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TWO. HAZEL

Stumm schob ich langsam den Ärmel meiner Lederjacke nach oben

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Stumm schob ich langsam den Ärmel meiner Lederjacke nach oben.

Durch das dämmrige, sehr schwache Licht, welches in dem Eingangsbereich hing, konnten meine Augen nur sehr schlecht die Tätowierung erkennen.

Seit Jahren hätte ich mir dieses gerne weglasern lassen, sodass ich es nicht mehr ertragen müsste.
Allerdings würde ich mit dieser Methode, die wenige Menschen auf dem Schwarzmarkt anbieten, mein eigenes Todesurteil unterzeichnen.

Die Staatsmacht würde dich verhaften, weil du damit Hochverrat begangen und dich damit gegen das System gestellt hast.
Aussichten auf eine Verhandlung gab es nicht. Du würdest sofort auf dem Damnatio Platz hingerichtet werden.

Woher ich das wusste?

Menschen hatten es gewagt sich gegen das System und somit gegen die Regierung zu erheben. Ihnen zu zeigen, dass wir nicht ihre Schachfiguren waren, die sie auf ihrem Brett hin und her schieben konnten.

Und dafür bezahlten sie den höchsten Preis.

Ein leises seufzen entfuhr mir, als ich an diese Jahre zurückdachte. Es waren sehr schwere Zeiten gewesen, in denen ich mit fortan alleine durchschlagen musste.

Mit einer kleinen Handbewegung strich ich über das verstaubte Display, sodass das geometrische Symbol unserer Stadt erschien.

Das zyanblaue Licht tauchte mein Gesicht, sowie meinen Oberkörper in einen sanften Blauton, als ich das Symbol wie so oft betrachtete.

Es waren insgesamt vier Dreiecke, die ineinander verhakt waren und die vier Zonen darstellten.
In der Mitte prangte ein Kreis, durch den ein schmaler, senkrechter Strich verlief. Es stand für das Tor zur anderen Existenzebene.

Mein Unterkiefer spannte sich an.
Es gab kein Entkommen. Niemand wagte es, sich gegen dieses System zu erheben.

Mein Finger strich über den Balken, welcher unten auf dem Display erschien.

Login.

Mein Unterarm war freigelegt und hielt diesen nun vor den Scanner, als einer dünner, bläulicher Strich meinen Code einlas. 

Oben angefangen fuhr der Scanner langsam meinen Unterarm ab, bis hin zu meinem Handgelenk.

Überprüfung.

Der Vorgang verlief dieses Mal schneller, denn es war nur meine kleine Wohnung, in die ich eintreten wollte.

Zutritt gewährt.

Das leise Piepen ertönte und signalisierte mir, dass mein Code nach wie vor akzeptiert wurde.
Die schwere Metalltür öffnete sich ein Stück, worauf ich eintrat und diese hinter mir wieder schloss.

Der Flur war stockdunkel, sodass ich mich leicht an der Wand abtasten musste.

Es war schon weit nach Mitternacht. Zu dieser Uhrzeit wurde in unserer Zone der Strom abgestellt und erst am nächsten Morgen wieder freigegeben.

Deswegen sollte man vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein, je fern man eine Wohnung oder irgendeinen Rückzugsort besaß.

Meine Füße trugen mich ins Wohnzimmer, wo ich mich erst einmal auf die kleine Couch niederließ, welche ein leises knarzen von sich gab.

Die Einzimmerwohnung hatte mir Octavia vor wenigen Jahren besorgt, sodass ich nicht länger auf der Straße leben musste.

Nur jeder zehnte überlegte da draußen, der Rest starb an Infektionen, Unterernährung oder sie nahmen sich selbst das Leben.

Mein Blick war starr an die dunkle Decke gerichtet, als ich an die vergangenen Stunden dachte.

Ich war also bereits auf der Black List gelandet.

Meine Hand wanderte zu meiner Jackentasche und holte die kleine Box hervor, ehe meine Augen zu meinem Pad schweiften, welches auf dem Tisch lag.

Ich setzte mich auf und beugte mich über die Sitzfläche des Sofas, um danach zu greifen und mich wieder hinzulegen.

Der Touchscreen leuchtete ebenfalls in dem zyanblauen Farbton auf und repräsentierte das Symbol unserer Stadt.

Meine Hände entfernten langsam den Deckel der Box und zum Vorschein kam ein kleiner Stick, welcher genauso geschmückt war, wie die Schachtel.

Ganz vorsichtig holte ich diesen raus und musterte ihn einige Sekunden lang.
Ich durfte nicht noch einmal so unvorsichtig sein und konnte es mir nicht im geringsten leisten, erwischt zu werden.

Das Pad hatte ich vor ein paar Monaten gehackt, als ich es für einen erschwinglichen Preis auf dem Schwarzmarkt erstattet hatte.

Den Stick steckte ich nun ein, als gleich darauf eine unglaubliche Anzahl an Daten auf dem Display erschien.

Aufmerksam schweiften meine Augen darüber und überflog diese zu allererst. Es waren unterirdische Stadtpläne, Versorgungspläne, Zukünftige der Staatsmacht, sowie der Regierung.

Ich spürte, wie das Blut in meinen Ohren rauschte und mein Herz in meinem Brustkorb bebte.

Ich konnte nicht fassen, was sie getan hatte. Ich wollte es nicht.

Ich ließ das Pad neben mir auf die Sitzfläche gleiten und fuhr durch meine langen Haare, welche in den Schatten noch dunkler wirkten.

Mir stach die Szene vom späten Nachmittag in die Augen. Ich erinnerte mich an diese schönen haselnussbraunen Augen, welche zum Feind gehörten.

Er hatte mich gehen lassen. Und das aus freien Stücken.

Nur wer wusste, wozu das gut war.

─ 𝐀𝐍𝐎𝐓𝐇𝐄𝐑 𝐁𝐋𝐀𝐂𝐊 𝐃𝐀𝐘Where stories live. Discover now