Besuch bei Luzifer

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Besuch bei Luzifer

Michael PoV

Natürlich rüsteten wir uns auf eine der schlimmsten Schlachten, eine die zwischen Erzengeln ausgefochten werden müsste. Aus einem mir unerpfindlichen Grund sollten wir meinen Bruder, den Seraphim Samuel, in seinem Reich, der Hölle, besuchen gehen. Neben zusätzlichen Kampftraining schon Wochen bevor unserer geplanten Abreise, hatten wir zu Sicherheit unsere Schwingen mit Messern gespickt. Unsere Lanzen  waren heute noch frisch geschärft worden. Wir hatten mit Ihnen schon mehrmals den Himmel vor Dämonen verteidigen müssen, die mein Bruder nach seinem Sturz entsandt hatte. Mit den Jahrtausenden wurden es immer weniger Angriffe bis zuletzt keine mehr bevorstanden. Und jetzt, nur für ein Gespräch mit diesem Veräter, mobilisierte ich die stärksten von uns oder sollten wir ihn gar vernichten? Warum will er unbedingt das wir zu ihm gehen - weshalb? Was soll das bringen außer Blutvergießen? Es hatte einen Grund warum ich ihn dort runter gebracht habe! Ich will nicht noch mehr Brüder verlieren müssen. Missmutig streifte mein Blick erst über die ausgebreiteten Waffen, dann zu meinen Brüdern. Sie hatten es kritisiert sich dermaßen zu rüsten und standen jetzt mehr oder weniger angespannt in einer Ecke der Waffenkammer, während sie auf mich warteten. Ich ging noch ein letztes Mal meine Ausrüstung durch. Die aus leichtem Metall gefertigten Klingen an meinen Flügeln, die zwar einen Überraschungsangriff durch ihr Scheppern zunichte machten, aber Schutz und Waffe zugleich waren. Die Lanze, aus einem seltenen heiligen Material höchstpersönlich von ihm gefertigt worden, um beim Kampf gegen die Dämonen nie zu zerbrechen. Ein vergifteter Dolch der sogar Erzengel zum Fall bringen kann, egal wie resistent man gegen Gift auch sein mag und zuguter Letzt eine Karte der Unterwelt. Neun Höllenkreise mussten wir hinter uns bringen, unzählige Dämonen und Seelen die auf Erlösung hofften. Das würde kein Spaziergang werden, selbst mit uns vier Erzengeln, den mächtigsten in den Heerscharen. Ich seufzte. Hoffentlich würde das hier alles gut gehen. Kurz regte sich die Hoffnung das sich Samuel sogar kampflos ergeben würde, aber diesen Gedanken verwarf ich als ich an seinen Fall dachte. Ich hatte noch seine wütenden Augen im Geiste vor mir, purer Hass...

Gabriel stellte sich zu mir und schaute mich fragend an. "Was?", fragte ich gereizt. Ich wollte nun wirklich nicht schon wieder eine Diskussion mit ihm anfangen. "Ein vergifteter Dolch? Glaubst du, dass das alles wirklich nötig ist?"  Ich sah ihn nur wütend an und fauchte, während ich den Dolch ergriff und heftig in seine Scheide steckte. Er hob abwehrend die Hände und ging zurück zu den Anderen. Sofort tat es mir Leid, aber das hier musste sein. Ich durfte keinen weiteren Bruder verlieren! Ich stützte mich auf den Tisch ab und atmete tief durch. Ich durfte jetzt nicht die Kontrolle verlieren. Langsam kamen die Wellen in mir wieder zur Ruhe und ich atmete noch ein mal tief ein und aus. Ich richtete mich auf, sammelte meine Gedanken, straffte die Schultern, ergriff meine Lanze und drehte mich entschlossen um. Das war das Zeichen zum Aufbruch und schnell sammelten auch meine Brüder ihre Sachen ein. Es fühlte sich dennoch nicht an, als würden wir gerade in eine letzte entscheidende Schlacht ziehen. Ich hatte ein ungutes Gefühl als wir den Himmel verließen.

Langsam, aufgrund der durch die Klingen erschwerten Flügel, flogen wir auf die Erde herab. Ich persönlich war schon seid einer Ewigkeit nicht mehr auf der Erde gewesen. Warum auch? Die Menschen konnten jetzt erstaunlich gut auf sich selber aufpassen und brauchten nicht alle paar Jahre einen Schubs in die richtige Richtung. Sie brachten sich zwar nachwievor gegenseitig um und führten diese lächerlichen Kriege, aber wo waren wir höheren Wesen da besser? Wie der Erschaffer so die Nachkommen, nicht wahr? Und hier sind wir schon wieder, kurz davor einen Krieg unter uns zu führen.

Raphael, Uriel und besonders Gabriel rissen mich aus meinen Gedanken, sobald wir durch die niedrig hängende Wolkendecke hindurch waren. Sie hatten nicht weit entfernt gegen Horizont eine lichterfüllte Stadt entdeckt. Eigentlich hatten wir geplant den direkten Weg zu nehmen, also geradewegs in die Tiefen des Meeres, aber jetzt plapperte Gabriel munter auf mich ein. "Komm schon! Wir waren so lange nicht mehr auf der Erde!", bettelte er und zupfte immer wieder an meinem Gewand. Sie wollten also unbedingt einen Zwischenstopp in dieser Stadt machen und lagen mir ab diesem Moment an die ganze Zeit damit in den Ohren. Schlussendlich gab ich dem entnervt statt, aber auch nur weil ich auf nasse Flügel verzichten konnte. Ein wenig Auflockerung und Entspannung vor einem schweren Kampf würden der Moral bestimmt auch gut tun.
Die Ruhe vor dem Sturm.

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