Kapitel 7

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„Sag mal Sammy, schläfst du etwa schon wieder?" Sues entgeisterte Stimme drang nur langsam zu Samal durch. Sie musste über ihre Grüblerei tatsächlich weggenickt sein. „Na, jetzt nicht mehr." Sue zog nur unbeeindruckt eine Augenbraue hoch. Von Mitleid mal wieder keine Spur, typisch, dachte Samal. „Das ist jetzt das zweite mal heute, dass du weggenickt bist. Dabei haben wir noch nicht mal zwölf Uhr mittags. Und jetzt guck mich nicht so Mitleid erheischend an, bei deinen Schlafgewohnheiten oder eher dem Fehlen von ebendiesen, ist es wirklich kein Wunder. Da kann ich wirklich nur sagen: selbst schuld." „Wie unheimlich charmant.", kommentierte Samal trocken. „Und dennoch wahr.", konterte Sue zurück. Samal zog die Augenbrauen zusammen. Es war ja nicht ihre Schuld, wenn sie sich manchmal nachts rausschleichen und bis zwei Uhr morgens fortbleiben musste, weil irgendwelche Deppen auch nachts in irgendwelche Notlagen gerieten. Aber natürlich durfte Sue niemals erfahren, dass ihr Schlafmangel notwendig war um Menschenleben zu retten. Samal verdrängte ihre vor Sarkasmus triefenden Gedanken und unterdrückte ein frustriertes Seufzen, trotz aller Vorteile ihrer neuen Lebenssituation war das ein Punkt den sie am liebsten ignorieren würde. Einerseits war es ungewohnt und schön jemanden zu haben der einem echte Zuneigung entgegen brachte, andererseits war es absolut mies das Vertrauen dieser Person auszunutzen und sie anlügen zu müssen, was aufgrund bereits erwähnter Zuneigung wiederum nur dazu führte, dass die Person sich sorgte. Um zurück zum Thema zu kommen, waren es ja auch nicht immer irgendwelche Leute die ihr Gehirn mit Gebeten bombadierten, die ihr den Schlaf raubten. Die Träume, oder eher Albträume die sie ansonsten in der Nacht plagten, waren nicht weniger nervig als die ewigen Bittsteller.

„Versucht du Schlaf zu vermeiden, wegen deinen Albträumen, Sammy?", fragte Sue einfühlsam. Samal hielt ein verächtliches Schnauben zurück. Sue hatte mal wieder knapp das Ziel verfehlt, knapper als es dem Engel lieb war.  Es war wirklich ein netter Nebeneffekt ihres 'Nebenjobs' und tatsächlich hatte Samal es sich früher öfters geleistet das Schlafen aus Angst vor den Albträumen so weit wie möglich aufzuschieben. Aber das war gewesen bevor sie Sue kennen lernte und sowohl bei Nacht als auch bei Tag wach zu sein hatte. Als Engel war es für sie kein Problem gewesen, so viel Schlaf wie ein Mensch brauchte sie schließlich nicht. Aber auch für einen Engel waren fünf Stunden Schlaf die Woche irgendwann kritisch. Weshalb sich Samal damit hatte abfinden müssen, dass sie jede unbeobachtete, freie Minute zum schlafen nutzen musste, trotz Albträumen.

„Ich meine das ernst, Samal. Denkst du, ich würde dich nicht hören wenn du schreiend aufwachst?" Naja, Anfangs hatte Sue wirklich nichts mitgekriegt, aber umso länger Samal bei ihr wohnte, umso klarer wurde dem Engel, dass sie es irgendwann merken würde. Und das hatte sie. Aber bisher hatte sie sie immerhin nicht darauf angesprochen. Bisher. Samal ignorierte den Instinkt der sie zum fluchtartigen verlassen des Balkons drängte und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie war echt alles andere als scharf darauf dieses Gespräch zu führen.

„Sammy, ich will doch wirklich nur dein Bestes!"
„Weiß ich ja und mir geht's gut!" Ähem, nun ja den Umständen entsprechend, aber das ging Sue zu ihrer eigenen Sicherheit nichts an.
„Ist es denn nicht schrecklich sich jede Nacht fürchten zu müssen?", blieb Sue hartnäckig. „Ich habe vielleicht Angst, bis ich merke wo ich bin, aber ich habe die Träume seit über einem Jahr, Sue. Das einzige was sie mir noch tun, ist mir auf die Nerven zu gehen. Es ist wirklich kein Problem, ich habe gelernt damit zu leben. Inzwischen macht es mir nichts mehr aus." Naja, fast nichts. Sue sah sie skeptisch an. „Irgendwie glaube ich dir nicht." Seufz, so wie immer also. Wenn sie versuchte Sue von ihrer Gesundheit und ihrem Wohlbefinden zu überzeugen glaubte die ihr nie. „Na dann halt nicht.", murrte Samal. „Sammy, ich-" in dem Moment wurde des Engels Aufmerksamkeit auf einen herumbrüllenden Typen auf der Straße unter ihnen gelenkt, der seine Freundin, die neben ihm ging, aufs Übelste beschimpfte. Als er plötzlich ausholte um ihr eine zu klatschen, griff Samal zur nächstbesten Waffe: den Eiswürfeln aus Sues Glas indem sich mal ein gekühltes Getränk befunden hatte und warf sie vom Balkon herunter, dem Typ direkt an den Kopf. Der schnellte herum und sah sich suchend um während er sich den Kopf hielt. „Hey, Blödmann!", rief Samal vom Balkon herunter,„Hör auf hier rumzubrüllen, das ist Lärmbelästigung! Und misshandle gefälligst deine Freundin nicht, die sich übrigens ernsthaft von dir trennen sollte! Wenn du dich dann verdünnisieren könntest, danke!" Der Typ sah entgeistert zu dem Balkon hoch auf dessen Geländer sich ein kleines Mädchen mit einem Wischmop schwarzer Locken stützte und ihre Frustration an ihm ausließ. Schließlich kam er zu dem Schluss, dass er es nicht provozieren sollte, entschuldigte sich bei seiner Freundin und versprach ihr Blumen zu kaufen und bog mit ihr in eine Einkaufsstraße ein.
Sue schüttelte den Kopf. „Wie weit du gehst um diesem Gespräch aus dem Weg zu gehen. Unglaublich. Trotzdem solltest du deinen Frust nicht an Fremden auslassen." Samal rang um Fassung um nicht auf der Stelle vom Balkon zu fliegen. „Ich geh noch mal weg. Bin zum Abendessen wieder da.", meinte sie und stapfte aus der Wohnung.

Neuer Wordrekord 😱😄, Wiwi 😊

Samal: The Angels SinWhere stories live. Discover now