⊶72⊷

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Taehyung Pov

Ich ignoriere die anderen Menschen, die ich beinahe umwerfen muss um ungehindert durch die Gänge zu können und achte nicht auf ihre wütenden Blicke. Alles wofür ich gerade den Kopf frei habe ist die Zimmernummer und selbst bei dieser fällt mir das merken schwer.

Die wildesten Gedanken schwirren in meinem Kopf herum, meine Angst wächst mit jeder Sekunde und mit jedem Zimmer an dem ich vorbei laufe und damit seinem näher komme. Immer wieder muss ich mir die Tränen weg wischen weil ich anfange zu weinen, voller Angst das ich ankomme und die Befürchtungen wahr werden.

Ich hatte das Unigelände gerade verlassen als ich den Anruf bekam. Die Nummer hatte ich nicht eingespeichert, Jacksons Stimme erkannte ich dennoch relativ schnell wieder. Anfangs dachte ich, dass er mich wegen Mark angerufen hat, immerhin haben die beiden sich in letzter Zeit häufiger getroffen, aber leider lag ich falsch damit.

Alles was er mir sagte war, dass Jungkook in einen Autounfall mitten in der Stadt verwickelt war, zusammen mit 5 anderen Autos, die alle ineinander gekracht sind. Er sagte, dass er nicht wüsste wie es ihm geht und das sie mit der Untersuchung noch nicht fertig waren als er im Krankenhaus an kam. Ich habe gemerkt, wie wütend und schuldig er sich gefühlt hat, weil er nicht wieder ins Krankenhaus konnte. Da Jungkook nicht zu seiner Arbeit erschienen ist, muss Jackson das für ihn machen und deswegen hat er mich gefragt ob ich an seiner Stelle nach Jungkook sehen kann, obwohl das eigentlich außer Frage stehen sollte.

Ich habe die ganze Information, die er mir über das Telefon vermittelt hat, noch nicht einmal richtig verarbeitet, da bin ich bereits los gelaufen. Die Fahrt bis ins Krankenhaus wo er eingeliefert wurde hat zwei Stunden gedauert und jede Sekunde davon hat sich angefügt wie eine Qual.

Jackson war nicht mehr zu erreichen, wahrscheinlich weil er in Arbeit ertrinkt und das Krankenhaus selbst durfte mir am Telefon auch keine nähere Auskunft geben. Dementsprechend ahnungslos reiße ich die Tür des Zimmers, in dem er nach der Untersuchung als Patient ruhen soll, vollkommen aufgewühlt auf und schaue mich auf der Suche nach ihm um.

Es ist ein Einzelzimmer, etwas was er sich mit seinem Geld durchaus leisten kann, aber für das drum herum habe ich gerade sowieso keine Augen. Diese finden sofort wonach sie gesucht haben und auch sein Blick fällt auf mich, nachdem er ihn überrascht von Richtung Fenster abwendet, aus dem er gerade fasziniert irgendetwas am Himmel betrachtet hat.

Er sitzt aufrecht in dem Krankenhausbett, die Hände im Schoß verschränkt und ein Verband um den Kopf gewickelt. Auf den ersten Blick wirkt er in Ordnung, keine schweren Verletzungen sind zu erkennen, obwohl einen die Maschinen überall um ihn herum unglaublich verunsichern.

Ich lasse die Tasche von meinen Schultern fallen, knalle die Tür hinter mir zu und gehe langsam auf ihn zu. Irgendwie kann ich nicht fassen, dass er tatsächlich hier sitzt. Wenn man sich so viele Gedanken gemacht und mit dem schlimmsten gerechnet hat wie ich, erscheint einem alles, was nicht so kommt wie man es erwartet hat, so Unreal.

"Jungkook", flüstere ich seinen Namen und kann die Tränen nicht länger zurück halten, glücklich darüber das er noch hier ist um ihn zu hören. Ich schlinge die Arme um ihn, ziehe ihn an mich und vergrabe mein Gesicht an sinem Schulter.

Alleine die Wärme, die er von sich abgibt, reicht um mich nur noch stärker weinen zu lassen. Ich drücke ihn fester an mich, lasse nicht einmal locker als er seine Hände auf meine Schultern legt und versucht mich weg zu drücken, ganz im Gegenteil. Ich setze mich sogar auf sein Bett und löse mich erst um sein Gesicht in meine Hände zu nehmen und ihn mir noch einmal anzusehen.

Durch die Tränen kann man kaum etwas erkennen, aber es reicht das ich weiß dass es definitiv sein Gesicht ist. Es ist Jungkook, mein Jungkook und trotz all der Befürchtungen, trotz all den schlimmst möglichen Szenarien sitzt er hier vor mir.

Wenn man hört, dass Jungkook und fünf andere Autos in einen Unfall verwickelt waren, dann rechnet man bereits mit dem schlimmsten. Ein Unfall mit einem Auto kann bereits tödlich sein, zwei Autos sind noch schlimmer, aber fünf, ich war mir ziemlich sicher das er das nicht überleben würde.

Aber er ist hier.

Mein Blick wandert kurz zu seinen trockenen, etwas rissigen Lippen, aber ich lasse mich nicht davon stören. Ich presse meine Lippen auf seine, vorsichtig und sachte um mein Glück nicht heraus zu fordern. Noch immer verlassen Tränen meine Augen, aber es sind nicht länger welche der Trauer, sondern der Freunde und vor allem der Erleichterung.

Nur langsam löse ich mich nach dem kurzen Kuss von ihm und kaum ist das getan, vermisse ich auch schon das Gefühl seiner Lippen. Am liebsten würde ich sie wieder verbinden und nicht mehr damit aufhören, aber als ich ihm in das gerötete Gericht sehe und er nach einer Weile den Blick hebt, fällt mir etwas auf, was mich sogar dazu verleitet meine Hände sofort von seinem Gesicht zu entfernen.

"Es tut mir leid dich enttäuschen zu müssen", sagt er und fässt sich verlegen mit den Fingern an die Lippen. Seine Wangen nehmen ein noch tieferes rot an und trotz seiner Worte muss er aus irgendeinem Grund Lächeln als er mich ansieht und mit den Schultern zuckt. "Du kennst mich ja sicher noch, nicht wahr?"

Erst als die Tränen trocknen und meine Sicht klarer wird, erkenne ich in wessen Augen ich da eigentlich Blicke. Sie alle sind unverwechselbar, jede eigene Persönlichkeit kann man daran erkennen, aber bei ihr ist es am deutlichsten. Es ist die Sonne, nach der sie sich immer gesehnt hat, aber ihre Augen strahlen heller als diese.

"Sooyoung."

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