Teil 7

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Panisch suchte ich nach irgendetwas. Irgendetwas woran wir uns festhalten könnten. Irgendetwas. Jede Sekunde, die verstrich und in der ich nichts machen konnte, würde uns zum Verhängnis werden. Jede Sekunde, in der Mia nicht atmete. Ich versuchte ruhig zu bleiben, versuchte nicht zu sehr in Panik zu geraten. Ich durfte nicht in Panik verfallen, ich musste zwei Menschen über dem Wasser halten. Ich musste schwimmen, immer weiter. Doch wohin sollte ich schwimmen? Wo zur Hölle sollte ich hin schwimmen. Alles was ich sah war der strahlend blaue Himmel über uns und das nie aufzuhören wollende Meer. Ich sah nichts weiter als blau.

Ich würde nicht genug Kraft haben, um uns beide am Leben zu erhalten. Wenn Mia nicht längst tot war. Ich hoffte inständig, dass ich ein falsches Zeitgefühl hatte und in Wahrheit nur wenige Sekunden seit unserem Absturz vergangen waren. Ich konnte es mir nicht vorstellen, aber ich konnte Mia einfach nicht verlieren. Sie durfte einfach nicht tot sein. Wie zur Hölle sollte ich das jemals verarbeiten? Wie zur Hölle sollte ich mir das jemals verzeihen können? Dass ich sie mit in dieses Flugzeug genommen hatte. Mia hatte schon immer Angst vor Flugzeugen gehabt. War vor ein paar Tagen überhaupt das erste Mal geflogen. Ich hatte sie heute nicht einmal gefragt, ob das okay wäre. Hielt es einfach für selbstverständlich in dieses Flugzeug zu steigen. Hatte nie ernsthaft daran geglaubt, dass ich einmal selbst in einem abstürzenden Flugzeug sitzen würde. Und hier war ich. Mitten im Meer, mit einer vielleicht schon toten Mia in meinen Armen und kämpfte um das Überleben.

Ich hoffte so sehr, dass nur ein paar Sekunden vergangen waren, in denen Mia bewusstlos war. Denn nach bereits drei Minuten ohne Sauerstoff nahm das Gehirn ernsthafte Schäden an, nach ein, zwei Minuten mehr starb man. Ich hoffte so sehr, dass bisher weniger als drei Minuten vergangen waren.

Dann endlich bekam ich ein bisschen Hoffnung. Ein paar Meter von uns entfernt schwamm die abgebrochene Wand des Flugzeuges wie eine Luftmatratze herum. Das war unsere Chance, schnell schwamm ich dorthin und versuchte dann irgendwie Mia darauf zu bekommen, was gar nicht so einfach war. Ich legte sie auf den Rücken, hatte endlich eine Hand frei, um mich um sie kümmern zu können. Ich spürte keinen Puls, keinen Herzschlag, keine sich hebende Brust. Sie war nicht mehr nur bewusstlos. Ich versuchte schnell sie wieder zu beleben. Versuchte so gut es ging ihr Herz zu massieren. Atmete nach 30 Malen zwei Mal in ihren Mund. Versuchte so gut es ging sie zurückzuholen, ohne selbst zu ertrinken.

Ich versuchte immer weiter zu machen, versuchte meine schwindenden Kräfte zu ignorieren. Mia durfte nicht tot sein, sie durfte einfach nicht. Doch irgendwann musste ich aufhören oder ich würde selbst wieder ertrinken. Konnte jetzt nur hoffen, dass es gereicht hatte. Konnte nur hoffen, dass sie sich zurückkämpfte, wie ich es eben auch getan hatte. Sie war verdammt stark, ich wusste, dass sie es schaffen konnte.

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