Prolog - 2. August

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PoV Yoongi

Es ist viel zu warm hier drinnen in der Wohnung. Warum muss August auch immer so heiß sein? Man kann die ganze Nacht die Fenster aufreißen und trotzdem lebt man eher in einer Sauna als in einer Wohnung. Zum Glück gibt es ja diese Erfindung namens Klimaanlage und meine Wohnung sollte eigentlich eine funktionierende haben. Eigentlich. Wie auch immer er das geschafft hat, aber als Namjoon die Jungs abgeholt hat ist er irgendwie gegen die Fernbedienung dafür gekommen und seitdem funktioniert sie nicht mehr. Danke dafür Joon. Deinetwegen simuliere ich gerade das Leben eines Lauchs in einem Gewächshaus.

Ist es irgendwie möglich den Sommer gegen den Winter einzutauschen? Wer auch immer diese Hitze bestellt hat, sucht mal bitte ganz schnell den Kassenzettel und gibt sie wieder zurück. Wäre es kühler, würde ich nicht mehr so schwitzen und könnte endlich wieder die Pullover von Hobi tragen. Die sind so schön weich und vor allem riechen sie nach ihm. Kalte Jahreszeiten haben echt nur Vorteile.

Als wäre das Wetter nicht schon Zumutung genug, ist heute Donnerstag. Ich hasse Donnerstage. Es ist der einzige Tag in der Woche, an dem ich vor Hobi zu Hause bin und ich fühle mich gerade viel zu einsam. Es ist so langweilig ohne ihn. Für Bewegung, die mir sogar ganz gut tun würde, ist es zu warm, aber bei ihr scheitert es schon an der Begeisterung dafür. Warum sollte ich mich auch bewegen? Holly muss nicht raus also gibt es keinen überzeugenden Grund. Und auf alles andere, was mich ablenken würde, habe ich keine Lust. Zumindest nicht alleine, wäre Hobi da würde ich alles mitmachen.

Eigentlich schlimm wie abhängig ich von ihm innerhalb von einem Dreiviertel Jahr geworden bin. Ist er weg, bin ich einsam und gelangweilt, habe keine Motivation für irgendwas, aber sobald er bei mir ist, bin ich glücklich. Er ist wie eine Droge ohne die ich nicht leben kann. Und ich bin schon seit mehr als drei Tagen auf Entzug! Wir leben, warum auch immer, bis jetzt noch nicht zusammen, aber sind sonst trotzdem durchgängig in einer Wohnung. Bevorzugt in meiner, weil sie etwas größer und näher am Entertainment und der Tanzschule ist.

Allerdings habe ich die letzten Tage fast durchgängig eingeschlossen in meinem Büro verbracht, weil einige Alben fertig gemacht werden mussten. Hoseok war solange in seiner Wohnung, weil es da derzeit einen Mieterstreit gibt. Heißt: Ich hatte kaum Menschen- und schon gar keinen Körperkontakt, wurde weder gekuschelt noch hatte ich Hoseoks Nähe und Geruch. Ich hätte ja zu ihm fahren können, aber um vier Uhr morgens zu klingeln und ihn aus dem Bett zu schmeißen wäre schon gemein gewesen. Diese kurze getrennte Zeit fühlt sich irgendwie ewig an und macht mir erst bewusst wie langweilig mein Leben ohne ihn ist.  Ab heute kommt er aber wieder zu mir in eine Wohnung, weshalb ich endlich meine Entzugserscheinungen aufarbeiten und, so kitschig es auch klingt, endlich wieder glücklich sein kann.

Hätte mir jemand vor diesen drei Wochen letzten November gesagt, dass man eine andere Person so sehr lieben und von ihr abhängig werden kann wie ich es jetzt bin, hätte ich ihn für verrückt erklärt und in die nächste Psychiatrie geschickt.

Ich wäre ganz gerne jetzt schon wieder glücklich, aber da sind zwei Faktoren, die das vermeiden: Die Hitze und viel schlimmer, mein fehlender Sonnenschein. Der einzige Sonnenschein den ich wohl bemerkt mag und der nicht meine Haut verbrennt. Mal ehrlich, wie schafft man es mit Lichtschutzfaktor 30 im Schatten zu verbrennen, wenn es nicht eimal so warm ist? Und dann sind da noch Leute wie Tae und Kai, die mit Lichtschutzfaktor 25 im vollen Sonnenschein nur dunkler werden und nicht ihre Hautton zu krebsrot wechseln. Wobei... so rot bekommt Hobi mich auch und die Wärme, die Dank ihm in mir herrscht, ist noch viel schlimmer als direkte Sonneneinstrahlung.

"Hoooolly! Mir ist langweilig! Und Hoseok kommt erst in einer Stunde nach Hause." Schmollend drehe ich mich auf der Couch und schaue zu meinem Hund, meinem einzigen sozialen Kontakt in den letzten Tagen. Mehr als einen fragenden Blick bekomme ich allerdings nicht als Antwort, war ja aber zu erwarten. Leider kann Holly nicht sprechen. Früher, beziehungsweise vor den drei Wochen, habe ich diese Eigenschaft unglaublich geschätzt, jetzt nervt mich die Stille um mich herum.

Damit wenigstens ein paar Geräusche entstehen schalte ich den Fernseher ein. Lustlos durchsuche ich die Programme und bleibe am Ende bei einer Dokumentation über Schmetterlinge stehen. Zumindest Holly finde die scheinbar toll, denn so schnell wie der kleine Schwanz wackelt können sie nicht uninteressant sein. Dann schauen wir halt das, was besseres wird eh nicht laufen.

Ein klackendes Schloss lässt mich hochschrecken. Müde reibe ich einmal über meine Auge. Scheinbar war die Doku so interessant, dass ich eingeschlafen bin. Obwohl, mich zum Einschlafen zu kriegen ist jetzt nicht sonderlich schwer. "Ich bin wieder da!", ruft plötzlich meine Hoffnung durch die Wohnung. Wie vom Blitz getroffen springe ich auf und renne ihm entgegen. Endlich! Rette mich! Ich brauche deine Liebe jetzt! Du warst viel zu lange weg!

Kaum im Flur schlinge ich meine Arme um ihn und klammere mich an meinen Freund. Wie ich das Gefühl liebe, welches mich bei jeder Berührung durchströmt. Die Schmetterlinge feiern eine Party, Wärme durchfährt meinen Körper und mein Kopf setzt einfach aus. Er ist wirklich meine Droge.

"Na, hat mich da jemand vermisst?", lacht Hobi und schlingt seine Arme ebenfalls um mich. Er drückt mir einen kurzen Kuss auf die Haare und fährt dann durch sie. Wäre ich eine Katze, würden jetzt Schnurrgeräusche von mir kommen, aber lassen wir das. Es ist schon peinlich genug so auf jemanden zuzustürmen, weil man sich so sehr freut. "Ja, aber erwarte bloß nicht, dass so eine Begrüßung zur Gewohnheit wird.", murmle ich nun völlig zufrieden. Lustig, genau die gleichen Worte habe ich die letzten drei Wochen auch jedes Mal gesagt. Und doch renne ich immer wenn er wiederkommt.

"Natürlich nicht.", antwortet er mir lachend. Mach dich nur lustig, ich weiß selbst, dass ich meine Vorsätze nicht halten kann und glaube auch gar nicht halten will. Vorsichtig löst er seine Arme von mir, was ein knurren meinerseits erhält. Ich musste über eine Stunde warten also lasse ich dich so schnell auch nicht mehr los.

"Ist es nicht bequemer auf der Couch zu kuscheln?", fragt Hobi und streicht noch immer durch meine Haare. Berechtigte Frage, aber dafür müsste ich mich ja lösen. Mittelgroßes Problem, ganz einfache Lösung: "Trag mich." Lachend hebt er mich hoch und ich schlinge für mehr Halt meine Beine um seine Hüfte, während er mich am Po stützt. Vorsichtig, damit wir uns nirgendwo stoßen, lenkt er uns zur Couch, worauf er sich sofort fallen lässt. Zufrieden vergrabe ich meinen Kopf in seiner Halsbeuge und atme einmal tief seinen Geruch ein. Beim kuscheln ist es sogar egal wie warm es hier drinnen ist. Kuscheln geht immer.

"Ich habe dich auch vermisst Zuckerwatte.", murmelt er plötzlich und unterbricht seine Streicheleinheiten. Murrend hebe ich meinen Kopf. Warum hört er jetzt schon auf? Das war noch nicht mal ansatzweise genug Nähe. "Du bist viel zu niedlich.", lacht er und fängt an kleine Küsse auf meinem Gesicht zu verteilen. Seine weichen Lippen streichen von meinen Mundwinkeln, über meine Wangenknochen auf die Stirn und die Nase runter wieder zum Mund. Jede Stelle, die er berührt, wird noch wärmer als sie sowieso schon ist und bringt mein Herz nur noch mehr zum rasen.

"Wie konnte ich die letzten Tage ohne dich überleben?", flüstert er lachend und lehnt diesmal seien Stirn an meine. Unsere Blicke treffen sich und wieder einmal sagen sie so viel mehr als Worte. Ich kann die ganze Liebe und Zuneigung in seinen funkelnden braunen Augen gar nicht beschreiben, auch wenn ich es versuchen würde.

"Kann ich dir nicht sagen. Ich weiß auch nicht, wie ich das geschafft habe, aber zwei Dinge sind sicher: Wir waren zu lange getrennt und diese Wohnungssituation ist einfach nur ätzend. Und jetzt stell dich deinem Schicksal und kraule mich weiter."

After three weeks | YoonseokWhere stories live. Discover now