16 | Kleine Welt

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16 | Kleine Welt

Am nächsten Morgen wurde ich auf sehr merkwürdige Art und Weise geweckt. Irgendwas feuchtes und klebriges wurde mir immer wieder auf die Wange gehauen.
„Was zum Henker? Finja!", hörte ich Leo mahnen. „Hau deiner Mutter doch nicht den Rollmops ins Gesicht. Den soll sie essen, wenn sie will!"
„Was?", fragte ich. Ich war nun völlig wach und die leichten Katerspuren waren auch fast verschwunden. Keine Ahnung woran das lag, aber neben der Tatsache das ich viel Alkohol vertrug, hatte ich am nächsten Tag kaum bis keine Katerstimmung. Und Filmrisse bekam ich deswegen auch nicht. Weshalb ich mich auch so gut an gestern Nacht erinnern konnte.
Ja, ich hatte am Mittwoch ein Date mit Erik.
Puh. Das sind aber noch ein paar Tage und bis dahin bin ich wohl wieder normal im Kopf. Hoffentlich.
„Guten Morgen, Leute!", sagte ich und stand aus meinem Bett auf. Eine Dusche. Das wäre doch mal was. Während die anderen drei Frühstück vorbereiteten, stand ich unter der Dusche und genoss das kalte Wasser auf meiner Haut. Das Wasser welches den gestrigen Abend von mir wusch, aber mir trotzdem keinen klaren Kopf machte. Ich war jetzt schon nervös. Und wie.
      In frischen, gemütlichen Klamotten und einen unordentlichen Dutt, saß ich wenig später mit Leo, einer leicht verkaterten und nicht hungrigen Saskia und Finja am Tisch zum Frühstücken.
„Keinen Hunger?", fragte Leo Saskia.
„Nee. Gar nicht." Sie rümpfte die Nase und blickte auf ihr Nutellabrötchen.
„Dann mache ich dir meinen Kakao, wenn du magst", sagte ich und stand vom Stuhl auf.
„Nein, nein. O-Saft geht schon. Danke, Große."
„Dann okay...Kleine" Ich setzte mich wieder auf meine vier Buchstaben und wandte mich meinem Frischkäsebrötchen zu.
„Was macht ihr an diesem Sonntag noch?", wollte Leo wissen.
„Mal gucken. Wir machen es uns gemütlich, gucken Filme oder gehen auf den Spielplatz. Was auch immer Finja will."
„Oh ja. Können wir Vaiana gucken?", Finja rutschte ungeduldig auf dem Stuhl auf und ab. "Den habe ich schon lange nicht mehr gesehen?"
"Wie lange denn?", wollte Leo wissen.
"Vor drei Tagen."
"Wow."
"Willkommen in unseren vier Wänden, wo du von Disneyfilmen und allgemein Disney erschlagen wirst."
"Na, von irgendwem muss Finja diese Liebe nach Disney ja haben."
"Oma und Mama. Und irgendwann fahren Mama und ich ins Disneyland."
„Machen wir", nickte ich.
Leo wollte schon wieder den Vorschlag machen, dass er Finja und mir die komplette Reise bezahlt, aber ich schaute ihn warnend an. Das würde nur mal wieder in Streit enden, zwei Diven wären eingeschnappt und der Snikers und Bountykonzern würde wieder mal den Umsatz seines Lebens machen. So war es gefühlt immer gewesen, wenn Leo und ich uns gestritten haben.

Saskia und Leo waren seit einer Stunde bereits weggefahren. Mit einer Dose Kartoffel-Ringlis und einer Tüte voller Salzstangen pflanzten wir uns auf die gemütliche Couch. Ich drückte auf dem Controller meiner XBOX 360 auf Start und ließ den Film laufen, der dort seit der Veröffentlichung des Filmes in der XBOX lungerte. Wir haben Juni 2018 und der Film kam am 07. März 2017 raus. Keine andere Disney-DVD, keine meiner Spiele war jemals in dem Laufwerk gewesen. Nur Vaiana- seit einem Jahr. Trotzdem war der Film super und immer noch einer meiner Lieblings-Disney-Filme.
Finja kuschelte sich an mich und stopfte sich ihren Mund mit Ringlis voll.
„Nicht so schlingen. Kauen und hinsetzen!", sagte ich mahnend.
„Na gut", sagte Finja und setzte sich auf. Sie lehnte sich nach hinten an die Couch und stopfte sich weiter die Wangen voll. Sie erinnerte mich gerade an einen kleinen Hamster. Mit viel zu großer Klappe.
  Es kommen wie es kommen musste. Finja und ich pennten nach „Voll gerne" auf der Couch ein und wurden erst gegen Abend wieder wach, als es an der Wohnungstür klingelte. Wer war denn das jetzt? Ich war kein bisschen verabredet, noch hatte sich jemand gemeldet. Saskia und Leo die was vergessen haben, konnten es auch nicht sein. Die riefen mich vorher wenn auf dem Haustelefon an und hätten sich das beim nächsten Mal geholt, oder ich hätte es denen beim nächsten Treffen gebracht. Ich ließ Finja weiter schlafen und deckte sie mit ihrer Kuscheldecke zu. Ich erhob mich von meinen vier Buchstaben und schlenderte zur Tür.
  Es war nur meine Nachbarin gewesen, die sich darüber aufregte, dass ich am Wochenende nicht die Hausflurwoche eingehalten hatte. Ausgerechnet die Nachbarin, die eh nie den Hausflur putzte, deren Kinder meistens in den Hausflur pissten, wenn die nicht die Wände anmalten, oder einfach mal alle Fahrräder im Flur stehen lässt. Aber wehe, einer der Mieter hält nicht die Hauswoche ein. Dann war hier die Kacke am Dampfen.
„Mach ich morgen. Da habe ich frei", sagte ich.
„Machen Sie das auch. Sonst hören Sie von unserem Vermieter! Das ist nämlich..."
Ich drückte der Frau die Tür vor der Nase zu. Nö. Ich war gerade erst wach geworden und dann ging die mir auf die Nerven. Ich glaub ich spinne. Und sich selber mal an die Nase fassen, konnte die Schrabnelle auch nicht. Dumme Pute.
  Zurück im Wohnzimmer schaltete ich meine Xbox aus und legte mich zurück auf die Couch. Finja musste mal langsam wach werden, sonst pennt sie die Nacht kaum bis gar nicht, würde mir dann in der Nacht auf die Nerven gehen, weil sie nicht schlafen kann und zum allen Überfluss würde sie dann übermüdet im Unterricht sitzen. Noch ein Gespräch mit der Lehrerin? Nö, danke.
„Finja. Aufstehen."
Grummelnd streckte sie sich und zog sich die Decke über den Kopf. „Muss ich?"
„Sonst schläfst du nachher nicht richtig."
Finja setzte sich gerädert auf und fuhr sich durch das durchwurstelte Haar. „Und was machen wir jetzt, Mama? Können wir noch ein bisschen auf den Spielplatz?"
„Klar. Wieso nicht", sagte ich und stand auf. „Dann mach dich fertig und dann gehen wir noch für eine Stunde auf den Spielplatz."
     Finja war hellwach und tobte wie Spiderman höchstpersönlich an den Spielgeräten herum, während ich mich auf dem obersten Bereich des Spielturms verfranzte und auf mein Handy blickte. Finja hatte ich aber durch die Lücken der Holzplatten immer im Auge. Der Platz hier oben war Gold wert, du hattest ihr einen super Blick auf den ganzen Spielplatz und wenn was sein sollte, konnte man einfach die Rutsche runter donnern und helfen.
Ich hatte ein paar Nachrichten bekommen.
Mama, alte Schulfreundinnen die wissen wollten was es Neues bei mir gab und wie es mir geht. Ich antwortete Mama und beschloss den anderen später zurückzuschreiben. Schließlich hatte ich schon Jemanden gefunden, den ich auf die Nerven gehen konnte und der sich darüber freut.

Nur ein Schuss [ED37] ✔️. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt