Kapitel 4

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Sie setzte sich in ihrem Bett auf und rieb sich die Augen. Die anderen Kinder rührten sich ebenfalls und robbten gähnend bis an ihre Bettkanten. Schwester Theresa kam ins Zimmer und klatschte mehrmals in die Hände. „Ah, wie schön, dass ihr alle wach seit. Los raus aus den Federn Kinder, es ist ein wunderschöner Tag." Damit durchquerte sie den Raum, riss die Vorhänge zurück und öffnete das Fenster. Eine sanfte Brise wehte ins Zimmer, begleitet von hellen Sonnenstrahlen, dem Gezwitscher von Vögeln und einem Ausschnitt von strahlend blauem Himmel. Sie setzte sich ebenfalls auf ihre Bettkante und streckte sich während sie aus dem Fenster sah. Es war in der Tat ein wundervoller Tag. Ihr entrang sich ein Gähnen. „Na komm Sally, raus aus den Federn es gibt viel zu tun.", sagte Schwester Theresa und klopfte ihr auf dem Weg zur Tür, aufmuntert auf den Oberschenkel. Lächelnd erhob sich das Mädchen und scheuchte die anderen Kinder ins Badezimmer während sie sich über den Schabernack freute den einige Frechdachse dabei veranstalteten. Es war weitaus nicht so schlimm in einem Kinderheim zu leben wie es immer alle glaubten.

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„ Ihr müsst schneller essen! Wir werden dieses Jahr nicht noch einmal einen Ausflug zu eurer Belustigung machen, also bewegt euch gefälligst!", kommandierte Mister Thompson. „Aufessen! Los jetzt!" Sie blickte in das Gesicht des Jungen, der ihr gegenüber saß und verzweifelt seinen Haferschleim anstarrte. „Wer nicht aufisst bekommt ne Tracht Prügel!", drohte der widerliche Kerl. Der Kleine zuckte zusammen und begann leise zu wimmern. Schnell griff sie über den Tisch und erlangte die Aufmerksamkeit ihres Gegenübers indem sie eine Hand über die des Jungen legte. Dieser blickte auf. Nervös sah sie sich um ehe sie flüsterte:„ Hey, warum isst du nicht?! Sie werden dich dafür schlagen!" „Ich weiß!", wisperte das Kind ängstlich,„ aber ich kriege doch von Milch immer so schreckliche Bauchschmerzen!" Sie biss sich nervös auf die Lippe und zog ihre Hand zurück. Noch rasch ein prüfender Blick nach links und rechts, dann schob sie ihren leeren Teller über den Tisch. „Schnell, gib mir deinen!", forderte sie den Anderen auf. Der Junge reichte blitzschnell seinen Teller über den Tisch. Dann ließen die beiden Verschwörer hastig ihre Blicke umher schweifen, niemand hatte den Austausch beobachtet. Die anderen Kinder waren viel zu beschäftigt ihren Haferschleim hastig in sich hinein zu schlingen und die Heimarbeiter kontrollierten gerade andere Tische.
Plötzlich räusperte sich hinter ihr jemand. Der Junge ihr gegenüber riss erschrocken die Augen auf. „Samantha, warum hast du dein Essen noch nicht angerührt?", fragte die bedrohlich ruhige Stimme von Mister Thompson. „Brauchst du etwa eine extra Aufforderung?" „Nein sir.", sie schluckte. „Dann iss!", brüllte Mister Thompson und mit einem lauten Klatschen traf seine Hand ihre Wange, sodass es in dem stillen Raum widerhallte und der kleine Junge und auch alle anderen Kinder im Speisesaal zusammenfuhren und die Köpfe senkten. Eine einzelne Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel und rann ihre pochende Wange hinab.

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Samal wachte auf als sie jemand an der Schulter rüttelte. Verschlafen blinzelte sie in die Sonne die sich vor einiger Zeit schon über den Horizont erhoben und über dem Meer aufgestiegen sein musste. Das Rauschen der Wellen die an den Strand klatschten hätte sie fast wieder ins Land der Träume gezogen, wäre sie nicht noch einmal, diesmal grober, geschüttelt worden.

Samal riss ihren Blick von den Wellen los und wandte sich um. Nun blickte sie in das Gesicht ihres menschlichen Weckers, eine weißblonde, junge Frau mit kinnlangem Haar bei dem sich die Spitzen nach außen kräuselten, Pony, Sommersprossen auf Nase und Wangen und einem warmen Lächeln. Alterstechnisch sortierte Samal sie zwischen 18 und 20 Jahren ein. Sie war ungeschminkt und trug Jeans und T-Shirt, hatte einen großen, schwarzen Hund an der Leine, was erklärte warum sie schon unterwegs war während noch kaum Leute auf der Straße waren (mit dem Auto zur Arbeit fuhren sie jedoch schon in Massen, es musste also zwischen 7 und 9 Uhr morgens sein).Vermutlich hatte sie noch keinen festen Job. In Momenten wie diesen war Samal froh dass sie sich angewöhnt hatte nach dem Landen sofort ihre Flügel einzuklappen und verschwinden zu lassen.

"Hey Schlafmütze, aufwachen.", schmunzelte die Fremde. Schlafmütze? Ich war drei Tage lang wach!, knurrte Samal in Gedanken. Sie blickte der jungen Frau nur unbeeindruckt ins Gesicht und zog im Zeitlupentempo eine Augenbraue hoch. Gleich würde doch sicherlich der übliche Fragenkatalog auf sie nieder regnen: Wie heißt du, wo wohnst du, wo sind deine Eltern, bist du ganz alleine, bist du etwa obdachlos, hast du etwa hier geschlafen? „Hast du Hunger?" Perplex starrte Samal die junge Frau an. Dann plumpste ihr Kiefer so unaufhaltsam in die Tiefe, dass Samal jeden Moment damit rechnete, dass er auf dem Boden aufschlagen würde.

Samal: The Angels SinWhere stories live. Discover now