Kapitel 6

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„Sammy?" „Mhm?", Samal drehte den Kopf zu Sue und öffnete ein Auge. „Ach nichts.", lächelte Sue. Samal verdrehte theatralisch die Augen und schloss sie wieder. Dennoch schlich sich ein winziges Lächeln auf ihre Lippen. So anstrengend Sue auch manchmal seien konnte (man nehme als Beispiel dass sie sich an das Jubiläumsdatum ihrer fast einjährigen Freundschaft erinnerte und sich unnötig den Kopf zerbrach, was sie zusammen Besonderes unternehmen sollten), sie war die einzige große Schwester die Samal je gehabt hatte.

Angesichts dieser Umstände war es auch nicht selten, dass sie sich, so wie jetzt, in einem Liegestuhl auf Sue's Balkon sonnte. „Ist schon verrückt oder?", durchbrach Sue erneut die Stille. Samal öffnete erneut ein Auge und blinzelte (es war gleißend hell, jetzt um die Mittagszeit) zu ihrer Pseudo-Schwester hinüber. Sue sah sie gar nicht an, sondern studierte durch ihre Sonnenbrille hindurch den wolkenlosen Himmel und fuhr fort ohne auf eine Antwort zu warten. „Ich meine, es sind nur noch zwei Wochen, dann ist es ein Jahr her seit wir uns kennengelernt haben." Samal unterdrücke das Bedürfnis sich lautstark die Hand vor die Stirn zu klatschen. „Dass du dir sowas merken kannst!",stöhnte sie. Als so ziemlich unsterblicher Engel spielten Daten oder Zeiträume für sie gar keine Rolle. „Kann ich halt.", erwiderte Sue ohne eingeschnappt zu klingen und ließ es danach zu, dass sich die angenehme Stille wieder zwischen ihnen ausbreitete. Was Samal dazu verleitete in Gedanken zu versinken. Es kam ihr ewig vor seit Sue ihr erklärt hatte, dass sie sich bei ihr wie zuhause fühlen konnte. Und noch länger war es her, dass sie Sue das erste Mal besucht hatte. Ja, nachdem sie sich Sue an diesem Morgen auf der Strandpromenade geöffnet hatte waren sie schnell unzertrennlich geworden, musste Samal für sich feststellen.

Sie hatte schnell zu der jungen Frau Vertrauen gefasst nachdem sie ihr Misstrauen unbegründet gefunden hatte. Sue hatte ihr bereitwillig alles über sich erzählt. Dass sie alleine mit der riesigen, schwarzen Hündin Holly in dieser Wohnung lebte, dass sie kaum noch Kontakt zu ihren Eltern, insbesondere ihrer Mutter hatte, weil diese so orthodox gläubig und starrsinnig war, dass sie selbst dennoch Christin war, nur eben nicht so streng gläubig wie ihre Mutter es gerne hätte, dass sie Einzelkind war, Theologie studierte und Pastorin werden wollte, und, und, und.

Schwieriger war es gewesen als Samal an der Reihe gewesen war von ihrem Leben zu erzählen. Sie konnte Sue ja unmöglich offenbaren, dass sie sich mit einem Engel (allerdings nicht so heilig wie es der Name vermuten ließ) angefreundet hatte. Also hatte sie ihr eine kleine Lügengeschichte aufgetischt. Klein nur deswegen, weil nicht alles gelogen war. Für Sue war Samal ein circa elfjähriges Mädchen, dass wegen schlechter Behandlung aus einem Waisenhaus weggelaufen war und keinerlei Familie hatte. So harmlos und unkompliziert, dass Samal sich manchmal wünschte sie wäre wirklich diese Person.

Letztlich brachte das Leben mit Sue trotz kleinen Nachteilen (wie sich ständig 'Sammy' rufen lassen zu müssen), größtenteils Vorteile: Dass Sue eine Dachgeschosswohnung mit Balkon hatte, kam Samal als Lande- und Startplatz natürlich sehr gelegen, zumindest wenn Sue nicht zuhause war. Denn sie war inzwischen in Besitz des Ersatzschlüssels der auch die Balkontür öffnete, weshalb Sue sich niemals wundern würde, wenn sie Samal in ihrer Wohnung fand obwohl sie nicht zuhause gewesen war. Darauf, dass ihre kleine Mitbewohnerin niemals das Treppenhaus benutzte um in ihre Wohnung zu gelangen, würde sie wohl nie kommen. Und eine Basis zu haben wo sie zwischen ihren Rettungsflügen landen konnte, war definitiv erholsamer als schmutzige Gassen und Palmen am Strand.

Das war jetzt mal wieder etwas kürzer als die Norm aber immer noch länger als Kapitel 3 also habt Nachsicht mit mir. Bis zum nächsten Update, Wiwi 🙂

Samal: The Angels SinWhere stories live. Discover now