T R Z Y D Z I E Ś C I O S I E M

644 27 19
                                    

Ich breche den Kuss ab. Merke, wie der Atem stoßweise erfolgt. Ich blicke in ihre Augen. Stechend grün, klar. Sie strahlen förmlich. Ihre wohlgeformten Lippen haben sich zu einem schwachen Grinsen verzogen. Kein Wort bahnt sich aus uns; die Blicke sprechen für sich. Ich lasse den Blick über ihren Körper schweifen. Erst jetzt fällt mir auf, dass sie ihr schwarzweißes Flanellhemd offenzustehen hat. Der schwarze BH sticht hervor. Ich verenge die Augen und reiße den Blick von dem Kleidungsstück los. Cessys bloße Anwesenheit hat meinen Herzschlag verdreifacht. Es trommelt und trommelt. Immer gegen den Brustkorb. Ich könnte meinen, dass das Herz binnen Augenblicke aus der Brust springen wird.

„Bist du bereit", hauche ich und setze meine Lippen auf ihren Hals. Realisiere sogleich Cessys Körperwärme, „das Feuer erneut zu entzünden?" Die Finger zupfen ein wenig an ihrem Flanellhemd, unternehmen eine Wanderung zu ihrem Rücken. Huschen nach unten, zu dem Gürtel. Male ihn nach, ehe die Finger unter das Hemd schlüpfen und die nackte Haut berühren. Ich entlocke Cessy ein sehr feines Zusammenzucken.

„Nichts lieber als das", raunt die Blondine zurück und streicht mit den Fingerkuppen über meinen Nacken. Eine Gänsehaut entsteht und breitet sich aus. Ich nehme diese zärtlichen und flüchtigen Bewegungen mit einer starken Intensität wahr. „Lass' uns brennen." Der Ton in ihrer melodischen Stimme unterzieht sich einer Veränderung, als ich Küsse auf ihrem Hals absetze. „Brennen in dieser Nacht."

Worte, die mich verzaubern. In eine Art Bann holen. Ich gebe mich diesem Bann hin, lasse zu, wie er mich vollständig im Griff hält. Ich wechsele den Zustand. Mehr unbewusst als bewusst. Der Verstand wird eingehüllt. Ein noch dünner Nebelschleier liegt in meinem Kopf. Ich lege die Hände auf Cessys unteren Rücken und verteile zärtliche Küsse auf dem Hals. Nicht fordernd, nicht drängend. Nicht einmal hungrig. Die Vierundzwanzigjährige lässt einen leisen Seufzer erklingen. Schenkt mir mehr Fläche, indem sie ihren Kopf zur Seite neigt.

„Du bist bezaubernd", murmele ich gegen die Haut, ehe ich mich von ihrem Hals ablasse und sie anblicke. „Einfach atemberaubend. Dein Anblick macht mich verrückt. Im guten Sinne." Ich erlaube ihr nicht, etwas zu sagen. Vereine unsere Lippen und beginne einen Kuss. Er strotzt nicht vor Hunger, Begierde. Dort ist etwas anderes. Irgendetwas, was ich nicht deuten kann. Selbst die Gefühle, die derzeit durch mich wirbeln, sind anders. Sie sind nicht mehr wie die, die ich empfunden habe, als ich mit der Tänzerin die Nacht in ihrem Lokal verbracht habe.

Was sind das für Gefühle, welche mich heimsuchen und davor sind, diese Nacht zu prägen? Und warum bin ich nicht fähig, sie zu deuten? Haben sie irgendetwas zu bedeuten? Fragen blühen in meinem Kopf auf. Sie veranlassen mich, den Kuss vorzeitig zu beenden. Ich sehe in ihre Augen. Cessys Augen strahlen nach wie vor. Der Glanz funkelt, die Farbe ist kräftig.

Aber das Grinsen ist ihr von den Lippen gewichen.

„Was ist?", fragt sie und nimmt ihre Arme von meinen Schultern. Fährt mit den Händen über meine Arme. Ein sanftes Prickeln bleibt zurück. Jede Stelle, mit der sie Kontakt gehabt hat, glüht schwach. „Stimmt etwas nicht?"

Ich kann keine Worte hervorbringen. Bleibe somit stumm. Das Netz aus den diversen Geräuschen hat sich auf uns gelegt. Überall Musik, Gelächter, Rufe, Schreie. Ob es daran liegt, dass ich mit Cessy diese Nacht nicht genießen kann? Stimmt das Umfeld nicht? Ich habe selbst für solche Fragen keine passende Antwort parat. Erst jetzt wird mir klar, dass Cessy mit mir gesprochen hat. Ich blinzele schnell und befreie mich aus der anfänglichen Starre.

„Ach, nichts. Ja, nichts. Alles ist in bester Ordnung." Ich habe mir eine Lüge beschert. Irgendwie ist nichts in Ordnung, aber das kann ich der Blondine nicht sagen. Ich mustere ihr Gesicht. Ihre ohnehin schon dunklen Augenbrauen hat sie nachgemalt. Ihre wohlgeformten Lippen wirken voller und betonter. Die Wimpern, lang und sanft gebogen, verleihen dem Grün einen besonderen Ausdruck. Cessy sieht exotisch aus. Exotisch, anmutig. Und verboten heiß.

SinnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt