Die Badezimmertür war immer noch zu, als ich aus meinem Zimmer kam. Das Geräusch des Duschstrahls konnte man vernehmen. Ich beschloss nach unten in den Wohnbereich zu gehen, in der Hoffnung die Laune meiner Mutter hatte sich wieder gebessert.
Unten konnte ich nur meine Mutter sehen, sie stand etwas abseits von der Treppe und schaute aus dem Fenster Richtung Straße. Von meinem Vater war keine Spur. Ich bekam etwas Angst, das er abgehauen ist, ob sie sich gestritten hatten? Fragen und Szenarien gingen mir durch den Kopf.
,,Wo ist Papa?", fragte ich vorsichtig meine Mutter am Treppenabsatz. Ihr Dutt war wieder perfekt zurechtgelegt.
,,Er ist draußen, der Leihwagen ist eben gekommen." Sie antwortete höflich, ihre Laune hat sich gebessert. Mir fiel ein Stein vom Herzen, das es einen Grund für sein Nichtanwesen gab.
,,Außerdem tut es mir leid, wie ich eben reagiert habe. Das muss der Jetlag gewesen sein. Ich möchte das du das weißt. Einen Kaffee?"
Mir fiel die Kinnlade fast herunter. Wer ist die Frau? Sie hat echt Stimmungsschwankungen. Mein Vater hat ihr vermutlich ins Gewissen geredet und sie wieder zur Vernunft gebracht. Er schaffte es immer wieder, sie runterzubringen von ihren Höhenflügen. Wenn man vom Teufel spricht, hörte ich das fallen der Haustür. Mit dem Schlüssel in der Hand betrat Papa das Haus.
,,Endlich wieder mobil sein. Was ist das nicht für ein schönes Gefühl." Er strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Den Schlüssel warf er spielerisch von der einen zur anderen Hand.
,,Gewöhn dich nicht allzu sehr an das Auto. In ein paar Tagen kommt dein altes Schätzchen eingeflogen. Jetzt decken wir erstmal den Tisch, das wir frühstücken können." Liebevoll legte meine Mutter ihren Arm um die Schulter meines Vaters und nahm ihm den Schlüssel gekonnt ab. Mein Vater schaute dem Schlüssel fast sehnsüchtig nach.

Ich trat vom Absatz der Treppe hinab und half dabei den Tisch zu decken. Meine Eltern hatten doch tatsächlich Plastikgeschirr und Pappteller mitgenommen. Man könnte fast meinen, wir gehen campen. Bei dem Bäcker auf unserer Joggingrunde gab es nur Wurst und Käse, sodass viel Aufschnitt nicht zur Wahl stand.
,,Maxime kommst du bitte? Wir wollen frühstücken."
,,Ja Mama. Bin sofort da", hörte man meine Schwester direkt antworten. Gefolgt von einer Zimmertür die zuschlug. Vermutlich würde es jetzt noch einige Minuten dauern, bis sie runterkam.
,,Hier ein Kaffee, den letzten konntest du ja nicht wirklich genießen." Mein Vater stand plötzlich hinter mir, was mich erschreckte.
Er zwinkerte mir zu und überreichte mir eine Tasse mit heißem Kaffee.
,,Danke Papa und das du Mama beruhigt hast. Ich war wohl auch nicht ganz unschuldig." Ich zeigte mich reumütig.
,,Ein bisschen in den Strukturen wühlen, schadet niemanden. Deine Mutter ist halt momentan sehr angespannt. So einen Umzug in ein anderes Land, macht man ja nun auch nicht alle Tage." Er flüsterte, sodass es Mum nicht mitbekam.
,,Ja war ja nicht meine Idee umzuziehen." Ich lächelte dabei, um das schlechte Gewissen meines Vaters nicht weiter anzukurbeln.
Ehe Papa noch was sagen konnte, stiefelte Maxime die Treppe hinunter. In meinen Klamotten, die ich im Badezimmer eben vergessen hatte. Ich schnaubte, beließ es aber dabei. Keinen Streit hatten wir uns versprochen. Maxime schaute mich an. Sie wusste das ich am liebsten ausrasten möchte. Sie zwinkerte mir zu, ich ignorierte es.
,,So. Da meine Kleine nun auch da ist, können wir ja anfangen zu essen." Meine Mutter versuchte dies in aller Freundlichkeit zu sagen, aber man konnte die gewisse Anspannung raushören.
,,Kein Stress haben wir gesagt. Wir kommen pünktlich an und wenn nicht auch nur halb so wild." Mein Vater führte meine Mutter ohne Widerrede zum Tisch und rückte den Stuhl passend für sie vor. Meine Mutter sagte nichts und setzte sich auf den Stuhl ehe mein Vater ihn zum Tisch vorrückte. Maxime und ich setzten uns auf die gegenüberliegende Seite. Gemeinsam aßen wir schweigend das Frühstück, was wir vom Joggen mitbrachten.
,,Wie war die erste Nacht, in euren neuen Betten?" Unser Vater brach die Stille, die am Tisch herrschte.
,,Gut. Fabelhaft. Unglaublich. Ich habe geträumt, das ich Ballkönigin geworden bin." Mit jedem Adjektiv, was sie anwandte wurde meine Schwester euphorischer. Der Traum konnte nur von ihr kommen. In Frankreich gab es kein anderes Thema mehr. Nur, das Maxime noch einige Jahre vor sich hat, einen Abschluss zu feiern.
,,Es dauert noch mindestens Zwei Jahre bis du das werden könntest." Ich konnte es mir nicht verkneifen, als kleine Revanche für meine Kleidung.
,,Man kann nie früh genug anfangen davon zu träumen. Vor allem ist die Wahrscheinlichkeit nicht allzu klein. Wovon hast du denn bitte geträumt?"
Einen starken Optimismus hat sie, dachte ich.
,,Ich hab von River geträumt, wie wir im Park miteinander spielten." Ich wurde traurig bei dem Gedanken, an meinem treuesten Gefährten.
,,Jetzt hör auf hier Trübsal zu blasen. River hätte den Flug nicht überlebt. Diese Elf Stunden in einer engen Box, hätte sie nicht verkraftet." Meine Mutter versuchte wie immer rational zu sein und verzichtete wie so oft auf jegliches Mitgefühl.
,,Woher möchtest du das wissen? River ist stark, aber du mochtest sie sowieso nie." Es überkam mich einfach, ich musste es ihr einfach endlich mal ins Gesicht sagen und ich hatte Recht.
,,Natürlich mochte ich River, sonst hätten wir sie damals nicht behalten, als niemand sich auf die Suchanzeigen gemeldet hatte."
,,Es reicht langsam, wir wollten doch weniger streiten." Papa versuchte zu schlichten. Meine Mutter nippte an ihrem Kaffee und nickte. Dies tat ich ihr gleich. In mir brodelte es dennoch. Nicht so kräftig wie beim letzten mal, aber ich spürte wieder dieses fremde Gefühl in mir. Aber durch die Worte meines Vaters drängte ich sie wieder in die Tiefe meines Körpers.

Blut einer Elfe - Erwacht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt