Kapitel 2

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Samal hatte es nicht eilig die Dollar, die ihr Nick's Mutter geschenkt hatte auszugeben. Als Engel brauchte sie schließlich weniger Schlaf und Nahrung als die Menschen. Trotzdem fühlte es sich gut an etwas eigenes Geld zu haben, ein Sicherheitsnetz für den Notfall. Und wie aufs Stichwort meldete sich ihr siebter Engelssinn. Apropos Notfall,hä?
Sie seufzte und zwang sich nicht auch noch mit den Augen zu rollen, als ein Schwarm hysterischer Stoßgebete auf ihr Hirn niederregnete. Samal stoppte ihren Flug und machte eine neunzig Grad Drehung in die Richtung auf die sie die Gebete zurückverfolgt hatte. Dann machte sie sich mit kräftigen Flügelschlägen auf zur Rettung.

Sie sah die Rauchwolke noch bevor sie dem Wirrwarr von Gebeten in ihrem Kopf entnehmen konnte, dass der Notfall ein Brand in einem Mehrfamilienhaus war. Der abermals ansteigende Lautstärkepegel der Gebete verursachte ihr bereits leichte Kopfschmerzen als sie mit Sicherheitsabstand von der Rauchsäule halt machte, die sich vor ihr in den Himmel schraubte.
Ich sollte mir wirklich mal einen Pfarrer suchen und ihn bitten den Menschen Beten in gesenkter Lautstärke beizubringen, weil ihre Gebete sonst bald gar nicht mehr gehört werden, da sie ihren Engeln die Synapsen weggebruzelt haben, schoss es ihr durch den Kopf. Das situationsbedingt-unpassende Grinsen, dass dieser Gedanke hervorrief, ließ sich nicht unterdrücken wie Samal feststellen musste.

Als sie durch ein geöffnetes Fenster flog aus dem dichte Rauchschwaden aufstiegen, hielt sie aus Reflex die Luft an. Sie trat eine Tür ein und klemmte sich die dahinter kauernden Kinder unter die Arme. In dem Moment, indem sie das Stocken ihres Atems bemerkte, hätte sie sich am liebsten die Hand gegen die Stirn geklatscht, wäre diese nicht gerade damit beschäftigt ein kleines Mädchen zu umklammern. Verdammte Axt, Samal! Du bist ein Engel du musst die Luft nicht anhalten nur weil es qualmt!, schnauzte sie sich in Gedanken selbst an. Mit solchem Mist bremst du dich doch nur selbst aus und bringst die, die du retten sollst in zusätzliche Gefahr! Durch ihren Ärger über ihre eigene Vergesslichkeit schaffte sie es die Bewohner des Gebäudes in Rekordzeit zu evakuieren und im Hinterhof zu versammeln. Sie achtete darauf ihre Flügel möglichst nicht zu nutzen und war sogar noch in der Lage die bestehenden Rauchvergiftungen der Brandopfer zu heilen, bevor sie, immer noch schlecht gelaunt, zurück in das brennende Haus stapfte und durch ein geöffnetes Dachfenster innerhalb der Rauchsäule ungesehen davonflog. So, hätten wir das auch geklärt. Na am besten ich bleibe erstmal in der Luft, sowie ich mein Glück kenne wird mir ja doch gleich wieder jemand den Kopf sprengen, grummelte sie in Gedanken.

Erstaunlicherweise wurde Samals Ruhe bis in die frühen Abendstunden nicht gestört. Erst als es schon dunkel wurde und es ihr langsam langweilig wurde vorbeiziehende Flugzeuge mit Graffiti zu bemalen (die Sprühdose hatte sie vor einigen Tagen in einer kleinen Gasse von einem leicht angetrunkenen Jugendlichen bekommen der Ihr weißmachen wollte er wäre ihr Verehrer) und auszuprobieren wie viele Loopings sie hintereinander machen konnte ohne Gefahr zu laufen abzustürzen, fing ihr Engelssinn ein panisches Gebet auf. Ein Mädchen ungefähr ein bis zwei Kilometer von Samals Position entfernt schien aufs Äußerste verstört um Hilfe zu bitten. Keine Sorge ich bin gleich da, dachte Samal und beschleunigte ihren Flügelschlag.

Die Situation die sie in der Gasse vorfand in der sich das Mädchen befand ließ ihren langsam versiegenden Ärger wieder aufkochen. Die Wut brodelte in ihr wie in einem Vulkan als sie den besoffenen Mann mittleren Alters ins Visier nahm der anscheinend vorhatte die Jugendliche zu vergewaltigen. "Was soll das denn werden?", fragte Samal mit zuckersüßer Stimme und einem ebenso zuckersüßen Lächeln und legte den Kopf schief. Der Mann ließ von dem Mädchen ab und lallte irgendetwas unverständliches in seinen Bart. Samal mit ihrem übernatürliche Gehör hatte ihn trotzdem verstanden. "Ach, sieh an ein wenig Spaß wolltest du mit der Süßen haben?" Das Blut rauschte in ihren Ohren so wütend war sie. "Ja warum nicht?", lallte die Ursache ihres Ärgers da mit einem versoffenen, dümmlichen Grinsen und besiegelte sein Schicksal. Die Jugendliche die soeben noch dabei war, Abstand zwischen sich und das Geschehen zu bringen während sie ihre zerknitterten Kleider glättete und ihre vom Weinen verlaufene Schminke fortwischte, erstarrte und bekam Augen, größer als Bauklötze, als Samal die Kontrolle verlor.

Samal: The Angels SinDove le storie prendono vita. Scoprilo ora