10.

60 10 10
                                    

Die Stille zwischen uns, wurde unterbrochen durch die Rufe unserer Mutter. Es wurde Pizza bestellt, weil weder Geschirr noch Lebensmittel im Haus waren. Mittlerweile war es sieben Uhr am Abend, als wir alle am Tisch saßen. Die drückende Stimmung am Flughafen war verflogen, seit langem saßen wir glücklich beisammen. Ich hatte mir vorgenommen, in ein paar Tagen mit unseren Eltern über Maximé und mich zu sprechen. Maxime verbarg ihren Kummer und überspielte es in Frohsein, aber auf Dauer wollte ich nicht, das sie weiter darunter leidet.
,,Wisst ihr Kinder, wie ich das vermisst habe. Ich hatte schon Angst, das wir euch verloren hätten auf Grund des kurzfristigen Umzuges. Ihr wart beide auf eurer weise jeweils sehr verletzt und traurig darüber. Dafür wollten wir uns noch einmal bei euch entschuldigen. Es kam auch für uns überraschend, aber euer Vater konnte dieses Angebot nicht ablehnen. Aber zusammen als Familie schaffen wir das."
,,Ach Mama. Natürlich war das alles nicht leicht. Aber du hast Recht, als Familie bekommen wir das hin. Bisher ist Australien gar nicht so schlecht und unsere Zimmer sind doppelt so groß wie unsere Alten." Ich legte meine Hand, auf die meiner Mutter, um ihr zu zeigen, das ich es ernst meinte, mit dem was ich sagte. Wir verbrachten den restlichen Abend harmonisch zusammen und sprachen über den morgigen Tag und was noch alles erledigt werden musste. Wir hatten noch einiges vor, das war klar und der Tag morgen wird extrem lang werden.
Zunächst verabschiedeten sich unsere Eltern von uns und eine Stunde später ging auch Maxime zu Bett. An der Treppe drehte sie sich nochmal um und wünschte mir eine Gute Nacht. Sie wollte unbedingt nochmal einen Blick in die Zeitschrift werfen, die sie mir im Flugzeug überlassen hatte. Um sich noch einmal die öde, gestellte und langweilige Lovestory anzuschauen und vermutlich von dem darin abgelichteten Typen zu träumen.
Nun saß ich hier alleine am großen Esstisch. Ich nahm einen großen Schluck Cola und schaute aus der riesen Fensterfront die zum Garten ausging.
Ich musste mein Urteil über den Umzug revidieren. Zumindest ein wenig. Es fühlte sich nicht mehr ganz so erbost in mir an. Irgendwie wurde ich innerlich ruhiger. Ich hatte vorhin noch einiges im Kopf, was mich belastete, aber so länger ich hier war, umso mehr verblassten die Gedanken.

Die Geschichte im Flugzeug. Ich konnte mich noch an den Traum erinnern und das merkwürdige Gefühl von Vertrauen und wusste das ich meine Eltern zur Rede stellen wollte. Aber mir viel nicht mehr ein wieso. Anscheinend wollte mein Bewusstsein, das ich das verdränge. Also konzentrierte ich mich für das erste auf das hier und jetzt.
Bisher habe ich nicht viel von Port Candling gesehen, aber alles was ich bisher gesehen habe, war mehr als positiv. Angefangen vom grandiosen, warmen Wetter, bis hin zu dem bombastischen Haus. Unsere Eltern haben keine Kosten und Mühen gespart. Es liegt scheinend in ihren Genen und sie mussten schon in Frankreich zeigen, das wir Geld hatten. Manches würde sich nie ändern. Ich habe mir immer vorgenommen, mit meinem Geld später humaner umzugehen, anstatt alles zu verprassen. Einigen geht es mehr als schlecht. Okay mit einigen habe ich sicherlich untertrieben, vielen geht es auf dieser Welt nicht gut. Deshalb ist es umso schlimmer, das meine Eltern es nicht schätzen, dass sie ein sorgenfreies Leben leben konnten. Wenn ich später so viel Geld hätte, würde ich damit anderen helfen wollen. Es spenden, vor allem an Organisationen für Tiere. Die von uns Menschen gejagt und getötet werden nur um Nahrung, Kleidung und andere Abartigkeiten aus ihnen zu machen. Menschen können grausam sein. Das weiß ich selber nur zu gut. Lieber würde ich in einer einfachen Immobilie leben, als in so einem Luxusbunker. Auch wenn dieser Schuppen mehr als atemberaubend ist und der Architekt mehr als gute Arbeit geleistet hat, aber zu wissen, das einige kein Dach über dem Kopf haben, schmälert mein Euphoriegefühl dennoch. Was ist aus der Nächstenliebe geworden. Wir schmeißen gute Lebensmittel weg, während andere keine haben und jeden Tag aufs Neue hoffen müssen, einen nächsten Morgen zu erleben. Ich denke oft darüber nach, was in der Welt verkehrt läuft und das man mit kleinen Dingen, das Leid anderer schon verringern könnte.
Lange dachte ich über all dies nach, bis auch ich merkte, das die Müdigkeit nicht an mir vorbeizog. Ich konnte mir das Gähnen nicht mehr verkneifen und auch meine Augen schienen sich nicht mehr lange offen zu halten. Ein leichtes brennen konnte ich in ihnen spüren. Vermutlich war es gerade zwischen Mitternacht und ein Uhr nachts. Ich schmunzelte, als mein Handy mir halb eins anzeigte. Nicht mal eine Zeitverschiebung, konnte meine innere Uhr durcheinanderbringen. Ich beschloss nun auch ins Bett zu gehen. In mein eigenes Schlafgemach. Ich wollte nicht noch zu Maxime ins Bett krabbeln und sie womöglich wecken. Also stand ich von meinem Stuhl auf und tapste zur Treppe. Als würde ich schon lange hier wohnen, trottete ich mit halbgeschlossenen Augen die Treppe hoch, ohne über eine Stufe zu stolpern in mein Zimmer.
In meinem Koffer kramte ich nach Schlafklamotten, um mich mühselig aus meinen hellblauen verwaschenen Fransenhotpants und einem rotweiß gestreiften Tanktop zu schälen. Ich hatte mich während des Bettenaufbaues umgezogen, weil meine anderen Sachen zu warm wurden. Außerdem mochte ich die Kleidungsstücke gerne leiden. Ich hatte sie in einem Secondhandladen günstig erworben. Man findet viele Schmuckstücke gebraucht, aber die meisten empfinden dies als ekelig und kaufen lieber preiswerte Kleidung in Märkten wie Primark. Diese werden von Menschen produziert, die hart arbeiten für einen mickrigen Lohn. Natürlich reine Spekulation, aber wenn man Kleidung so preiswert anbietet, muss es an bestimmten Ecken zu Einsparungen kommen. Ich schüttelte den Kopf, ich wollte nicht weiter an das schlechte in der Welt denken. Aus meinem Koffer nahm ich ein T-Shirt und streifte es über, um anschließend ins Bad mich Bett fertig machen zu gehen. Meine Haare band ich zu einem langen Pferdeschwanz zusammen, um am Morgen nicht allzu viele Knoten in ihnen zu finden. Nachdem ich fertig war legte ich mich in mein neues Bett. Was ich wohl träume? Immerhin soll angeblich der erste Traum im neuen Haus wahr werden.

Lange musste ich nicht warten, bis ich einschlief. Nur kurze Zeit nachdem ich in den Federn lag, schlossen sich meine Augen. Nur einen kurzen Moment blitzten meine Gedanken nochmal um den Neuanfang, River, die Menschen die ich damit vermutlich nicht wiedersehen werde und das Elend der Welt, bis mich der Schlaf komplett eingeholt hatte.
Ich schlief gut in dieser Nacht, der Traum im Flugzeug holte mich nicht ein. Obwohl ich innerlich spürte, das ich diesen Ort nocheinmal betreten möchte. Ich hatte eine fast traumlose Nacht, ab und zu kamen Bilder von River auf, wie wir zusammen im Park spielten. Immerhin kein Albtraum der wahr werden konnte. In der Nacht fühlte ich mich fast schwerelos, als würden alte Laster von mir fallen. Ich konnte es nicht einordnen, aber seitdem ich hier bin, fühle ich mich sorgloser. Irgendetwas magisches liegt hier an diesem Ort. Erst der Traum mit der vertrauensvollen Frau und dann dieses Gefühl. Immer noch halbwegs im Schlaf, hörte ich auf einmal ein zaghaftes Klopfen an meiner Zimmertür. Nicht bewusst ob ich mir das gerade eingebildet hatte, rief ich herein.

Blut einer Elfe - Erwacht Where stories live. Discover now