„Jongdae!", rief er panisch aus und stürzte in den Raum hinein. Ihm war völlig gleichgültig, dass er dabei in Farbpfützen trat und noch mehr Farbe auf dem Boden verteilte. Jongdae lag am Fuße seiner Staffelei, auf der eine blanke Leinwand stand. Sein Körper sah unangenehm verdreht aus und seine Augen waren fest zusammengekniffen, als hätte er einen Albtraum.

Kyungsoo stürzte vor ihm zu Boden, zog Jongdaes Körper auf seine Knie und rüttelte ihn sanft. Er war so in Panik, dass er alles vergaß, was er in dem obligatorischen Erste-Hilfe Kurs seiner Führerscheinprüfung gelernt hatte.

Jongdaes Gesicht zuckte, während Kyungsoo panisch und immer lauter werdend seinen Namen aussprach und ihn rüttelte. Er war kurz davor ihm eine Ohrfeige zu geben, um ihn wachzubekommen, aber da öffnete Jongdae endlich blinzelnd die Augen. Er sah völlig verdutzt zu ihm auf, als Kyungsoo einen tiefen Seufzer der Erleichterung ausstieß.

„Du bist wach. Verdammt, was-"

Jongdae hob eine Hand an und strich Kyungsoo mit den Fingerspitzen federleicht über die Wange, was Kyungsoo seinen Satz abbrechen ließ.

„Jongdae?"

„Du bist voller Farbe", flüsterte er so leise, dass Kyungsoo es beinahe nicht erfasst hätte.

Kyungsoo sah an sich hinunter. Er war wirklich voller Farbe, weil Jongdae darin getränkt schien. Er runzelte die Stirn, Jongdae noch immer halb auf seinem Schoß liegend. „Was ist hier passiert?" Er sah sich um. „Wieso liegt überall Farbe und wieso lagst du auf dem Boden? Ich habe den Schrecken meines Lebens bekommen!"

Jongdae schloss noch einmal müde die Augen. „Alles...wurde plötzlich schwarz."

„Du bist ohnmächtig geworden?", quietschte Kyungsoo.

„Ich...so meinte ich das nicht. Alles ist schwarz und....weiß und doch..." Er hielt inne, runzelte die Stirn und klappte dann den Mund auf. „Oh. Doch, ich bin ohnmächtig geworden."

„Ich rufe einen Krankenwagen."

„Nicht nötig."

Kyungsoo funkelte auf ihn hinunter, was wahrscheinlich falschherum nicht den gleichen Effekt hatte, wie richtigrum. „Jongdae, du warst gerade eben ohnmächtig!"

Er richtete sich auf, oder versuchte es zumindest. Kyungsoo stützte ihn an den Schultern und ließ seine Hände dann vorsichtshalber dort liegen. Jongdaes Shirt war feucht von Farbe und was er zuvor für ein rotes Shirt gehalten hatte war in Wahrheit einfach sehr viel rote Farbe. Kyungsoos weißes Hemd war nun ebenfalls darin getränkt.

„Ich habe in letzter Zeit nicht sehr viel gegessen", murmelte er. „Das war nur eine kleine Kreislaufschwäche. Nichts Bewegendes." Er rieb sich über die Stirn. „Der Raum hat sich für einen Moment um mich herum gedreht und mehr weiß ich nicht."

Kyungsoo spürte sein Blut in seine Wangen schießen. „Nichts Bewegendes? Was zum Teufel? Du hättest dir den Schädel aufschlagen können, als du zu Boden gefallen bist! Sonst etwas hätte passieren können."

Jongdae blinzelte ihn nur an. „Das-"

Aber Kyungsoo ließ ihn nicht weitersprechen. „Du hättest dir auch eine Hand brechen können! Oder gleich beide! Was wenn ich nicht gekommen wäre und dich gefunden hätte? Du wärst vielleicht in deinem eigenen Atelier gestorben!" Kyungsoo übertrieb, aber das Adrenalin, das noch immer durch ihn pumpte, machte ihn sehr leicht im Kopf.

„Entschuldige", murmelte Jongdae plötzlich und klang eigenartig scheu dabei. Schuldgefühle waren ihm ins Gesicht geschrieben, wie einem Kleinkind, dass man beim Kartenspielen beim Mogeln ertappt hatte.

Blüten so kalt wie SchneeWhere stories live. Discover now