als ich mit Federico zu mir nach Hause eilte, um wichtige Unterlagen für ein paar Formalitäten der Plattenfirma zu holen.

"Ich müsste sie auf dem Wohnzimmertisch liegen haben lassen", meinte ich, "Dauert nur eine Minute, kannst den Motor anlassen."

Mein Freund nickte und bog in die Einfahrt meines Haues ein.

Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter, als ich die Botschaft, welche vermutlich vor nur wenigen Minuten mit roter Farbe an die Garagenwand gesprüht worden sein musste, sah. 

Der Tag wird kommen

Mit aller Kraft versuchte ich nicht über die Bedeutung dieses Satzes nachzudenken und drehte mich zu Fede.

"Kannst du mir helfen, das wegzumachen, bevor Violetta es sieht?"

Ohne zu zögern nickte er, schaltete den Motor aus und stieg aus dem Wagen.

Zusammen mit Gartenschlauch und Schwamm bewaffnet, fingen wir an den Schandfleck zu entfernen.
Mit aller Kraft schrubbte ich die rote, lackartige Farbe von der ehemals weißen Betonwand.

Es war einfach zu sagen von wem diese Botschaft stammte, aber dafür umso schwieriger eine Möglichkeit zu finden diesen Psychoterror zu stoppen und gleichzeitig das Gesicht zu wahren.

"Du kannst froh sein, dass wir noch rechtzeitig gekommen sind. Ein paar Minuten später und die Farbe würde nicht mehr so leicht abgehen. Diese Idioten können was erleben, wenn ich sie in die Finger bekomme! Was zu viel ist, ist zu viel. Wenn die ein Problem mit uns haben, sollen die das wie richtige Männer mit uns klären und nicht mit solch kindischen Drohungen. Ich habe keine Ahnung, was dieser Tavelli-Kerl mit Clement zu tun hat, aber ich schwöre dir, ich werde dahinter kommen. Auch wenn es das letzte ist, was ich tue!"

Gerade als ich ansetzen wollte, meine vermutlich minutenlange Predigt zu halten, dass er gefälligst leiser sprechen sollte, knallte ein hohles Etwas die Verandastufen hinunter und landete nicht weit von mir entfernt auf den Boden.

Erschrocken und verdutzt blickte ich von der heruntergefallenen Gießkanne zur Haustür hinauf, wo ich meine Verlobte mit einen nicht identifizierbaren Gesichtsausdruck vorfand.

"Vilu, ich wusste gar nicht, dass du zu Hause bist", waren die ersten Worte, die mir einfielen, "Stehst du schon lange hier?"

Gedanklich wollte ich schon beinahe die Sekunden abzählen, in denen Violetta mich schweigsam anstarrte, doch letzten Endes schüttelte sie den Kopf.

Die Hoffnung stirbt zuletztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt