7.

44 11 0
                                    

Emilian

Die Sonne bahnte sich gerade den Weg nach oben, durch die Wolken, als der Wecker klingelte. Ich stieg langsam aus meinem Bett. Mir fiel es schwer meine Augen offen zu halten, weil es erst fünf Uhr morgens war. Ich hatte schon wieder diesen merkwürdigen Traum von dem Mädchen. Sie hatte lange braune Haare und die gleichen strahlenden Augen. Sie waren etwas grüner als meine, aber genauso intensiv. In meinem Traum waren sie in dem Wald auf der Lichtung. Ich konnte nicht erkennen mit wem sie sprach und wer die Person war, allerdings schien das fremde Mädchen keine Angst zu haben. Wobei es den Anschein machte, das sie zum ersten Mal in dem Wald war. Mit diesem Traum, hatte ich nun sechsmal von ihr geträumt. In keinem der vorherigen Träumen, konnte ich ihre Stimme hören. Bis jetzt.

Sie klang so weich, zerbrechlich und liebevoll. Wie gerne, wäre ich in dem Traum länger geblieben, nur um weiter ihrer Stimme zuzuhören. In meinem ersten Traum von ihr, war sie offensichtlich in der Schule. Sie war allein. Keiner war in ihrer Nähe, obwohl der Flur überfüllt war mit Menschen. Ich konnte in ihren Augen erkennen, wie schmerzlich dieses für sie war. Wie es ihr zusetzte, das Sie ausgeschlossen wurde und offenbar nicht wusste, warum. Ich konnte es auch erst nach dem letzten Traum realisieren, wieso. Aber nach heute Nacht fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Sie war wie ich. Das war auch der Grund warum ich jetzt gerade dabei bin mir einen Kaffee zu machen. Ich konnte, nach der Erkenntnis kein Auge mehr zu kriegen, lag drei Stunden wach im Bett. Jetzt spüre ich die Konsequenzen. Meine Augen ginge nicht mehr auf, aber von Schlaf kann auch keine Rede mehr sein. Mit meinem Kaffee in der Hand stieg ich die Treppe zu meiner Dachterrasse hinauf. Ich hatte einen Blick über Port Candling, wobei viel zu sehen gab es nicht, da ich weit außerhalb der Stadt lebte. Hier fühlte ich mich wohl und bin nicht jeden Tag den Trubel der Leute ausgesetzt. Hier konnte ich mich zurückziehen. Seit meinem sechszehnten Geburtstag lebte ich hier. Alleine ohne eine Familie. Meine Mutter starb bei meiner Geburt, während ich meinen Vater nie kennengelernt habe. Wobei dieses mich nicht verwunderte. Es war einfach unüblich in meiner Art von Familie, einen Elternteil kennenzulernen.

Jetzt wohnte ich hier. In einem großen Loft. Vor ein paar Jahren wurde das Gebäude geschlossen. Ich hatte es in einer Zeitung entdeckt und fand es auf dem ersten Blick ideal für meine Belange. Reegan, meinen einzigen Bekannten, hatte ich dieses anvertraut und er regelte den Kauf des Gebäudes. Auch wenn er wollte, das ich weiter bei ihm blieb, konnte er mich dennoch verstehen. Zusammen haben wir es umgebaut. Das Loft erstreckt sich über zwei Etagen. Den großen Wohnraum mit Küche. Eine Treppe führte hoch zum offenen Schlafzimmer. Ich konnte von dort auf den gesamten Wohnraum schauen. Auf der anderen Seite führte eine weitere Treppe hinauf auf die Dachterrasse. Es war alles schlicht, keine Farbe an den Wänden, nur der pure Beton. Ich mochte es so, auch wenn Reegan versucht hatte mich von ein wenig Fabre zu überzeugen. Die Möbel waren ebenfalls bedeckt gehalten. Weiß, grau und schwarz, das waren meine Farben. Reegan konnte es am Ende nur akzeptieren.
Ich lehnte mich an das Dachgeländer und schaute in den mittlerweile wolkenlosen Himmel. Wieder dachte ich darüber nach, warum ich von dem Mädchen träumte. Auch wenn sie wie ich war. Ich kannte sie nicht und habe sie bisher auch nie gesehen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich noch nie jemanden gesehen, der so ist wie ich. Ich wusste, das es noch weitere Menschen gab, die genauso besonders waren wie ich, aber das sie hier in dieser Gegend existierten habe ich nicht mit gerechnet. Zumindest würde ich sie erkennen, habe ich immer gedacht.

,,Ich kann dir das auch nicht erklären. Aber es muss einen Sinn haben. Irgendwas steckt dahinter. Es wird sich mit Sicherheit alles aufklären. Du wirst schon sehen." Eine vertraute männliche Stimme konnte ich zu meiner rechten Seite wahrnehmen.
,,Sie ist wie ich und sie war in dem Elfenwald. Ich habe ihn sofort erkannt. Es fühlte sich so an, als wäre ich selbst dort gewesen, zusammen mit ihr. Aber das ist doch nicht möglich, wie sollte ich dahin gelangen sein. Ich dachte immer nur Elfen, können einen in diesen Ort führen." Ich wartete ungeduldig auf eine Antwort der Stimme. Mittlerweile stützte ich mich mit beiden Armen am Geländer und schaute in die Weite.
,,Normalerweise ist es auch so. Ist dir vielleicht in den Sinn gekommen, das die Person mit der das Mädchen gesprochen hat, dich ebenfalls in den Wald gerufen hat. Du weißt ganz genau, dass sie eine Elfe ist. Das fremde Mädchen und du wurden anscheinend beide von ihr durch eure Träume in den Wald geführt. Den Sinn dahinter kann ich noch nicht nachvollziehen, aber ich denke darüber nach."
,,Hast du nicht Beziehungen zur Elfenwelt und kannst herausfinden wer sie ist und wo ich sie finden kann? Ich weiß es ist dir untersagt, aber es gibt doch bestimmt Schlupflöcher." Ich stieß mich vom Geländer ab und ließ mich auf der gegenüberliegenden Seite der Dachterrasse auf einen Sessel nieder.
,,Sie hat unglaublich lange Haare. Hellbraune Haare. Ihre Haut sieht so weich aus, als könnte sie jeden Moment zerreißen. Sie hat den gleichen Hautteint wie ich. Die gleichen funkelnden Augen." Ich konnte sie mir immer noch bildlich vor den Augen vorstellen.
,,Sprüht sie sich auch mit Bräunungsspray voll, um weniger elfenhaft auszusehen?" Ein herzhaftes Lachen konnte ich lautstark an meinem linken Ohr vernehmen.
,,Das mache ich nur um nicht aufzufallen. Wenn ich nicht in Australien leben würde, würde ich meine Haut nicht künstlich bräunen." Immer wieder musste ich mich vor ihm rechtfertigen.
,,Ich versuche Informationen über sie herauszufinden. Ich kann dir allerdings nichts versprechen. Du hast es ja bereits erwähnt, der Kontakt ist mir mittlerweile untersagt. Aber ich werde versuchen, einen Weg zu finden, sie zu kontaktieren. Emilian, was auch immer das zu bedeuten hat, es wird sich klären."
,,Danke Kumpel. Ich werde jetzt joggen gehen, bis zur Schule habe ich noch genug Zeit." Er sagte nichts weiter und ich konnte nur ein plopp hören, was mir zu verstehen gab, das er weg ist.

Ich ging wieder hinunter in mein Zimmer und kramte meine Jogginghose, als auch ein T-Shirt aus dem Schrank. Vor der Haustür stöpselte ich mir die Kopfhörer in die Ohren und lief los. Sofort machte sich der Geruch von Wäldern in meiner Nase breit. Ein angenehmer, frischer Geruch. Der Wald zog sich bis zum nächsten Ortseingangsschild. Hier konnte mich niemand stören. Ich weiß nicht, was das alles zu bedeuten hatte, aber zunächst brauche ich erstmal wieder einen klaren Kopf, um besser nachzudenken.

Blut einer Elfe - Erwacht Where stories live. Discover now