It's not easy to be me #12

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Ich starrte auch meine Füße. Wie ich einen vor den anderen setzte. Wie sie diese simple Bewegung immer wieder wiederholten und mich somit voranbrachten. 
Warum konnte das Leben nicht so simpel sein? 
Warum musste es Menschen wie Ally geben? Die auf lieb und nett machten und dann mit voller Wucht zuschlugen.
Wie konnte sie sagen, dass meine Mutter aus einem Grund gestorben war?! Meine Mutter war der wunderbarste Mensch auf Erden gewesen. Sie war ein Engel. Und Engel sterben nicht, nicht aus einem Grund. Wenn ein Engel stirbt, dann, weil ihn jemand dazu getrieben hat. Und dieser jemand war ich. 

"Mary, was soll ich tun?"

Jammernd hockte ich vor Mary. Sie war so groß und stark, ein Zeichen der Unabhängigkeit und trotzdem etwas Leichtes. Sie war ein Geschenk. 
Sie konnte ganz New York überblicken, auf jeden einzelnen schauen. Hoffentlich auch auf mich. 

"Mary, Ally sagt, meine Mutter ist aus einem verdammten Grund gestorben. Wie kann sie es wagen?!"

Es wurde Abend, es wurde Nacht. Doch es blieb hell. 
Wann war es in New York auch schon dunkel?

Ich blieb sitzen und dachte über den Abend mit Ally nach. Obwohl ich sie hasste, war der erste Teil unserer Begegnung doch ganz gut verlaufen. Es war gemütlich gewesen und lustig, aber dann... 

Als plötzlich mein Handy klingelte und ich Anns Nummer darauf las, fiel mir erst auf, wie spät es bereits geworden war.
Ich drückte meine Tante zwar weg, doch ich raffte mich auf, um mich auf den Weg zu machen. 

Ich kam an der Brücke vorbei, an der ich Ally zum zweiten Mal getroffen hatte. 

Vielleicht sollte ich es jetzt zu Ende bringen...

Ich stellte mich an die Kante der Brücke und schaute nach unten in das rauschende Wasser. 

Da sah ich ein kleines Kind. Es fiel über das Geländer. Schreiend stürzte es in die Tiefe. 
Sofort reagierte ich und sprang dem Kleinkind hinterher. 
Ich zog es aus den sich überschlagenden Fluten. Ich nahm all meine Kraft zusammen und schwamm mit dem Kind in meinem Arm zum Ufer. Eine jubelnde Menschenmenge empfing mich. Die Mutter des Kindes nahm mir, mit Tränen der Erleichterung im Auge, ihren Sprössling aus meinen Armen.
Ich hatte es gerettet. Ich ganz alleine.

Ich machte einen Schritt zurück. Selbst wenn die Welt mich, Mick Dawson, nicht mehr brauchte, sie brauchte mich als Superheld. Als der Superheld, der seit jedem Tag in mir schlummerte und mir das Gefühl gab, etwas Wert zu sein. Selbst wenn ich wusste, dass es nur Halluzinationen waren, die mir dies vermittelten. 

Ich entfernte mich mit schnellen Schritten von der Brücke und lief in Richtung Anns Zuhause. 
Dabei fragte ich mich, ob ich jemals mein Zuhause wiederfinden würde. Ob es nochmal einen Ort gab, an dem ich mich so wohlfühlte, wie ich es zu Hause getan hatte. 

Ohne, noch einen Gedanken an die morgige Schule zu verschwenden, legte ich mich in mein Bett, in mein langweiliges, braunes Bett, das in meinem langweiligen farblosen Zimmer stand. In dem Zimmer, das war wie ich. Farblos, trostlos und traurig. 

"Michael! Steh endlich auf!", rief Ann von unten. 

Mühselig rappelte ich mich auf und stieg aus dem Bett. Ich stellte mich vor meinen Kleiderkasten, um mir irgendetwas Brauchbares für die Schule herauszusuchen. 

Meine ganze Kleidung war ausschließlich grau, dunkelblau und schwarz. In der Ecke hing ein rotes Hemd. Ann hatte es mir gekauft, weil sie gefunden hatte, ich könnte etwas Farbe vertragen, doch ich hatte es kein einziges Mal angehabt. Es passte einfach nicht zu mir. Es war so... farbig. 

Ich griff mir einen dunkelgrauen Pullover und eine schwarze Jeans aus dem Kasten und lief die Stufen hinunter. 

"Micheal, willst du dir nicht mal was Helleres anziehen. Schau, wie schön heute die Sonne scheint", sie zeigte demonstrativ auf das Fenster, "Du wirkst, als ob du auf ein Begräbnis gehen wolltest", tadelte meine Tante, als ich die Küche betrat.

"Schule ist mindestens ein genauso trauriges Ereignis", murrte ich zurück und setzte mich. Jedoch konnte ich das nicht beurteilen. Ich war noch nie auf einem Begräbnis gewesen. Meine Mutter war eingeäschert worden, niemand hatte die Asche jemals gesehen. Mein Vater hatte sie mit sich genommen, wohin auch immer er auch jetzt war.

Nach dem Frühstück schnappte ich meinen Rucksack und verließ das Haus. 

In meiner Straße wohnten kaum andere Schüler, nur Arbeitende. Die meisten von ihnen waren schon früh Morgens in die Büros gefahren somit war die schmale Seitengasse fast menschenleer. 

Ich wusste bis heute nicht, warum wir eigentlich ein Haus hatten. Ann war nicht gerade reich. Außerdem war der Rest der Gasse fast ausschließlich mit Wohnungsblöcken gefüllt. Am Ende der Straße standen noch ein paar weitere Hauser, die genauso wenig in die Umgebung passten, wie unseres. Es war nicht groß, um ehrlich zu sein, war es sogar sehr klein, doch es war ein Haus.

In der Schule tummelten sich wie immer alle in den Gängen. Die Playboys der Schule drückten sich wie immer mit irgendwelchen Mädchen in den Ecken herum und die Tussis, die keinen von ihnen abbekommen hatten, stolzierten mit ihren Freundinnen herum und unterhielten sich über den Kram, über den sie sich jeden Tag unterhielten.

Ich blendete das alles wie jeden Tag aus und ging schnurstracks zu meinem Spind. 

Als ich meine Bücher herausgenommen hatte und die Tür wieder schloss traute ich meinen Augen kaum. 

"Was willst du, Nadja?", stöhnte ich. 

"Ein Interview", antwortete sie mit einem zuckersüßen Lächeln. Ich hasste sie.

"Nein."

"Du hast doch noch gar nicht gehört, worum es gehen soll."

"Trotzdem nein." Ich drehte  mich um, schnappte meine Bücher und ging weg. Sollte sie doch stehen bleiben und meinen Spind anquatschen, selbst der zeigte mehr Interesse als ich.

"Mick, wir, von der Ronn wollen doch nur helfen." Zu meinem Bedauern war sie mir gefolgt.

Ich verstand immer noch nicht, warum diese verdammte Zeitung überhaupt Ronn hieß. Ronn. Was ist denn das für ein blöder Name?!

"Immer noch nein."

"Aber Mick..."

"Nadja Katharina Charmaque, ich will kein Interview geben. Und da kann es um die Revolution der was auch immer gehen. Ich will nicht."

"Woher kennst du meinen vollen Namen?", fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen.

"Du schreibst ihn unter jeden, deiner verdammte Artikel und jeder außer mir ließt diesen Dreck. Die halbe Schule redet darüber. Da schnappt man das schon mal auf, auch wenn es nicht meine Absicht ist."

Ich konnte dieses Mädchen einfach nicht leiden. Nur wegen ihrer französischen Wurzeln, die sie und einer Europäerin machten, zumindest wollte sie das ständig jedem einreden, dachte sie, sie sei was Besseres.

"Mick, ich will dieses Interview!"

"Dann hol es dir von jemand anderem!"

"Ich kann es aber nur von dir kriegen!"

"Was willst du überhaupt?!"

"Ein Interview über psychisch gestörte." Sie grinste.

Ich weiß, dieses Kapitel ist nicht das beste Beispiel, aber, wie findet ihr die Geschichte an sich?

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