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2. Flucht aus dem Drachenhaus

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Müde schütte ich mir am nächsten Morgen ein Glas Orangensaft ein und lehne mich auf dem Küchenstuhl zurück. Ich muss zugeben, dass ich noch nie so wenig geschlafen habe wie in der letzten Nacht, und das ist alles Masons Schuld.

Wegen ihm habe ich mich nicht einmal entspannen können, da ich die ganze Zeit mit der Angst lebe, dass er Nate von meinen Gefühlen erzählt. Gut, das, was ich für Nate empfinde, ist keine richtige Liebe, das ist mir bewusst. Ich kenne ihn dafür einfach nicht gut genug, klar verbringe ich dank Mason und Liana oft Zeit mit ihm und begegne ihm auch in der Schule, aber eben nur auf ganz oberflächlicher freundschaftlicher Basis. Aber gerade in den letzten Monaten habe ich gemerkt, wie süß Nate ist, und es wäre ein einziger Albtraum, wenn er das von Mason erfahren würde.

"Guten Morgen", nehme ich die fröhliche Stimme meiner Mutter wahr, die mich aus meinen Gedanken reißt.

Mein Kopf dreht sich zur Seite und am liebsten würde ich bei ihrem Anblick die Augen verdrehen. Es kann einfach nicht gut sein, wenn man immer, und ich wiederhole, immer gute Laune hat. Nicht, dass ich mir wünschen würde, dass sie diese nicht hat, doch sie kann sie gerne ein bisschen runterschrauben.

Zumindest, wenn ich erst seit zwanzig Minuten wach bin.

"Wünschst du deiner Mutter keinen guten Morgen?"

Nun kann ich wirklich nicht anders, als meine Augen zu verdrehen.

Genau das meine ich.

"Morgen", brumme ich müde.

"Schlecht geschlafen?" Meine Mutter mustert mich kritisch, während sie sich eine Tasse Kaffee einschenkt, um sich gleich darauf auf den Stuhl mir gegenüber niederzulassen.

"Ja, halb so schlimm. Wo ist Dad?", entgegne ich nur kurz angebunden, da ich keine Lust habe, mir ihre lange Rede über die Auswirkungen meines hohen Handykonsums anzuhören. Laut ihr resultiert jede schlechte Sache, die mir widerfährt oder die ich empfinde, aufgrund meines Handys.

Dabei benutze ich es nicht einmal so oft, ich bin doch gefühlt nur mit Liana zusammen.

Mum nimmt einen Schluck von ihrem Kaffee, ehe sie antwortet. "Er ist bei der Arbeit. Wie jeden Morgen."

"Oh...", murmle ich kleinlaut und senke schnell meinen Blick. Innerlich haue ich mir gegen den Schädel, da ich einfach nur dumm bin. Dad ist fast immer vor mir aus dem Haus und das weiß ich auch.

Meine Mutter leider ebenso.

"Wie war eigentlich das Wochenende bei Liana?", fragt mich Mum nach einigen Minuten des Schweigens, in denen ich weiter in meinen Sorgen um mein kleines Geheimnis versunken bin.

"Gut", nuschle ich müde.

Na ja, so gut war es nicht. Und das lag nicht an Liana oder Loren, denn die beiden haben mir jede Sekunde versüßt, es lag ganz allein an Mason, dem ich am liebsten an die Gurgel gesprungen wäre.

Wenigstens habe ich beim Uno spielen gegen ihn gewonnen.

"Sag mir aber bitte das nächste Mal Bescheid, bevor du gehst. Dann muss ich keinen Telefonterror bei dir machen. Da erspare ich mir und auch dir die Arbeit", kommt es von Mum, die eine Braue hebt, während sie mich mustert.

Nun kann ich mein Grinsen nicht unterdrücken. "Ach was, du hast meine Abwesenheit bemerkt?"

Sie scheint sofort zu wissen, worauf ich hinaus will, und versucht, böse zu schauen, kann sich aber ein Lachen schwer verkneifen. "Hör auf, diese alte Geschichte immer wieder auszupacken. Ich habe es nur dieses eine Mal nicht gemerkt, ich war total müde von der Arbeit und bin direkt schlafen gegangen. Wer hätte wissen können, dass du nicht wie ein braves Mädchen bei dir im Zimmer bist."

Ich schmunzle, werde dann aber wieder ernst. "Gut, tut mir leid, nächstes Mal vergesse ich nicht, dir Bescheid zu geben."

Mum lächelt. "Geht doch."

Nach einem kurzen Blick auf die Uhr stehe ich auf und greife nach meinem Rucksack, der direkt neben dem Tisch auf dem Boden liegt. "Ich geh dann mal langsam, Liana wartet bestimmt schon auf mich."

"Wir sehen uns dann heute Abend", bemerkt Mum, ehe sie sich die Zeitung schnappt.

Ich nicke knapp und drücke ihr einen Abschiedskuss auf die Wange, bevor ich aus dem Haus flitze. Hinter mir schließe ich die Tür und erblicke sogleich den schwarzen Sportwagen, auf den ich seufzend zusteuere. Jetzt heißt es nämlich ab in die Hölle. Denn in diesem Auto sitzt nicht nur Liana, sondern auch Mason, der mich und sie wie die meisten Tage in die Schule fährt.

Und mit Hölle meine ich nicht sein Auto, denn das ist wirklich absolut atemberaubend und von so einem Auto kann ich nebenbei bemerkt nur träumen - sondern Mason, den ich gerade eigentlich am liebsten auf den Mond schießen würde.

Doch das muss leider noch warten.

Zumindest so lange, bis ich es schaffe, ihn davon zu überzeugen, dass er keines meiner Geheimnisse irgendjemandem verraten darf.

Wie genau ich das anstellen soll, weiß ich noch nicht. Denn Mason ist nicht bestechlich und leider habe ich selbst nichts, was ich gegen ihn verwenden könnte.

Noch nicht zumindest.

Aber mal sehen, ob nicht auch Mason Hunter etwas zu verbergen hat...

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