Tag 37 // Tag 36

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»Logan hat Recht«, stimmte Kyle zu. »Das ist unser letzter Abend zusammen. Wir sollten ihn tanzend verbringen, vom Anfang bis zum Ende.«

»Okay okay!«, rief Nathalie dazwischen. »Ihr habt ja Recht. Aber bis es so weit ist, stellen wir Regeln auf: Die nächsten Tage wird nicht über die Schule oder die Prüfungen geredet. Diese Tage gehören uns!«

Gegen zehn Uhr hielten wir an einer Raststätte, um zu frühstücken. Wir setzten uns in die hinterste Ecke. Nathalie und die Jungs tranken Kaffee und verputzten die hauseigenen Pancakes. Maya aß ein Sandwich und ich trank ein simples Wasser. Irgendein Countrysong erklang und die Deckenventilatoren summten vor sich hin.

»Okay, der Plan ist jetzt wie folgt: Wir fahren noch drei Stunden und dann sind wir am Musikgelände. Ich glaube, das Schwierigste wird sein, einen ordentlichen Platz zu finden. Aber das regeln wir schon«, sagte Nathalie, ehe ihr Blick zu mir und meinem mickrigen Wasser wanderte. »Hast du genug zum Essen mit? Sollen wir dir noch irgendetwas besorgen?«

Ich winkte ab und lächelte sie an. »Alles gut, ich habe genug dabei. Muss auch nicht gekühlt werden.«

Wir blieben noch einige Minuten sitzen, gingen alle noch einmal aufs Klo und brachen schließlich auf. Jetzt fuhr Kyle, während Nathalie auf der Rückbank schlief. Ich saß wieder auf dem Beifahrersitz und scrollte durch Nathalies Handy, auf der Suche nach einem guten Song. Ich ließ es mir auch nicht nehmen, ein Foto von ihr zu schießen. Ich machte auch in Bild von Kyle, wie er dieses alte Auto fuhr und sich hier und da darüber beschwerte.

»Wusstet ihr, dass ich noch nie gezeltet habe?«, unterbrach ich schließlich die Stille. Kyle sah kurz zu mir und lächelte mich an. »Zoey und Bianca waren immer Fans von schicken Hotels mit Zimmerservice. Aber ich wollte immer mal zelten gehen. Abends zusammensitzen, Spiele spielen und einfach spontan sein.«

»Man merkt, dass du noch nie zelten warst«, sagte Kyle. »Es ist gar nicht so schön, wie man es sich vorstellt. Ich war oft mit meinem Dad zelten, als wir angeln waren. Ich hab es gehasst. Dir tut der Rücken weh, weil du auf dem Boden schlafen musst, du kannst nicht stehen im Zelt, das Essen ist auch nicht unbedingt das Beste und - gerade, wenn man auf einem Festival ist - lässt die Körperhygiene echt zu wünschen übrig.« Ich zog die Augenbrauen hoch und sah ihn skeptisch an. Er grinste sein berühmtes Grinsen. »Ich rede von vier Tagen, ohne zu duschen«, lachte er.

»Igitt«, machte ich und rümpfte die Nase. Dann steckte Logan seinen Kopf zwischen den zwei Vordersitzen vor.

»Und vergiss nicht die Spinnen und Käfer, die zu dir ins Zelt krabbeln«, sagte er und pikste mir in den Nacken. Ich schob seine Hand weg und fuhr herum, um nach ihm zu schlagen.

Drei Stunden und etliche Neckereien zwischen Nathalie und Logan später kamen wir am Festivalgelände an. Wir fuhren auf den Zeltplatz, der schon proppenvoll war. Aber das störte Kyle sonderlich wenig, denn er fuhr die Behelfsstraße immer weiter entlang, vorbei an aufgeschlagenen Zelten und Pavillons mit selbst gebastelten Schildern und einem Meer aus Campingstühlen.

»Ist das eine Couch?«, fragte ich und deutete auf ein altes Ledersofa, das unter einer weißen Plane stand.

»Manche Leute campen eben mit Stil«, meinte Nathalie und starrte begeistert auf das Sofa.

»Ich glaube, wir passen da aber nicht mehr hin«, kam es von Maya von der Rückbank. Sie sprach damit genau das aus, was ich dachte.

»Doch, das geht schon«, beruhigte Kyle sie und fuhr ohne Bedenken zwischen aufgeschlagenen Zelten und leeren Bierdosen entlang. Bis wir etwas abseits zum Stehen kamen.

»Bitteschön«, sagte er. »Da wären wir.«

Ja, da waren wir. Ein Footballstar mit großem Herz. Ein Nerd, der mehr als nur Mathe verstand. Seine Normalo-Freundin, für die Oberflächlichkeit ein Fremdwort war. Eine verrückte Chaotin mit Kurzhaarschnitt, die alles für ihre Freunde tat und eine Tote, die leben wollte. Fünf Jugendliche, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Aber sie hatten alle etwas gemeinsam.

The Bucket ListWo Geschichten leben. Entdecke jetzt